Am Rande des noch bis zum 8. Juni in Berlin stattfindenden 31. Weltkongresses der Aktuare (ICA 2018) haben Vertreter der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) betont, dass nur kollektive Sparprozesse, wie sie Versicherer mit ihren Lebens- und Rentenversicherungen anbieten, eine langfristige und nachhaltige Altersvorsorge sichern und für Planungssicherheit im Ruhestand sorgen.
„Die Vorzüge gegenüber individuellen Spar- und Entsparkonzepten, wie sie Banken und Fondsgesellschaften anbieten, werden in den oft ausschließlich von Renditegesichtspunkten dominierten Diskussionen um die richtige Altersvorsorge vernachlässigt“, beklagte DAV-Vorstandsvorsitzender Roland Weber. Dabei würde kollektives Sparen nicht nur lebenslange Leistungen und die Absicherung von Angehörigen sichern, sondern auch das Problem der Langlebigkeit berücksichtigen. Und, wie er betonte, der Trend zu einer höheren Lebenserwartung halte an, wie Wissenschaftler auf dem Weltkongress nachgewiesen hätten. Daher sei es Zeit für eine Rückbesinnung auf das kollektive Sparen.
Branche trägt Verantwortung für Transparenz
Auch bei modernen Produkten wie Index-Renten erfolge die Kapitalanlage im Kollektiv, betonte Alf Neumann, Leiter des DAV-Ausschusses Lebensversicherung. Anders als bei klassischen Produkten werde allerdings Geld für die individuelle Partizipation an Fonds verwendet und eine stärkere Ertragsgutschrift aus dem aktuellen Finanzmarkt vorgenommen. Und auch Planungssicherheit sei gegeben, da es stets einen Beitragserhalt und oft auch eine vereinbarte Mindestrente gebe.
„Natürlich ist damit ein Stück Sicherheit weg und das Risiko wird größer“, erklärte er. „Aber die Produkte haben auch ein höheres Potenzial.“ Die Branche trage eine große Verantwortung für Transparenz. „Zaubern können wir allerdings nicht. Wir können nur die Instrumente des Kapitalmarkts sinnvoll nutzen.“ Reines Kapitalansammeln und die Hoffnung, dass es bis ans Lebensende reicht, hält er für keine Alternative.
Zinszusatzreserven sind unverantwortlich hoch
Für Ärger sorgt bei den Aktuaren die Zinszusatzreserve. Neumann forderte eine Änderung bei der Berechnung des Referenzzinses, die im aktuellen Zinsumfeld nötig sei. Die Bafin ermittelt den Referenzzins – stark vereinfacht ausgedrückt – jeweils Ende September aus dem zehnjährigen Renditedurchschnitt europäischer Staatsanleihen mit höchster Bonität. Er könnte zum Ende des Jahres 2018 auf 1,88 Prozent fallen. Entsprechend müssen für immer mehr Verträge Zinszusatzreserven gebildet werden.
„Da die Zinsen ins Negative getrieben wurden, gehen die Referenzzinsen brutal zurück und die Zinszusatzreserve brutal nach oben“, beschreibt er eindringlich. Das fördere Instabilität in den Unternehmen, die künstlich sei. Dies „unsinnige Bilanzpolitik“ müsse beendet werden. Als Aktuare stehe man für Reservebildung, allerdings müsse das richtige Maß gefunden werden.
Bund der Versicherten ebenfalls für neue Rechenformel
Schützenhilfe erhält der DAV unter anderem vom Bund der Versicherten (BdV), der gestern mitteilte, dass er eine umgehende Anpassung der Rechenformel für die Zinszusatzreserve fordere. Dies sei absolut dringend, da ein Zinsanstieg am Anleihemarkt in naher Zukunft nicht zu erwarten ist. Constantin Papaspyratos, Stabsstelle Rechts- und Fachberatung beim BdV, erklärt hierzu: „Eine Zinswende ist nicht absehbar. Politische Unsicherheiten in Italien und Spanien, der Verfall der türkischen Lira oder auch die Handelsstreitigkeiten mit den USA dürften eine Rückkehr zu höheren Zinsen bis auf weiteres blockieren.“
Die Politik dürfe die nötigen Sofortmaßnahmen zum Schutz der Lebensversicherungskunden nicht länger ignorieren.
Autor(en): Elke Pohl