pAV-Reform: Erste Bewertungen ambivalent

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Die private geförderte Altersvorsorge soll reformiert werden. Die Riester-Reform, also der Entwurf des pAV-Reformgesetz, wird unterschiedlich bewertet. Je nach Interessenlage gibt es Lob und Kritik.

Mit der kapitalmarktnahen Vorsorge können die geförderten Renten nach Einschätzung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) um 40 Prozent höher ausfallen als bei bisherigen Riester-Verträgen. Höhere Erträge sind laut GDV durch die Reform auch in der Rentenphase möglich, weil 20 Prozent des Kapitals bei Rentenbeginn in chancenreichere Anlagen investiert werden dürfen.

Positiv: Einfach beitragsorientierte Förderung

Zudem begrüßt die Versicherungslobby die Lockerung der bisherigen Beitragsgarantie von 100 auf 80 Prozent. „Das ist ein ausgewogener Kompromiss zwischen Sicherheit und Rendite und gibt den Versicherten mehr Flexibilität“, so Moritz Schumann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des GDV. Gut finden die Assekuranzen zudem, dass es nun eine vereinfachte, beitragsproportionale Förderung gibt. Gefördert werden die Einzahlungen mit einer Grundzulage von 20 Cent pro Beitragseuro. Für Kinder gibt es sogar eine 25-Cent- Förderung.

Pro Jahr gilt für den Nachwuchs aber nur ein Höchstbetrag von 1.200 Euro. Für alle anderen Verträge liegt er bei 3.000 Euro. Ab 2030 soll er auf 3.500 Euro steigen. Der im Rahmen der Riester-Förderung gewährte Sonderausgabenabzug wird von 2.100 Euro auf 3.500 Euro für bestehende Riester-Verträge angepasst. Es muss also nicht zwingend eine neue Riester-Police abgeschlossen werden.

Trotzdem würden aber Familien und Alleinerziehende Nachteile erleiden. Hier fordert der GDV eine Nachbesserung. Sehr kritisch sehen die Versicherer zudem, dass Auszahlungspläne nicht mehr über das Alter von 85 Jahren hinaus abgesichert werden. Dabei gebe es laut GDV schon heute in Deutschland 2,7 Millionen Menschen die älter sind.

„Die Wahlmöglichkeit für Auszahlpläne bis zum 85. Lebensjahr halte ich für falsch“, betont auch Guido Bader, Versicherungsmathematiker und Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Lebensversicherung. Das Langlebigkeitsrisiko müsse abgesichert sein. Bader: „Auszahlungspläne sind ein zu hohes Risiko, da sie die Gefahr bergen, dass im Alter das Geld ausgeht, was am Ende Staat und Allgemeinheit belastet.“

Ganz anders bewertet dies der Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein, ehemals Vorsitzender des Bund der Versicherten (BdV). Er begrüßt, dass der bisher bestehende „Verrentungszwang bei Lebensversicherern“ nun gelockert wurde. Nach seiner Meinung sollte ein Auszahlungsplan sogar früher als 85 Jahre beendet werden können. „Die Lebenswirklichkeit zeigt, dass gerade im Alter des Öfteren ein einmaliger Kapitalbedarf ansteht, der sich nicht über laufende Rentenzahlungen finanzieren lässt, etwa altersgerechter Umbau der Immobilie, gesonderte Gesundheitsausgaben oder Änliches. Daher fordert Kleinlein, einen kürzer laufenden Auszahlplan bis hin zu einer Einmalauszahlung.

Versicherer in Auszahlungsphase dominant?

Zudem würden laut dem „Kleingedruckten“ noch immer die Versicherer allein die Auszahlphase beherrschen. „Hier ist der Gesetzgeber gefordert die handwerklichen Fehler auszumerzen und Auszahlpläne zum Beispiel über Fondsgesellschaften oder ETFs zu ermöglichen“, so Kleinlein. Das Hauptproblem bestehe darin, dass für die Auszahlphase eine sehr strikte Kostenstruktur vorgesehen ist, die den Angeboten vieler Finanzdienstleister fremd ist. „Hier wird durch die Hintertür dafür gesorgt, dass auch weiterhin die Versicherer mit ihren teuren Verrentungen den Markt dominieren“, so Kleinlein. „Auch in der Auszahlphase brauchen wir einen echten Wettbewerb“, fordert der Experte. Die detaillierte Stellungnahme zum Reformentwurf, die über mathconcepts.de abrufbar ist, umfasst 15 Seiten.

Verbraucherschützer: Versicherer könnten in „neue, teurere Verträge“ drängen

Nach Meinung des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bringt die Riester-Reform Verbraucherinnen und Verbrauchern, die sich gut am Finanzmarkt auskennen, Verbesserungen. „Wer eigenständig für die Rente anlegen kann, wird künftig besser und günstiger mit Fonds sparen können als bisher“, behaupten die Verbraucherschützer.

Doch für die rund elf Millionen Riester-Kundinnen und -Kunden hätte das geplante Gesetz einen „großen Haken“. „Sollten die Garantien bei Riester-Rentenversicherungen auf 80 Prozent abgesenkt werden können, werden Versicherer die Gunst der Stunde nutzen und Verbraucher in die neuen, teureren und weniger ertragreichen Verträge drängen“, so der vzbv. Nach Einschätzung der Verbraucherschützer würde dann der alte Garantiezins wegfallen und der Vertrieb sich durch den Wechsel „nochmals die Taschen vollmachen.“ Hier müsste die Bundesregierung nachbessern, fordert der vzbv.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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