Versicherungsvermittlung und -beratung ist ein erlaubnispflichtiges Gewerbe. Dazu braucht es in der Regel eine Gewerbeerlaubnis einer Industrie- und Handelskammer nach § 34d Absatz 1 oder 2 GewO. Aber es gibt Ausnahmen. Die zahlenmäßig häufigste ist die erlaubnisfreie Tätigkeit nach § 34d Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 GewO, wenn man als Ausschließlichkeitsvertreter von einem Versicherungsunternehmen überprüft und ins Vermittlerregister eingetragen wird. Dahinter folgt die Erlaubnisbefreiung auf Antrag nach § 34d Absatz 6 GewO für produktakzessorische Versicherungsvermittler.
Und zu dieser Gruppe der Vermittler stiftet die aktuelle Ausgabe des "Gewerberechtskommentar Pielow" Verwirrung. Es geht um eine besondere Ausnahme produktakzessorischer Vermittler nach dem § 34d Absatz 8 GewO. Darunter fallen seit Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie 2007 im Prinzip vier Gruppen produktakzessorischer Vermittler: Reise-, Garantieversicherungsvermittler, Bausparkassen und Bausparvermittler in Bezug auf in Bausparkredite integrierte Restschuldversicherungen sowie Vermittler von Restschuldversicherungen zur Absicherung von Verbraucherfinanzierungen, beispielsweise weit verbreitet beim Kauf von höherwertigen Elektro- und Elektronikgeräten.
Ausnahmen für produktakzessorische Vermittlungen
Von der Richtlinie gedeckt waren eigentlich nur die Reise- und Garantieversicherungsvermittler, Brüssel scheint die deutsche Erweiterung aber bislang nicht gestört zu haben. Dies ist eigentlich erstaunlich angesichts der Brisanz des Themas Restschuldversicherungen nicht nur in Deutschland, sondern in etlichen europäischen Märkten.
Die vier genannten, speziellen Gruppen produktakzessorischer Vermittler sind von vornherein von Erlaubnis- und Registrierungspflichten ausgenommen. Doch im Kommentar Pielow wird Folgendes behauptet:
"Da die Ausnahme der früheren Bagatellregelung aus § 34d Abs. 9 Nr. 1 lit. c aF für die Vermittlung von Lebensversicherungen oder Versicherungen zur Abdeckung von Haftpflichtrisiken seit der Neufassung mWv 23.2.2018 entfallen ist, fällt nunmehr bspw. auch die Vermittlung von Haftpflichtversicherungen durch Kfz-Händler im Rahmen eines Kfz-Kaufs in den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift."
Formulierung der IMD in IDD begradigt
Richtig ist, dass die recht umständliche Formulierung aus der alten EU-Vermittlerrichtlinie gestrafft worden ist. Damals hatte es geheißen, dass bestimmte Vermittler aus der Anwendung komplett ausgenommen sind, wenn sie unter anderem keinen Lebensversicherungsvertrag und keine Versicherung für Haftpflichtrisiken vermitteln.
Diese beiden Versicherungsarten wurden aber wenige Halbsätze weiter in Zusammenhang mit Reiseversicherungen wieder eingeschlossen: "Beschädigung oder Verlust von Gepäck und andere Risiken im Zusammenhang mit einer bei dem betreffenden Anbieter gebuchten Reise, selbst wenn die Versicherung Lebensversicherungs- oder Haftpflichtrisiken abdeckt, vorausgesetzt, dass die Deckung zusätzlich zur Hauptversicherungsdeckung für Risiken im Zusammenhang mit dieser Reise gewährt wird."
Die aktuelle Richtlinie IDD vermeidet diese Akrobatik und sagt damit noch klarer als vorher schon: "Diese Richtlinie gilt nicht für Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit, die Versicherungsvertriebstätigkeiten ausüben, wenn sämtliche nachstehenden Bedingungen erfüllt sind." Sie nennt unter anderem folgende Bedingungen: "Die Versicherung stellt eine ergänzende Leistung zur Lieferung einer Ware bzw. zur Erbringung einer Dienstleistung durch einen beliebigen Anbieter dar, und mit der Versicherung wird Folgendes abgedeckt: das Risiko eines Defekts, eines Verlusts oder einer Beschädigung der Ware oder der Nichtinanspruchnahme der Dienstleistung, die von dem betreffenden Anbieter geliefert bzw. erbracht wird, oder Beschädigung oder Verlust von Gepäck und andere Risiken im Zusammenhang mit einer bei dem betreffenden Anbieter gebuchten Reise."
Erlaubnisbefreiung auf Antrag wäre überflüssig
Diese Aufzählung enthält keinen Hinweis, dass auch die Vermittlung von Kfz-Haftpflichtversicherungen durch Autohändler aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sein soll. Auch der Erwägungsgrund 15 der IDD liefert für diese Interpretation kein Fundament.
Dasselbe gilt für die Begründung des Gesetzgebers zum IDD-Umsetzungsgesetz. Auch ihr lässt sich keinerlei Hinweis in dieser Richtung entnehmen, dass eine Erweiterung diese Ausnahme auf andere produktakzessorische Vermittlungen gewollt ist. Das würde zudem die Möglichkeit zur Erlaubnisbefreiung auf Antrag nach § 34d Absatz 6 GewO überflüssig werden lassen, die 2007 gerade auch für den Autohandel geschaffen worden war.
Dennoch hat die Auslegung im Pielow zu einer Diskussion unter den Industrie- und Handelskammern geführt. Dies zeigt allerdings auch, wie kompliziert das Dickicht der gewerberechtlichen Ausnahmeregeln geworden ist und gibt Anlass, über eine Bereinigung nachzudenken. Eine allgemeine Erlaubnispflicht für alle Vermittler wäre keineswegs unzumutbar, denn Artikel 20 IDD zeigt den richtigen Weg auf, wie auch dann ein angemessener Kundenschutz sicherzustellen ist, ohne dass der Vertrieb unwirtschaftlich wird.
Autor(en): Matthias Beenken