Umsatzsteuer auf Provisionen des Untervertreters bei der Kreditvermittlung

EuGH: Urteil vom 21.06.2007, C-453/05
Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Provisionen für Kreditvermittlungen in mehrstufigen Vertriebssystemen war auch nach der Entscheidung des Bundesfinanzhof vom 9. Oktober 2003, V R 5/03, umstritten. Hintergrund ist folgender Sachverhalt:

Der Vermittler des Kreditvertrages (Untervertreter) ist mittels Handelsvertretervertrag an eine Vertriebsgesellschaft (Hauptvertreterin) gebunden, die ihrerseits Handelsvertreterverträge mit den kreditgebenden Instituten unterhält. Bei erfolgreicher Vermittlung des Kreditvertrages erhält die Vertriebsgesellschaft eine Provision, die anteilig an den Untervertreter weitergereicht wird.

Streitig war bislang, ob auch die Provision, die dem Untervertreter weitergereicht wurde, unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 a) Umsatzsteuergesetz (UStG) fiel. Nach dieser Vorschrift ist "die Gewährung und die Vermittlung von Krediten" von der Umsatzsteuer befreit.

Der Bundesfinanzhof hatte die Befreiung der Untervertreter-Provisionen von der Umsatzsteuer in seinem Urteil vom 9. Oktober 2003 verneint und dies insbesondere damit begründet, dass eine "Vermittlung" im Sinne der steuerrechtlichen Vorschrift nur vorliege, wenn

- die Leistung an eine Partei des Kreditvertrags (Kreditgeber oder Kreditnehmer) erbracht und

- von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird.

Der Leistung müsse also ein direkter Vertrag zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Kreditgeber oder Kreditnehmer zugrunde liegen. Dies sei bei Untervertretern nicht der Fall, weil sie vertragliche Beziehungen allein zum Hauptvertreter unterhalten und auch nur auf dieser Basis vergütet werden.

Da § 4 Nr. 8 a) UStG allerdings auf einer europäischen Richtlinie beruht, begnügte sich das Finanzgericht Brandenburg in einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation nicht mit einem Hinweis auf diese BFH-Rechtsprechung. Das Finanzgericht legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in einem so genannten Vorabentscheidungsverfahren unter anderem die Frage vor, wie denn der Begriff der "Vermittlung" im Sinne der Richtlinie auszulegen sei.

1. Entscheidung des EuGH

Der EuGH kam in seiner Entscheidung dieser Vorlagefrage vom 21. Juni 2007 - entgegen der Ansicht des Bundesfinanzhofs - zu dem Ergebnis, dass

- eine Vermittlungstätigkeit im Sinne der Richtlinie nicht davon abhängt, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Erbringer der Vermittlungsleistung und einer der Parteien des Kreditvertrages besteht, und

- für eine Vermittlung auch nicht zwingend erforderlich ist, dass der Vermittler mit den kreditgebenden Instituten in direkten Kontakt tritt.

Das Finanzgericht Brandenburg hatte den EuGH in einer weiteren Vorlagefrage zudem um Stellungnahme dazu gebeten, ob auch dann noch von einer umsatzsteuerbefreiten Vermittlungsleistung im Sinne der Richtlinie auszugehen sei, wenn der Kreditvermittler typischerweise vor der Vermittlung die Vermögenssituation sowie die persönlichen und finanziellen Bedürfnisse des Kunden ermittelt und analysiert. Insoweit verwies der EuGH zum einen darauf, dass der Vermögensberater tätige Vermittler nur dann eine Vergütung für seine erbrachten Leistungen erhalte, wenn es zum Abschluss eines Kreditvertrages komme. Zum anderen stelle sich die Kreditvermittlung als die entscheidende Leistung für die Kreditnehmer und die kreditgebenden Finanzinstitute dar, da

- die Vermögensberatung nur in einem vorbereitenden Stadium geleistet werde und

- sich darauf beschränke, dem Kunden dabei zu helfen, unter verschiedenen Finanzprodukten diejenigen zu wählen, die seiner Situation und seinen Bedürfnissen am besten entsprechen.

2. Praxisfolgen und Praxistipps

Nach der Entscheidung des EuGH dürfte die Befreiung von Untervertreterprovisionen von der Umsatzsteuerpflicht in mehrstufigen Vertriebssystemen für die Praxis vorerst geklärt sein. Es steht zu erwarten, dass sich die deutschen Finanzgerichte und auch die Praxis der Finanzverwaltungen an dem Urteil des EuGH orientieren. Sollten Kreditvermittler gleichwohl Probleme mit der Finanzverwaltung bekommen oder bereits entsprechende Verfahren laufen, sollten die steuerlichen Berater, Behörden und Gerichte in jedem Fall auf die Entscheidung des EuGH hingewiesen werden, sofern diese nicht ohnehin schon bekannt ist.

Zu beachten ist allerdings, dass die Entscheidung des EuGH unmittelbar nur den Bereich der Kreditvermittlung in mehrstufigen Vertriebssystemen betrifft. Das Bundesfinanzministerium hat allerdings in seinen Schreiben vom 13. Dezember 2004, 30. Mai 2005 und 21. November 2005 bereits die Auffassung vertreten, dass der Begriff der Vermittlung in § 4 UStG insgesamt einheitlich auszulegen sei. In den Schreiben wurde des Weiteren die Beurteilung von Untervertreterprovisionen als umsatzsteuersteuerfrei zunächst befristet, zuletzt unbefristet auch für folgende Vermittlungen nicht beanstandet:

- die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,

- die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,

- die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,

- die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,

- die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,

- die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze.

Das Urteil des EuGH vom 21. Juni 2007, C-453/05, des BFH vom 9. Oktober 2003, V R 5/03 sowie die Schreiben des BMF vom 13. Dezember 2004, 30. Mai 2005 und 21. November 2005 finden Sie im Volltext unter .

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Autor(en): Anwaltskanzlei Küstner, v. Manteuffel & Wurdack

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