Winterreifenmuffel riskieren vollen Versicherungsschutz

Die Pflicht zur wintersicheren Bereifung wurde verschärft. Doch das strengere Recht täuscht. Richtig teuer wird es erst, wenn die Autoversicherung nach einem Unfall mit Sommerreifen nicht voll zahlt. Eine tatsächliche Winterreifenpflicht gibt es immer noch nicht. Das neue Recht macht nur deutlicher, worauf es Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer ankommt: Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- und Reifglätte müssen die Fahrer künftig für eine geeignete Bereifung sorgen.

Als geeignet gelten echte Winterreifen mit dem Schneeflocken-Symbol ebenso wie solche mit der M+S-Kennzeichnung für Matsch und Schnee. Die Regelung gilt auch für Motorräder.

Von Oktober bis Ostern
Entscheidend bleibt aber allein das Wetter. So gibt es keinen vorgeschriebenen Zeitraum, indem man mit Winterreifen fahren muss. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, der nutzt die O-bis-O-Faustregel und zieht die Winterpneus von Oktober bis Ostern auf. Wer aber in einer traditionell winterarmen Region wohnt, kann auf die Zusatzreifen verzichten und bei winterlichen Wetterbedingungen sein Auto einfach stehen lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen. Laut dem Ordnungsamt Düsseldorf gilt die Winterreifenpflicht nicht für geparkte Autos. Die Aufpasser müssten schon nachweisen, dass der Wagen auf Schnee bewegt wurde. Daher wird es Kontrollen, das bestätigt die Polizei, in aller Regel nur nach einem Unfall geben. Und damit geht der Ärger erst richtig los.

"Sommerreifen bei Schneefall stellen eine grobe Fahrlässigkeit dar. Der Vollkaskoversicherer kann völlig zu Recht die Leistung erheblich einschränken", erläutert Rechtsanwalt Oliver Meixner von der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Das hatte das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main (AZ: 3 U 186/02) in der Vergangenheit ebenso gesehen. Ein Mann war mit Sommerreifen in den Winterurlaub gefahren. Bereits diesen Umstand wertete das Gericht als grob fahrlässig. Als er bei glatter Fahrbahn einen Unfall erlitt, weigerte sich sein Vollkaskoversicherer, für den Schaden aufzukommen. Der Versicherte klagte, doch die Richter entschieden gegen ihn. Wegen seines grob fahrlässigen Verhaltens musste er den Schaden an seinem Fahrzeug aus eigener Tasche bezahlen.

Nach neuem Recht gibt es nun aber immer eine Entschädigungsquote. "Was angemessen ist, entscheiden aber die Umstände des Einzelfalls", erläutert DAV-Verkehrsanwalt Michael Bücken aus Köln. Immerhin: In jedem Fall – also auch wenn der Fahrer mit Sommerreifen im tiefen Schnee unterwegs ist - zahlt die Kfz-Haftpflichtversicherung die Schäden des Opfers.

Wer mit Sommerreifen trotz winterlicher Straße eigentlich unschuldig in einen Unfall verwickelt wird, muss unter Umständen dennoch zahlen. Das gilt, wenn er mit Winterreifen aller Voraussicht den Unfall hätte vermeiden können. Dann kann der Fahrer eine Teilschuld erhalten.

Falsche Reifen des Mietfahrzeugs - Fahrer haftet
Übrigens: Auch wer ein Mietfahrzeug nutzt, muss sich nun vergewissern, dass es für die Wetterverhältnisse ausreichend bereift ist. Der Fahrer haftet für falsche Reifen. Sicherheitshalber, wenn man Winterreifen geordert hat, sollte man die Abnahme des Fahrzeuges mit Sommerreifen verweigern.Viele Versicherer haben in der Kaskoversicherung ihre Leistungen erweitert und verzichten weitgehend darauf bei "Herbeiführung des Versicherungsfalls" grob fahrlässiges Verhalten einzuwenden. Laut dem Marktbeobachter Nafi aus Höxter gibt es aber immer noch "Basis"- oder "Eco"-Tarife, die nur die gesetzliche Regel vorsehen. Selbst große Unternehmen wie Ergo oder ADAC leisten sich solche mangelhaften Angebote. Ausdrücklich weist die Nürnberger Versicherung daraufhin, dass sie bei falscher Bereifung im Winter im Schadenfall Abzüge machen darf.

Nicht ausgeschlossen, dass Sommerreifenfahrer nach einem Unfall dann auf einem Drittel des Eigenschaden sitzenbleiben. Das können gut und gerne einige Tausend Euro sein. Da wirken das neuen Bußgeldes für falsche Bereifung in Höhe von 40 bis 80 Euro sowie der Punkt in der Flensburger Sünderkartei, fast schon wie Peanuts. "Kommt es zum Streit mit der Versicherung über den angemessenen Abzug, muss notfalls die vollständige Leistung eingeklagt werden", erklärt Arno Schubach, Versicherungsjurist aus Koblenz. So stelle die Weigerung, den Schaden voll zu übernehmen eine Vertragsverletzung dar. Daher dürfte in den meisten Fällen die Rechtschutzversicherung für die Kosten solcher Klagen aufkommen.

Bildquelle: © Klaus Steves/

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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