Wartezeiten
1. Begriff: Zeitspannen zwischen dem technischen Versicherungsbeginn und dem Beginn des Versicherungsschutzes (materieller Versicherungsbeginn). Wartezeiten dienen dem Schutz der Versichertengemeinschaft. Es soll v.a. verhindert werden, dass potenzielle Versicherungsnehmer einen individuellen Wissensvorsprung ausnutzen und eine Versicherung abschließen, wenn der Versicherungsfall absehbar oder sogar bereits eingetreten ist. Von besonderer Bedeutung sind Wartezeiten in der privaten Krankenversicherung (PKV), in der privaten Pflegeversicherung und in der Rechtsschutzversicherung. Auch in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) und in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) gibt es Wartezeiten (s.u.), die allerdings andere Hintergründe haben.
2. Wartezeiten in der PKV: Betreffen die Krankheitskostenvollversicherung mit Ausnahme des Basistarifs und Notlagentarifs, die Krankenzusatzversicherung sowie die Krankentagegeldversicherung. Den rechtlichen Rahmen gibt § 197 VVG vor. Weitere grundlegende Regelungen finden sich in den Musterbedingungen 2009 für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 2009), die von den Tarifbedingungen der Versicherungsunternehmen konkretisiert werden. Dabei werden allgemeine und besondere Wartezeiten unterschieden. Die allgemeine Wartezeit beträgt drei Monate, die besondere Wartezeiten für Entbindung, Psychotherapie, Zahnbehandlung, Zahnersatz und Kieferorthopädie umfasst acht Monate (§§ 197 I VVG, 3 II und III MB/KK 2009). Die Wartezeiten gelten ebenso für nachträglich hinzuversicherte Leistungen (§ 3 VI MB/KK 2009). Ausnahmen (Beispiele): Bei Unfällen entfällt die allgemeine Wartezeit. Sie entfällt i.d.R. ferner für den Ehegatten einer seit mindestens drei Monaten bei demselben Krankenversicherer versicherten Person, wenn für diesen innerhalb von zwei Monaten nach der Eheschließung ein gleichartiger Versicherungsschutz beantragt wird. Das Gleiche gilt für die besonderen Wartezeiten. Auch für Personen, die von der GKV zur PKV wechseln oder die aus einem anderen Vertrag über eine Krankheitskostenversicherung ausgeschieden sind, wird die dort ununterbrochen zurückgelegte Versicherungszeit unter bestimmten Bedingungen auf die Wartezeiten angerechnet (§ 197 II VVG). Dies gilt auch für Personen, die aus einem öffentlichen Dienstverhältnis mit Anspruch auf Heilfürsorge ausscheiden. Ebenfalls beginnt bei Neugeborenen der Versicherungsschutz ohne Wartezeiten unmittelbar nach der Geburt, wenn am Tag der Geburt ein Elternteil mindestens seit drei Monaten in der PKV versichert ist und die Versicherung spätestens zwei Monate nach dem Tag der Geburt rückwirkend zum ersten Tag des Geburtsmonats abgeschlossen wird. Die allgemeine Wartezeit und die besonderen Wartezeiten können aber auch auf Antrag des Antragstellers erlassen werden, wenn dies die individuellen Tarifbedingungen des Versicherungsunternehmens vorsehen. Voraussetzung dafür ist i.d.R. die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses über den Gesundheitszustand innerhalb einer bestimmten Frist.
3. Wartezeit in der betrieblichen Altersversorgung (bAV): Leistungsvoraussetzung, die vorgibt, dass ein Arbeitnehmer erst nach einer gewissen Mindestbetriebszugehörigkeit Versorgungsansprüche erwirbt. Wartezeiten müssen in der Versorgungsordnung ausdrücklich geregelt werden. Sie können für die einzelnen Versorgungsfälle unterschiedlich ausgestaltet sein – von einer wartezeitfreien Regelung bis zu einer extrem langen Dauer der Wartezeit (bspw. 35 Jahre). Selbst Arbeitnehmer, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschieden sind, können nach § 1b I S. 5 BetrAVG eine vorgesehene Wartezeit erfüllen müssen. Wartezeiten sind also selbst keine Unverfallbarkeitsfristen. Sofern nicht in der Versorgungsordnung entsprechend begrenzt, kann die Vollendung der Wartezeit auch nach dem 65. Lebensjahr erfolgen.
4. Wartezeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV): Mindestversicherungszeiten, die ein Versicherter als Mitglied in der GRV aufweisen muss, d.h. das Minimum an rentenrechtlichen Zeiten, bevor ein Anspruch auf Leistungen aus der GRV besteht. Für den Bezug der Regelaltersrente wird eine allgemeine Wartezeit von fünf Jahren vorausgesetzt. Bei den anderen Rentenarten gelten z.T. abweichende Wartezeiten.
Autor(en): Prof. Dr. Jörg Althammer, Dr. Maximilian Sommer, Sebastian B. Sattler, Dr. Frank Schulze Ehring