Die Frage, ob der Bestand an Adressen Versicherungsvermittlern oder Versicherern gehört, beschäftigt seit langem die Politik, Gerichte und die Wissenschaft. Da das Gesetz keine Anspruchsgrundlage hierfür normiert, kann nur die Rechtsprechung zur Lösung herangezogen werden.
Hier wird immer noch § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), also die Norm über das Geschäftsgeheimnis, bemüht, welche auf Mitarbeiter und Subunternehmer ausstrahlt. Das Datenschutzrecht als eine Verbotsnorm ist hierfür ungeeignet. Gleiches gilt für das Urheberrecht, welches lediglich den schöpferischen Ausdruck eines Werkes schützen soll.
Es geht um die Auswertung der Daten
Primär geht es bei dem Konflikt nicht um die Adressen an sich, sondern vielmehr um die Auswertung der Daten, so dass ein wirtschaftlicher Prozess in Gang gebracht wird. Es kann daher lediglich Nutzungsrechte an Adressen, die nicht unter das Eigentum im juristischen Sinne fallen, betreffen. Denn nach geltendem Recht sind Daten grundsätzlich nicht eigentumsfähig im Sinne der §§ 90, 90a, 903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Damit gibt es auch kein Eigentum an Daten, welches durch das Deliktsrecht im Sinne von § 823 BGB geschützt ist. Scheidet das Eigentum an Daten aus, scheidet auch die Frage nach dem Besitz über § 854 BGB und die Frage nach Pfandrechten über § 1204 BGB aus.
Daten sind also immaterielle Wirtschaftsgüter, die sich lediglich im Vertragsrecht wiederfinden. Häufig wird regelmäßig lediglich der schuldrechtliche Übergang also die Nutzung von Daten im Vertrag geregelt, jedoch nicht der dingliche (eigentumsrechtliche) Übergang von Daten an den Vertragspartner.
Vertragspartner müssen Rücksicht aufeinander nehmen
Daraus resultiert, dass die Vertragspartner Rücksicht aufeinander nehmen müssen, also auf die Rechtspositionen der anderen Vertragspartei achten sollen. Es entsteht also mit der Nutzung von Daten ein Schutz- und Fürsorgeverhältnis zwischen den Vertragsparteien. Dies betrifft Auftraggeber und Auftragnehmer sowie Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§§ 667, 675 BGB) und strahlt auf das Strafrecht ab, welches mittlerweile einen Schutz von Daten außerhalb des Eigentums gewährleistet, (§§ 202a, 202b, 202c, 303a Strafgesetzbuch (StGB)).
Die in der Literatur vertretene Ansicht, es seien nur Daten geschützt, die in einem Register stehen, greift zu kurz, da sich der Begriff der Daten verkürzen würde, sodass kein effektiver Schutz gewährleistet werden könnte. Auch eine Fortentwicklung des Datenschutzrechtes als Verbotsnorm reicht vom Standpunkt des künftigen Rechts aus nicht aus.
Vermittler darf freundschaftliche Beziehungen aufbauen
Insofern muss ein eigenes Recht auf ein Eigentum an Daten geschaffen werden. Im geltenden Recht ist daher auf die Rechtsprechung abzustellen, die sich mit dieser Problematik mehr oder weniger befasst hat. Verlässt ein Mitarbeiter/Mittler das Unternehmen, so kann dieser nach geltendem Wettbewerbsrecht den Bestand an Adressen für eine künftige Betreuung zwar nicht mitnehmen; er kann jedoch die Kunden abwerben.
Es ist dann nach nicht unlauter, wenn eine entsprechende Regelung im gegenseitigen Vertrag fehlt. Das Wettbewerbsrecht soll lediglich eine unlautere Vorgehensweise unterbinden und nicht den Wettbewerb verhindern. Bestandsschutz seitens des Versicherers gibt es nach diesseitiger Ansicht also nicht. Gleiches gilt für Benutzung von Adressen, die dem Vermittler im Gedächtnis geblieben sind (vergleiche dazu auch BGH, Urteil vom 28. Januar 1993, Az: I ZR 294/90: "... Es steht einem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertreterverhältnisses grundsätzlich frei, dem Unternehmer, für den er bis dahin tätig gewesen ist, auch in dem Bereich Konkurrenz zu machen, indem er ihn vorher vertreten hat. Einen generellen Anspruch auf Erhaltung seines Kundenkreises hat der Unternehmer nicht. Wettbewerbsrechtlich kann er das Vorgehen seines früheren Handelsvertreters nur dann beanstanden, wenn sich dieser bei dem Wettbewerb um die Kundschaft unlauterer Mittel bedient. Ein vertrags- oder wettbewerbswidriges Verhalten liegt daher dann nicht vor, wenn ein ausgeschiedener Vertreter Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind, oder sich solche Anschriften von Kunden nutzbar macht, die keinen dauerhaften geschäftlichen Kontakt zu dem bisher vertretenen Unternehmen aufgenommen haben ...").
Es verstößt auch nicht gegen das Wettbewerbsrecht, wenn ein Vermittler eine freundschaftliche Beziehung zu den Kunden aufbaut und den Bestand an Adressen nicht vorrangig in einem Geschäftsbetrieb nutzt.
Unbefugt dürfen Geschäftsgeheimnisse nicht genutzt werden
Häufig beziehen sich Versicherer auch auf Richtlinien der Versicherungsbranche. Dies kommt jedoch zu keinem anderen Ergebnis. Denn jene sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht bindend (Urteil Bundesgerichtshof (BGH) vom 7. Februar 2006, Az: KZR 33/04). So urteilte auch das Landgericht Köln (Urteil vom 21. Januar 2010 - 31 O 678/09), dass ein ausgeschiedener Mitarbeiter die Daten uneingeschränkt nutzen könne, wenn er keinem Wettbewerbsrecht unterläge: "Ein ausgeschiedener Mitarbeiter darf zwar die während der Beschäftigungszeit erworbenen Kenntnisse auch später unbeschränkt verwenden, wenn er keinem Wettbewerbsverbot unterliegt". Dies gilt allerdings nur für Informationen, die er in seinem Gedächtnis bewahrt (BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - I ZR 2/97, GRUR 1999, 934, 935 = WRP 1999, 912 - Weinberater) oder auf die er aufgrund anderer Quellen zugreifen kann, zu denen er befugtermaßen Zugang hat.
Die Berechtigung, erworbene Kenntnisse nach Beendigung des Dienstverhältnisses auch zum Nachteil des früheren Dienstherrn einzusetzen, bezieht sich dagegen nicht auf Informationen, die dem ausgeschiedenen Mitarbeiter nur deswegen noch bekannt sind, weil er auf schriftliche Unterlagen zurückgreifen kann, die er während der Beschäftigungszeit angefertigt hat (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - I ZR 119/00, GRUR 2003, 453, 454 = WRP 2003, 642 - Verwertung von Kundenlisten). Liegen dem ausgeschiedenen Mitarbeiter derartige schriftliche Unterlagen - beispielsweise in Form privater Aufzeichnungen oder in Form einer auf dem privaten Notebook abgespeicherten Datei - vor und entnimmt er ihnen ein Geschäftsgeheimnis seines früheren Arbeitgebers, verschafft er sich damit dieses Geschäftsgeheimnis unbefugt im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (BGH GRUR 2006, 1004 Tz. 14 - Kundendatenprogramm, m.w.N.).
Herausgabepflichten der Handelsvertreter
Einem solchen Verwertungsverbot im Hinblick auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unterliegen nicht nur angestellte Handelsvertreter im Sinne von § 84 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB), sondern auch Handelsvertreter, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben (§ 84 Abs. 1 Satz 2 HGB). Nach § 90 HGB darf der (selbstständige) Handelsvertreter Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, "die ihm anvertraut oder als solche durch seine Tätigkeit für den Unternehmer bekannt geworden sind, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht verwerten oder anderen mitteilen, soweit dies nach den gesamten Umständen der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns widersprechen würde. (…) Das Verwertungsverbot nach § 90 HGB betrifft grundsätzlich alle Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die dem ausgeschiedenen Handelsvertreter während des Vertragsverhältnisses bekannt geworden sind. (…)".
Grundsätzlich ist also auf das vertragliche Verhältnis abzustellen, so dass bei entsprechender vertraglicher Würdigung ein Herausgabeanspruch des Versicherers besteht (vergleiche auch BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 28/06: "Die Herausgabepflicht bezieht sich auf alles, was der Handelsvertreter aus der Tätigkeit für den Unternehmer erlangt; sie umfasst demnach auch die Daten solcher Kunden, die der Handelsvertreter selbst geworben hat."
Ohne vertragliche Regelung ist darauf abzustellen, ob ein Wettbewerb zwischen Versicherer und Mittler besteht und die Kundendaten unberechtigt im Rahmen eines Geschäftsgeheimnisses genutzt werden. Ist dies zu bejahen, ist eine Nutzung durch den Mittler juristisch nicht zulässig und führt gegebenenfalls zu Schadenersatzansprüchen, Abmahnungen und strafrechtlichen Verfahren.
Thomas Schmallowsky ist als Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Sozialrecht, als zugelassener Rentenberater sowie als ordentlicher Professor für Wirtschaftsrecht und Steuerrecht an der NBS in Hamburg tätig.
Autor(en): Thomas Schmallowsky