Freie Anwaltswahl
1. Begriff: In § 127 VVG geregeltes Recht des Versicherungsnehmers, den Rechtsanwalt, der seine rechtlichen Interessen wahrnehmen soll, aus dem Kreis der Rechtsanwälte, deren Vergütung der Versicherer trägt, selbst auszuwählen.
2. Einschränkungen: Die Beschränkung auf Rechtsanwälte, deren Vergütung der Versicherer trägt, bedeutet, dass der Versicherer die Auswahl nach generellen Kriterien einschränken kann (Prölss/Martin/Armbrüster VVG § 127 Rn. 1 m.w.N.). Eingeschränkt ist z.B. die Kostenübernahme bei auswärtigen Rechtsanwälten. Hinsichtlich der Unmöglichkeit zur gezielten Einschränkung der freien Anwaltswahl stehen die deutschen Rechtsschutzversicherer in Europa allein. Während § 4 der Richtlinie 87/344/EWG des Rates vom 22.6.1987 die freie Anwaltswahl nur in Fällen der Vertretung des Versicherten in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren oder im Fall der Interessenskollision vorschreibt, dehnt ausschließlich der deutsche Gesetzgeber das Recht der freien Anwaltswahl ohne jede Einschränkung auf jeden Rechtsschutzfall aus. Ob der Versicherungsnehmer angesichts der zunehmenden Spezialisierung immer den bestmöglichen Schutz erhält, wenn er ohne vorherige Beratung sein Wahlrecht ausübt, bleibt äußerst fraglich. Es ist daher offen, ob aufgrund europa- und verfassungsrechtlicher Vorgaben Einschränkungen der freien Anwaltswahl zu gestatten sind. Die Freiheit der Anwaltswahl schließt jedenfalls nicht jegliche Anreizsysteme des Versicherers in Bezug auf die vom Versicherungsnehmer zu treffende Entscheidung aus, welchen Anwalt er mandatiert. So ist insbesondere ein mit einer Anwaltsempfehlung verbundenes Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung zulässig.
Autor(en): Thomas Rainer Tögel