Captive (Re)Insurance
Captive (Kurzform für „Captive Insurance Company”).
1. Begriff: Versicherungsgesellschaft, die von einem nicht in der Versicherungswirtschaft tätigen Unternehmen (oder von einer Unternehmensgruppe) gegründet wurde. Form des Alternativen Risikotransfers zur (konzerneigenen, aber rechtlich externen) Selbstversicherung. Eine Erstversicherungs-Captive (Direct Insurance Captive) übernimmt direkt die Risiken des Unternehmens bzw. Konzerns. Eine Rückversicherungs-Captive (Reinsurance Captive) übernimmt die Risiken des Unternehmens bzw. Konzerns über einen zugelassenen Erstversicherer im Rahmen eines Frontings. Eine Pure Captive deckt ausschließlich die Risiken des eigenen Unternehmens. Werden auch Risiken fremder Unternehmen versichert, so wird von einer Broad Captive bzw. Open-Market Captive gesprochen.
2. Methodik: Je nach Art der Risiken handelt es sich um eine Selbsttragung (z.B. der Frequenzrisiken) oder eine Risikofinanzierung. Geschäftsführung, Administration, Verwaltung und Rückversicherungseinkauf übernimmt teilweise eine spezialisierte Captive-Management-Gesellschaft.
3. Ziele: Neben der Gewinnung von (zusätzlicher) Deckungskapazität auch für neuartige Risiken und eines Zugangs zum internationalen bzw. globalen Rückversicherungsmarkt als Versicherungsgesellschaft ist es vorrangiges Ziel, das Kapitalmanagement zu optimieren. Hierzu zählen Effizienzgewinne, indem das Unternehmen bestimmte Risiken selbst trägt und damit durch Preisvorteile bei der Selbstversicherung von Konzernrisiken Kosten einspart. Einbehaltene Versicherungsprämien bzw. ausgeschüttete Dividenden führen zu einer Cash-Flow-Steigerung. Die Nutzung vorteilhafter handels-, steuer- bzw. aufsichtsrechtlicher Rahmenbedingungen ist durch die Sitzlandwahl beeinflussbar. Beliebte Hauptsitze für sog. Offshore (Re)Insurances sind Bermuda (Bermudaversicherer) und andere als „Offshore“ bezeichnete Standorte (z.B. Barbados, Cayman Islands).
4. Arten: Je nach Gestaltung und Zielsetzung lassen sich verschiedene Grundformen unterscheiden und können die Bezeichnungen variieren: a) Single-Parent Captive: Captives mit einem Gesellschafter/Eigentümer/Konzern,
b) Multi-Parent Captive/Mutual Captive: Captives im Eigentum mehrerer Gesellschafter bzw. Konzerne,
c) Group/Association Captive: Zeichnung von Risiken durch Mitglieder eines bestimmten Wirtschafts- bzw. Branchenverbands (z.B. Ärzte),
d) Rent-a-Captive: Captive-(Re)Insurance-Konzept, das einem Unternehmen ohne eigene Captive gegen Gebühr den Zugang zu den Funktionen einer Erst- bzw. Rückversicherungs-Captive (Re)Insurance im Rahmen eines Vertrags bietet,
e) Protected-Cell/Segregated-Cell Captive (PCC): alternative Gesellschaftsform für die Rent-a-Captive, bestehend aus einem Kern und einer Anzahl eigenständiger Zellen, deren jeweils zugeordnete Vermögenswerte isoliert und gesetzlich vor Ansprüchen Dritter voneinander geschützt sind. Die isolierte Behandlung des Risikokapitals ermöglicht mehreren, voneinander unabhängigen Kunden, eine Captive einzurichten.
f) Onshore/Domestic Captive: wenn die Gründung der Captive im Sitzland des Unternehmens (Eigentümers) erfolgt.
g) Offshore Captive (Offshore (Re)Insurance): wenn die Gründung außerhalb des eigenen Sitzlands in regulierungsärmeren Ländern bzw. in Ländern mit handels-, steuer- und/oder aufsichtsrechtlichen Erleichterungen erfolgt. Siehe auch Risk Retention Groups.
Autor(en): Dr. rer. pol. Ludger Arnoldussen, Dr. oec. publ. Laila Neuthor