Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden (Beschluss vom 9. April 2019 sowie vom 16. Mai 2019, Az. 4 U 441/19, VersR 2020, 98 ff.) war die Berufung eines Versicherungskunden erfolglos. Es handelte sich um den Betreiber eines Geschäfts für Trauringe und Brautmoden. Anlässlich einer Firmenverschmelzung kündigte sie mit Wirkung zum 24. Dezember 2015 die bisherige Geschäftsinhaltsversicherung. Dadurch war ein am 8.2.2016 wegen einer Fehlfunktion der Sprinkleranlage eingetretener Wasserschaden nicht mehr versichert. Es soll ein Schaden von knapp 73.000 Euro entstanden sein.
Verklagt wurde ein Mehrfachvertreter, der am 2. Dezember 2015 vom Kläger mit der Beschaffung besserer Versicherungen beauftragt worden war. Zum Zeitpunkt des Schadens lag jedoch nur ein Angebot für eine Betriebshaftpflichtversicherung vor.
Mit ordentlicher Erstinformation wäre das nicht passiert
Der Vorwurf lautete, der Mehrfachvertreter habe gegen die Pflichten aus einem Maklervertrag verstoßen und weder rechtzeitig neuen Versicherungsschutz beschafft noch den Kunden über die Gefahren aus dem Fehlen der Versicherung aufgeklärt habe. Zudem habe der vermeintliche Makler nur eine Versicherungsgesellschaft angesprochen.
Tatsächlich wurde in dem zugrunde liegenden Landgerichtsurteil festgestellt, dass es sich hier um einen Maklervertrag handelte. Denn der Mehrfachvertreter habe diesen Anschein erweckt, ist also als Pseudomakler zu behandeln (§ 59 Absatz 3 Satz 2 VVG).
Insbesondere warf man ihm vor, dass er keine ausreichende Erstinformation über sich abgegeben hatte. Die enthielt nur einen Hinweis, dass er eine Gewerbeerlaubnis nach § 34d GewO habe. Eine solche Erlaubnis können aber sowohl Versicherungsmakler als auch Vertreter haben, deshalb hätte der Beklagte konkret angeben müssen, dass er eine Erlaubnis als Vertreter hat. Auch sonst hat offenbar der Beklagte nichts Belegbares getan, den Kunden über seinen tatsächlichen Rechtsstatus aufzuklären.
Übereifer des Kunden
Dass der Fall trotzdem am Ende für den verklagten Pseudomakler gut ausging, lag vor allem am Verhalten des Kunden selbst. Denn der hatte die Inhaltsversicherung eigenständig gekündigt und den Vertreter auch erst am 11.1.2016 darüber informiert. Ein Makler-Betreuungsverhältnis über den gekündigten Altvertrag lag zudem nicht vor. Somit hatte der Pseudomakler gar keine Möglichkeit auf den Kunden einzuwirken oder ihn über die Konsequenzen seines Handelns rechtzeitig aufzuklären.
Weiter war für das Gericht nicht klar, ob der Betrieb überhaupt eine neue Versicherung bekommen hätte. Einfache Behauptungen reichen dafür nicht aus. Der Kläger hätte dazu Substanzielles vortragen müssen. Zwar hatte der Kunde wohl ins Feld geführt, dass es ihm selbst gelungen sei, innerhalb von nur zehn Tagen nach dem Schaden eine neue Versicherung abzuschließen – dies aber beim ursprünglichen Versicherer. Das aber sei mit der Suche nach einem neuen Versicherers, der erst eine Risikoprüfung vornehmen muss, nicht vergleichbar, denn der alte Versicherer kannte das Risiko schon, so das Gericht. Allein daraus lässt sich also nicht ableiten, dass der vermeintliche Makler zu langsam gearbeitet und seine Pflichten verletzt hat.
Weiter sah es das Gericht nicht als nötig an, dass ein Makler den Kunden besonders darauf hinweisen muss, dass die Beschaffung von Versicherungsschutz nicht immer erfolgreich ist. Das läge in der Natur der Sache und müsse dem Kunden auch so klar sein.
Mitteilung zur Beratungsgrundlage mindert das Risiko
Verworfen wurde zudem der Vorwurf, dass der Pseudomakler tatsächlich eine stark begrenzte Beratungsgrundlage angewendet und keine Information darüber erteilt hatte. Auch hier hätte der Kläger aufzeigen müssen, ob bei einer breiteren Beratungsgrundlage ein anderes Ergebnis erreicht und rechtzeitig eine passende Versicherung gefunden worden wäre.
Im Ergebnis meint das OLG Dresden, dass die Verantwortung für den fehlenden Versicherungsschutz beim Kläger selbst liegt. Die Firma sei "das Risiko, für eine bestimmte Zeit über keine Inhaltsversicherung zu verfügen, bewusst eingegangen".
Erstinformationspflicht muss ernst genommen werden
Dennoch zeigt das Urteil zweierlei. Erstens sollten Versicherungsvertreter die Erstinformationspflicht sehr ernst nehmen und korrekt durchführen. Sie müssen also auf ihren Visitenkarten, Homepages und in anderen für diesen Zweck genutzten Medien eindeutig mitteilen, dass sie eine Gewerbeerlaubnis als Versicherungsvertreter haben.
Zweitens sollte insbesondere der Mehrfachvertreter zusätzlich die Information über seine Beratungsgrundlage (§ 60 Absatz 2 VVG) sorgfältig durchführen, damit der Kunde versteht, welche Versicherer er grundsätzlich überhaupt vertreten kann, und welche er im konkreten Einzelfall tatsächlich heranzieht. Denn dann der Kunde immer noch entscheiden, sich an einen anderen Vermittler zu wenden, der im vielleicht weitere Angebote beschaffen kann.
Autor(en): Matthias Beenken