Wieder Stress mit dem Stresstest

Zwei deutsche Lebensversicherer sind jetzt - wieder einmal - bei den Stresstests der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ganz oder teilweise durchgefallen. Die Axa Leben und die Gothaer Leben, beide Köln, halten die BaFin-Aufforderung, etwas an ihrer jeweiligen Kapitalanlagestrategie im Unternehmen zu ändern, für unbegründet und weisen die Kritik als ungerechtfertigt zurück.

Gleichzeitig verkündet die Gothaer den Start eines weiteren Sparprogramms. Nach den Börsenturbulenzen der letzten Jahre hatten die Stresstest-Vorgaben der BaFin schon im letzten Jahr für Aufsehen gesorgt. Sie dienen - laut BaFin - als Frühwarnsystem zur Sicherheit für die Kunden. Sie seien als Messlatte anzusehen, ob die Lebensversicherer auch bei extremen Veränderungen an den Kapitalmärkten ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden nachkommen könnten.

Bei den neuerlichen Tests Ende des ersten Quartals 2005 hat die Aufsichtsbehörde wiederum die drei Szenarien vorgegeben, die sie gemeinsam mit der Assekuranz entwickelt hatte:
- Test „R 10“: Hier wird ermittelt, ob der Lebensversicherer bei einem Kursrückgang festverzinslicher Wertpapiere um zehn Prozent alle Kundenverpflichtungen erfüllt.
- Test „A 35“: Hier wird die gleiche Verpflichtungssituation ermittelt, wenn bei den Aktien einen Kurzrückgang von 35 Prozent eintritt.
- Test „RA 25“: Bei diesem Szenario geht man von einem Kurzrückgang bei Aktien um 20 Prozent und gleichzeitig bei festverzinslichen Wertpapieren um fünf Prozent aus.

Wie die BaFin dazu mitteilt, werden bei allen drei Tests Bonitätsrisiken aus Wertpapieren berücksichtigt, die von den Versicherern gehalten werden. Die Axa Leben fiel nur beim Test „A 35“ durch. Wie das Unternehmen dazu kommentierte, habe die BaFin beispielsweise so genanntes Hybridkapital (das ist Kapital in Form von nachrangigen Darlehen und Genussrechtskapital) nicht berücksichtigt. Andernfalls hätte der Lebensversicherer auch diesen dritten Text ebenso komfortabel bestanden wie die beiden anderen.

Die Gothaer, die durch alles drei Testszenarien durchfiel, kritisiert die Art der Stresstests vor allem deshalb, weil die BaFin alternative Anlageformen wie Hedgefonds und Private-Equitiy-Investments den Anlagen in Aktien gleichstelle. Die Gothaer Manager sehen das als nicht gerechtfertigt an.

Ob ein Zusammenhang zu den missglückten Stresstests besteht, mag dahin gestellt sein. Auf jeden Fall hat Gothaer-Chef Dr. Werner Görg eine Vorstudie zu weiteren Einsparungen in den Gothaer Unternehmen anfertigen lassen. Unter anderem wird überprüft, ob der Gürtel in den Bereichen Rechnungswesen, IT, allgemeine Verwaltung und Controlling enger geschnallt werden muss. Die Studie läuft unter dem Arbeitstitel Vektor und rief inzwischen die Gewerkschaft ver.di auf den Plan. Die Funktionäre behaupten, dass Vektor bereits mit der Zielvorgabe versehen sei, 20 Prozent der Stellen abzubauen. Das würde nach Insiderberechnungen den Fortfall von mehr als 100 Arbeitsplätze bei der Gothaer bedeuten. Aktuell in diesen Tagen sorgt die Verlegung von Arbeitsplätzen der Gothaer Leben von ihrer vormaligen Hauptverwaltung Göttingen in die Konzern-Zentrale Köln für große Unruhen, weil dadurch bis zu 400 Stellen wegfallen sollen.

Ein Gothaer Sprecher hat einem Bericht der Financial Times Deutschland zufolge erklärt, dass die Unternehmensgruppe trotz weitreichender Verbesserungen „kostenseitig noch nicht benchmarkfähig“ sei.

Autor(en): Ellen Bocquel

Alle Branche News