AIG: Keine langfristige Rettung

Die einhellige Meinung von Experten in Sachen AIG ist: Nach der Rettung ist vor der Zerschlagung, wie die berichtet. Erste mögliche Aufkäufer seien schon in Sicht. Die Verstaatlichung des US-Versicherers kurz vor der drohenden Insolvenz wird sehr wahrscheinlich zu einer Zerlegung des gigantischen Finanzkonzerns führen. Das erwarten übereinstimmend große Marktteilnehmer.

Es handelt sich offenbar nicht um eine langfristige Rettung, sondern um eine kontrollierte Sprengung des Versicherungsgiganten. Die US-Regierung zog das einem unkontrollierten Kollaps vor, der weitreichende Schockwellen vor allem in den Bankensektor geschickt hätte. Denn gescheitert sei AIG an einst lukrativen Absicherungen von 441 Milliarden US-Dollar auf Anleihen, die auf Hypotheken beruhten - nicht am Versicherungsgeschäft, so die FTD. US-Experten wiesen darauf hin, dass die Verstaatlichung von AIG die fundamentalen Probleme keineswegs löse. "Dadurch gewinnen die Beteiligten ein bisschen Zeit, aber eine wirkliche Lösung ist es nicht", sagte Peter Bickford, unabhängiger Versicherungsberater, der seit Jahrzehnten den US-Versicherungsmarkt beobachtet. "Alles hängt davon ab, ob sie Käufer finden", sagte er. Das würde nicht nur die Notenbank Fed entlasten, sondern auch dem Aktienkurs zu einer Erholung verhelfen.

Fed greift unter die Arme
Trotz des starken Drucks der US-Bundesregierung waren private Banken nicht bereit gewesen, AIG die dringend benötigten 70 bis 80 Milliarden US-Dollar zu leihen, ohne die der Konzern hätte Insolvenz anmelden müssen. Deshalb stellte die Notenbank Federal Reserve selbst am Dienstagabend überraschend eine Kreditlinie von 85 Milliarden US-Dollar bereit. Der Zins wird 8,5 Prozent über Libor liegen, dem Standardsatz von Banken für Ausleihungen untereinander. "Die US-Regierung wird 79,9 Prozent an AIG erhalten sowie das Recht, ihr Veto gegen die Zahlung einer Dividende einzulegen", teilte die Federal Reserve mit. Daneben hat die Fed das Recht, die AIG-Führung auszutauschen.

Finanzminister Henry Paulson, früher Chef von Goldman Sachs, teilte dem AIG-Vorsitzenden und früheren Citi-Bankvorstand Robert Willumstad mit, er sei entlassen. Nachfolger werde Edward Liddy, der von 1999 bis 2006 den Privatkundenversicherer Allstate geleitet hat. Davor war Liddy an der Zerlegung des Mischkonzerns Sears Robuck beteiligt, zu dem Allstate gehörte. Liddy sitzt im Board von Goldman Sachs.

Laut FTD bereiten sich die Rivalen bereits auf die „Zerlegung des Kolosses“ vor. Münchener-Rück-Chef Nikolaus von Bomhard habe Interesse angemeldet. Andere würden folgen. "Wir haben jetzt schon die ersten Abwerbeversuche für ganze Teams erlebt", sagte ein AIG-Insider. AIG ist einer der größten Industrieversicherer der Welt, die schärfsten Konkurrenten sind Allianz, Zurich Financial Services, Ace, Axa und XL.

Autor(en): Versicherungsmagazin

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