Krankenkassen dürfen bei der Werbung von Versicherten keine systematische Risikoselektion betreiben. So seien etwa Zielgruppenvereinbarungen, die Prämien nur für die Werbung von Mitgliedern aus bestimmten Personenkreisen vorsehen, grundsätzlich unzulässig, heißt es in der Antwort (18/7926) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke.
Eine Risikoselektion, etwa nach Einkommen, verstoße gegen das Diskriminierungsverbot und das in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu beachtende Solidaritätsprinzip. Die Aufsichtsbehörden der GKV hätten in ihren 2015 überarbeiteten Wettbewerbsgrundsätzen eine entsprechende Klarstellung aufgenommen.
Soweit das Bundesversicherungsamt von solchen Zielgruppenvereinbarungen erfahre, würden diese auch in Zukunft "konsequent aufsichtsrechtlich aufgegriffen". Allerdings seien derzeit keine Zielgruppenvereinbarungen bei Krankenkassen bekannt.
Ausgrenzung potenzieller Mitglieder auf jeden Fall vermeiden
Zulässig seien jedoch allgemeine Werbeaktionen, mit denen Krankenkassen etwa besondere Angebote für bestimmte Personengruppen besonders darstellten. Soweit dies nicht zur Ausgrenzung potenzieller Mitglieder oder zur Einschränkung des Kassenwahlrechts führe, sei dies nicht zu beanstanden.
Auch Bonusprogramme der Krankenkassen seien grundsätzlich an alle Mitglieder einer Krankenkasse zu richten und diskriminierungsfrei auszugestalten. Mit Bonusprogrammen könnten Krankenkassen sich im Wettbewerb positionieren und ein Instrument einsetzen, das "gerade nicht den reinen Preiswettbewerb um den niedrigsten Beitragssatz zum Gegenstand hat".
Wenn die Grenze des rechtlich Zulässigen überschritten ist
Eine allgemeine Ausrichtung im Vertrieb auf Personen mit "überdurchschnittlichem Einkommen" sei grundsätzlich noch nicht zu beanstanden. Dies sei vergleichbar mit einer Ausrichtung auf Familien oder eine sportliche Klientel. Erst wenn potenziellen Mitgliedern der Zugang zur Krankenkasse erschwert würde oder nur für die Akquise bestimmter Personen keine Vergütung gewährt würde, "wäre die Grenze des rechtlich Zulässigen überschritten".
Hintergrund und Vorgeschichte:
Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) soll 2012 Versicherte, die ihre Zusatzbeiträge schuldig geblieben waren, unter Druck gesetzt und den Austritt bzw. Wechsel zu anderen Krankenkassen nahegelegt haben. Chronisch Kranke, Ältere und Menschen mit geringem Einkommen zählten zufolge nicht zu den erwünschten Mitgliedern.
Die „Ärzte-Zeitung“ hat in einem Artikel vom 12. Februar 2016 aufgrund von teils internen Unterlagen, das Thema erneut aufgegriffen.
Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass die KKH-Allianz 2012 die strategische Einschätzung hatte, dass mit der "Scharfschaltung der Zusatzbeiträge (wird) der Versorgungswettbewerb zum Preiswettbewerb" werde.
"Die Parameter Leistungen und Service träten aus Kundensicht in den Hintergrund", zitiert die "Ärzte-Zeitung" aus dem Strategiepapier der KKH-Allianz. Weiter heißt es: "Nötig seien dagegen Neuakquisitionen", die ,durch Wertsteigerung der Versichertensubstanzein qualitatives Wachstum sichern`" und so ihren Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens leisten. "Jede Entscheidung, heißt es in dem an Führungskräfte gerichteten Papier, müsse darauf abgeklopft werden, ,ob sie einen Beitrag zur Wertschöpfung leistet'." Folgerichtig fordert die Krankenkasse in ihrer neuen Strategie, dass das
"Leistungs- und Investitionsportfolio am Primat der Ökonomie
auszurichten" ist.
Kunden am Primat der Ökonomie ausrichten
Nach der Antwort der Bundesregierung auf die o. g. Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke hat die KKH-Allianz handeln müssen, weil gewisse Praktiken darin als rechtswidrig bezeichnet wurden. Dazu zählen etwa die Zielgruppenvereinbarungen der Krankenkassen mit dem eigenen Vertrieb oder beauftragten Dritten, wonach keine oder niedrigere Prämien für Mitglieder mit einem niedrigen Einkommen oder hohen Leistungsausgaben gezahlt werden. Nach Auffassung der Linken ist es offensichtlich, dass die infolge des zunehmenden Wettbewerbs über Zusatzbeiträge geschaffene strategische Ausrichtung der KKH-Allianz zu diesem Verhalten der Kasse geführt hatte.
Vertriebsaktivitäten einer internen Revision unterzogen
Die KKH führte auf Nachfrage der "Ärzte-Zeitung" aus, dass sie ihre Vertriebsaktivitäten einer gründlichen internen Revision unterzogen habe und personelle wie organisatorische Konsequenzen gezogen habe. Die Aufarbeitung der Vorfälle sei auch vom BVA begleitet worden, so die KKH. Ob dem Solidarprinzip entgegenlaufende Vorfälle jedoch tatsächlich der Vergangenheit angehören, muss abgewartet werden.
Textquelle: Bundesregierung; Bildquelle: ©Alexander Raths /fotolia
Eine Risikoselektion, etwa nach Einkommen, verstoße gegen das Diskriminierungsverbot und das in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu beachtende Solidaritätsprinzip. Die Aufsichtsbehörden der GKV hätten in ihren 2015 überarbeiteten Wettbewerbsgrundsätzen eine entsprechende Klarstellung aufgenommen.
Soweit das Bundesversicherungsamt von solchen Zielgruppenvereinbarungen erfahre, würden diese auch in Zukunft "konsequent aufsichtsrechtlich aufgegriffen". Allerdings seien derzeit keine Zielgruppenvereinbarungen bei Krankenkassen bekannt.
Ausgrenzung potenzieller Mitglieder auf jeden Fall vermeiden
Zulässig seien jedoch allgemeine Werbeaktionen, mit denen Krankenkassen etwa besondere Angebote für bestimmte Personengruppen besonders darstellten. Soweit dies nicht zur Ausgrenzung potenzieller Mitglieder oder zur Einschränkung des Kassenwahlrechts führe, sei dies nicht zu beanstanden.
Auch Bonusprogramme der Krankenkassen seien grundsätzlich an alle Mitglieder einer Krankenkasse zu richten und diskriminierungsfrei auszugestalten. Mit Bonusprogrammen könnten Krankenkassen sich im Wettbewerb positionieren und ein Instrument einsetzen, das "gerade nicht den reinen Preiswettbewerb um den niedrigsten Beitragssatz zum Gegenstand hat".
Wenn die Grenze des rechtlich Zulässigen überschritten ist
Eine allgemeine Ausrichtung im Vertrieb auf Personen mit "überdurchschnittlichem Einkommen" sei grundsätzlich noch nicht zu beanstanden. Dies sei vergleichbar mit einer Ausrichtung auf Familien oder eine sportliche Klientel. Erst wenn potenziellen Mitgliedern der Zugang zur Krankenkasse erschwert würde oder nur für die Akquise bestimmter Personen keine Vergütung gewährt würde, "wäre die Grenze des rechtlich Zulässigen überschritten".
Hintergrund und Vorgeschichte:
Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) soll 2012 Versicherte, die ihre Zusatzbeiträge schuldig geblieben waren, unter Druck gesetzt und den Austritt bzw. Wechsel zu anderen Krankenkassen nahegelegt haben. Chronisch Kranke, Ältere und Menschen mit geringem Einkommen zählten zufolge nicht zu den erwünschten Mitgliedern.
Die „Ärzte-Zeitung“ hat in einem Artikel vom 12. Februar 2016 aufgrund von teils internen Unterlagen, das Thema erneut aufgegriffen.
Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass die KKH-Allianz 2012 die strategische Einschätzung hatte, dass mit der "Scharfschaltung der Zusatzbeiträge (wird) der Versorgungswettbewerb zum Preiswettbewerb" werde.
"Die Parameter Leistungen und Service träten aus Kundensicht in den Hintergrund", zitiert die "Ärzte-Zeitung" aus dem Strategiepapier der KKH-Allianz. Weiter heißt es: "Nötig seien dagegen Neuakquisitionen", die ,durch Wertsteigerung der Versichertensubstanzein qualitatives Wachstum sichern`" und so ihren Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens leisten. "Jede Entscheidung, heißt es in dem an Führungskräfte gerichteten Papier, müsse darauf abgeklopft werden, ,ob sie einen Beitrag zur Wertschöpfung leistet'." Folgerichtig fordert die Krankenkasse in ihrer neuen Strategie, dass das
"Leistungs- und Investitionsportfolio am Primat der Ökonomie
auszurichten" ist.
Kunden am Primat der Ökonomie ausrichten
Nach der Antwort der Bundesregierung auf die o. g. Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke hat die KKH-Allianz handeln müssen, weil gewisse Praktiken darin als rechtswidrig bezeichnet wurden. Dazu zählen etwa die Zielgruppenvereinbarungen der Krankenkassen mit dem eigenen Vertrieb oder beauftragten Dritten, wonach keine oder niedrigere Prämien für Mitglieder mit einem niedrigen Einkommen oder hohen Leistungsausgaben gezahlt werden. Nach Auffassung der Linken ist es offensichtlich, dass die infolge des zunehmenden Wettbewerbs über Zusatzbeiträge geschaffene strategische Ausrichtung der KKH-Allianz zu diesem Verhalten der Kasse geführt hatte.
Vertriebsaktivitäten einer internen Revision unterzogen
Die KKH führte auf Nachfrage der "Ärzte-Zeitung" aus, dass sie ihre Vertriebsaktivitäten einer gründlichen internen Revision unterzogen habe und personelle wie organisatorische Konsequenzen gezogen habe. Die Aufarbeitung der Vorfälle sei auch vom BVA begleitet worden, so die KKH. Ob dem Solidarprinzip entgegenlaufende Vorfälle jedoch tatsächlich der Vergangenheit angehören, muss abgewartet werden.
Textquelle: Bundesregierung; Bildquelle: ©Alexander Raths /fotolia
Autor(en): versicherungsmagazin.de