Der VDVM kann sich einen Wegfall des Provisionsabgabeverbots vorstellen - wenn die gesamten Rahmenbedingungen der Vermittlervergütung geändert werden. Im Kern macht er auf dieselben Probleme aufmerksam wie der BVK: Mit einem Wegfall der Quersubventionierung ist der finanzschwache Privatkunde der Verlierer.
Die Vermittlerverbände haben sich zu dem Konsultationsverfahren der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Provisionsabgabeverbot kritisch positioniert. Hintergrund ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main vom 24. Oktober 2011 (Az.: 9 K 105/11.F), nach dem das auf Basis des § 81 Absatz 3 VAG sowie entsprechender Rechtsverordnungen bestehende Provisionsabgabeverbot jedenfalls für den konkret entschiedenen Fall zu unbestimmt ist. Das Urteil, dass die Vertriebsgesellschaft AVL erstritten hatte, wurde rechtskräftig, nachdem die BaFin die bereits eingelegte Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht im Februar überraschend wieder zurückzog, weil der Einzelfall nicht geeignet sei, das Provisionsabgabeverbot insgesamt zu überprüfen.
Behinderung des Vergütungswettbewerbs
Das Provisionsabgabeverbot gilt schon lange als Relikt aus einer Zeit, in der man offenbar den Marktkräften misstraute. Es behindert nach Ansicht seiner Gegner den freien Wettbewerb um die Vergütungshöhe und Vergütungsart. Vor allem Verbraucherzentralen, Honorarberater und Honorarvermittler erhoffen sich von einem Wegfall einen Aufschwung für ihre jeweiligen Geschäftsmodelle, weil der Kunde dann nicht mehr doppelt für die Beratung zum einen mit der im Produkt einkalkulierten Provision und zum anderen mit einem Honorar bezahlen muss. Der Honorarberater oder Honorarvermittler könnte die im Bruttotarif enthaltene Provision an den Kunden herausrücken, so wie es beispielsweise auch das Verbraucherschutzministerium in seinen Eckpunkten zur Honorarberatung vorschlägt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Deutschland in Europa das einzige Land mit Provisionsabgabeverbot ist. Es gibt keine Hinweise darauf, dass deshalb in anderen Ländern die Provisionshöhen ausgeufert sind, um Provisionsabgaben zu finanzieren, meint der Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (VDVM) in seiner Stellungnahme an die BaFin. () Dass das Provisionsabgabeverbot deshalb europarechtswidrig ist, verneint der Verband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) in seiner Stellungnahme () unter Bezugnahme unter anderem auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 1993.
Nicht nur A wie Abschaffung, auch B wie Bedingungsgleichheit
"Mit einer Aushöhlung des mechanischen Vergütungssystems der Courtage und Provision bei Wegfall des Provisionsabgabeverbotes könnten unsere Verbandsmitglieder - und wohl die Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter allgemein - leben", so der VDVM. Allerdings macht er darauf aufmerksam, dass ein einfaches Streichen des Provisionsabgabeverbots als Lösung nicht ausreicht.Den Vermittlern müsse "im Sinne der Waffengleichheit ebenfalls die Möglichkeit eingeräumt" werden, "wie der Kunde in die Preisgestaltung zu ihren Gunsten einzugreifen", fordert der Maklerverband und erläutert die Folgen an einem Beispiel: "Dies würde bedeuten, dass dann für eine Beratung und Vermittlung einer Privathaftpflichtversicherung der Versicherungsvermittler, egal ob Makler oder Versicherungsvertreter, die Möglichkeit haben müsste, eine auskömmliche Vergütung zu fordern. Reicht die in das Produkt einkalkulierte Provision oder Courtage nicht aus, müsste der Versicherungsmakler in der Lage sein, zusätzlich eine Vergütung vom Kunden - in rechtlich zulässiger Weise - fordern zu können."
Auch der BVK erläutert an einem Beispiel, hier der Kfz-Versicherung, dass im derzeitigen Provisionssystem für viele Versicherungsprodukte keine auskömmliche Provision einkalkuliert ist, mit der Versicherungsvermittler eine angemessene Beratungs- und fortlaufende Betreuungsdienstleistung erbringen können. Außerdem machen die Verbände darauf aufmerksam, dass mit dem "mechanischen Vergütungssystem" auch die vergebliche Beratung von Kunden pauschal abgegolten wird, die sich nach der Beratung für einen anderen Vermittler und Versicherer entscheiden.
Wirkungsloser Schutz des Fachgeschäfts
Ein Wegfall des Provisionsabgabeverbots würde dieses Kundenverhalten sogar fördern, meint der VDVM, indem Kunden sich von Vermittlern kostenfrei aufklären lassen, um dann als "informierte Kunden" bei einem anderen Vermittler aufzutreten und im Gegenzug zur nicht mehr erforderlichen Beratung eine Provisionsabgabe zu fordern. Es gibt einige Geschäftsmodelle, mit denen genau dieses Verhalten genutzt wird, wie das Beispiel der Firma "Tippgeber UG" zeigt.
Allerdings gehen beide Verbandsstellungnahmen nicht darauf ein, dass es dieses Kundenverhalten schon sehr lange gibt. So beklagen Vermittler immer wieder, dass sich Kunden von ihnen "schlau machen" lassen, um dann bei einem Direktversicherer billiger abzuschließen.Auch in anderen Branchen ist ein solches Verhalten bekannt, mit teilweise drastischen Folgen. So sind im Handel massenweise Fachgeschäfte vom Markt verschwunden, weil Kunden dort nur die kostenfreie Beratung nachgefragt, aber dann in den billigeren Handelsketten gekauft haben. Eine solche Entwicklung lässt sich kaum durch ein Provisionsabgabeverbot aufhalten.
Verbraucherschutz vor verführerischen Rabatten notwendig?
Uneinig sind sich die Verbände bei der Frage, ob der Wegfall des Provisionsabgabeverbots Fehlanreize bringen würde. So glaubt der BVK, dass "die Entscheidung des Kunden, welches Produkt oder welches Versicherungsunternehmen er wählt, davon beeinflusst" werden würde, "wie und wo er die höchste Rabattierung erreicht".
Der VDVM sieht es dagegen nicht als staatliche Aufgabe an, den Kunden bei seinem Kaufverhalten zu bevormunden. "Den Kunden schützt der Staat ja auch dann nicht, wenn er beispielsweise beim Kauf eines Neuwagens unterschiedliche Rabatte heraushandelt und eventuell ein zu großes Auto oder den nicht passenden Pkw kauft." Viel wichtiger sei es, "noch bessere Produktinformationsblätter" zu entwickeln, damit der Kunde eine informierte Entscheidung treffen kann.
"Solidarität" der wirtschaftlich Starken mit den Schwachen
Einig sind sich beide Verbände dagegen in der Befürchtung, dass beim ersatzlosen Wegfall des Provisionsabgabeverbots letztendlich der wirtschaftlich schwächere Privatkunde das Nachsehen hat. Vor allem Kunden mit großvolumigen Personenversicherungsverträgen würden Provisionsabgaben durchsetzen können."Gerade diejenigen also, die auch eine höhere Belastung mit Vermittlungs- und Betreuungsentgelten verkraften könnten, entzögen sich damit einer gewissen Solidarität. Verbraucher mit niedrigvolumigen Versicherungsverträgen, die überdies noch beratungsintensiv sind, müssten höhere Preise zahlen", warnt der VDVM. Auch der BVK sieht eine Schwächung der Privatkunden als Folge.
Unterschiedliche Lösungen
Im Ergebnis fordert der BVK - gemeinsam mit dem Verband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) - die Aufrechterhaltung des Provisionsabgabeverbots. Dieses sollte im Versicherungsaufsichtsgesetz prominent verankert werden. Außerdem will der BVK mehr Transparenz der Arbeit der BaFin erreichen, insbesondere ein Informationsrecht über den Verfahrensverlauf für diejenigen, die einen Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot anzeigen.
Der VDVM hingegen kann sich eine Abschaffung des Provisionsabgabeverbots vorstellen, aber nur in Verbindung mit einer Freigabe der Vergütungsgestaltung, sodass Vermittler auch Honorare oder Kombinationen aus Provision und Honorar in Rechnung stellen können.
Die Vermittler sollten dabei eine entsprechende Transparenz sicherstellen. Der VDVM warnt ausdrücklich vor Lösungen nach skandinavischem Vorbild, die zum Verschwinden vieler Makler geführt haben, obwohl gerade Makler unter verbraucherschutzpolitischen Aspekten gefördert werden sollten.
Bild: © Rainer Sturm/
Die Vermittlerverbände haben sich zu dem Konsultationsverfahren der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Provisionsabgabeverbot kritisch positioniert. Hintergrund ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main vom 24. Oktober 2011 (Az.: 9 K 105/11.F), nach dem das auf Basis des § 81 Absatz 3 VAG sowie entsprechender Rechtsverordnungen bestehende Provisionsabgabeverbot jedenfalls für den konkret entschiedenen Fall zu unbestimmt ist. Das Urteil, dass die Vertriebsgesellschaft AVL erstritten hatte, wurde rechtskräftig, nachdem die BaFin die bereits eingelegte Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht im Februar überraschend wieder zurückzog, weil der Einzelfall nicht geeignet sei, das Provisionsabgabeverbot insgesamt zu überprüfen.
Behinderung des Vergütungswettbewerbs
Das Provisionsabgabeverbot gilt schon lange als Relikt aus einer Zeit, in der man offenbar den Marktkräften misstraute. Es behindert nach Ansicht seiner Gegner den freien Wettbewerb um die Vergütungshöhe und Vergütungsart. Vor allem Verbraucherzentralen, Honorarberater und Honorarvermittler erhoffen sich von einem Wegfall einen Aufschwung für ihre jeweiligen Geschäftsmodelle, weil der Kunde dann nicht mehr doppelt für die Beratung zum einen mit der im Produkt einkalkulierten Provision und zum anderen mit einem Honorar bezahlen muss. Der Honorarberater oder Honorarvermittler könnte die im Bruttotarif enthaltene Provision an den Kunden herausrücken, so wie es beispielsweise auch das Verbraucherschutzministerium in seinen Eckpunkten zur Honorarberatung vorschlägt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Deutschland in Europa das einzige Land mit Provisionsabgabeverbot ist. Es gibt keine Hinweise darauf, dass deshalb in anderen Ländern die Provisionshöhen ausgeufert sind, um Provisionsabgaben zu finanzieren, meint der Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (VDVM) in seiner Stellungnahme an die BaFin. () Dass das Provisionsabgabeverbot deshalb europarechtswidrig ist, verneint der Verband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) in seiner Stellungnahme () unter Bezugnahme unter anderem auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 1993.
Nicht nur A wie Abschaffung, auch B wie Bedingungsgleichheit
"Mit einer Aushöhlung des mechanischen Vergütungssystems der Courtage und Provision bei Wegfall des Provisionsabgabeverbotes könnten unsere Verbandsmitglieder - und wohl die Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter allgemein - leben", so der VDVM. Allerdings macht er darauf aufmerksam, dass ein einfaches Streichen des Provisionsabgabeverbots als Lösung nicht ausreicht.Den Vermittlern müsse "im Sinne der Waffengleichheit ebenfalls die Möglichkeit eingeräumt" werden, "wie der Kunde in die Preisgestaltung zu ihren Gunsten einzugreifen", fordert der Maklerverband und erläutert die Folgen an einem Beispiel: "Dies würde bedeuten, dass dann für eine Beratung und Vermittlung einer Privathaftpflichtversicherung der Versicherungsvermittler, egal ob Makler oder Versicherungsvertreter, die Möglichkeit haben müsste, eine auskömmliche Vergütung zu fordern. Reicht die in das Produkt einkalkulierte Provision oder Courtage nicht aus, müsste der Versicherungsmakler in der Lage sein, zusätzlich eine Vergütung vom Kunden - in rechtlich zulässiger Weise - fordern zu können."
Auch der BVK erläutert an einem Beispiel, hier der Kfz-Versicherung, dass im derzeitigen Provisionssystem für viele Versicherungsprodukte keine auskömmliche Provision einkalkuliert ist, mit der Versicherungsvermittler eine angemessene Beratungs- und fortlaufende Betreuungsdienstleistung erbringen können. Außerdem machen die Verbände darauf aufmerksam, dass mit dem "mechanischen Vergütungssystem" auch die vergebliche Beratung von Kunden pauschal abgegolten wird, die sich nach der Beratung für einen anderen Vermittler und Versicherer entscheiden.
Wirkungsloser Schutz des Fachgeschäfts
Ein Wegfall des Provisionsabgabeverbots würde dieses Kundenverhalten sogar fördern, meint der VDVM, indem Kunden sich von Vermittlern kostenfrei aufklären lassen, um dann als "informierte Kunden" bei einem anderen Vermittler aufzutreten und im Gegenzug zur nicht mehr erforderlichen Beratung eine Provisionsabgabe zu fordern. Es gibt einige Geschäftsmodelle, mit denen genau dieses Verhalten genutzt wird, wie das Beispiel der Firma "Tippgeber UG" zeigt.
Allerdings gehen beide Verbandsstellungnahmen nicht darauf ein, dass es dieses Kundenverhalten schon sehr lange gibt. So beklagen Vermittler immer wieder, dass sich Kunden von ihnen "schlau machen" lassen, um dann bei einem Direktversicherer billiger abzuschließen.Auch in anderen Branchen ist ein solches Verhalten bekannt, mit teilweise drastischen Folgen. So sind im Handel massenweise Fachgeschäfte vom Markt verschwunden, weil Kunden dort nur die kostenfreie Beratung nachgefragt, aber dann in den billigeren Handelsketten gekauft haben. Eine solche Entwicklung lässt sich kaum durch ein Provisionsabgabeverbot aufhalten.
Verbraucherschutz vor verführerischen Rabatten notwendig?
Uneinig sind sich die Verbände bei der Frage, ob der Wegfall des Provisionsabgabeverbots Fehlanreize bringen würde. So glaubt der BVK, dass "die Entscheidung des Kunden, welches Produkt oder welches Versicherungsunternehmen er wählt, davon beeinflusst" werden würde, "wie und wo er die höchste Rabattierung erreicht".
Der VDVM sieht es dagegen nicht als staatliche Aufgabe an, den Kunden bei seinem Kaufverhalten zu bevormunden. "Den Kunden schützt der Staat ja auch dann nicht, wenn er beispielsweise beim Kauf eines Neuwagens unterschiedliche Rabatte heraushandelt und eventuell ein zu großes Auto oder den nicht passenden Pkw kauft." Viel wichtiger sei es, "noch bessere Produktinformationsblätter" zu entwickeln, damit der Kunde eine informierte Entscheidung treffen kann.
"Solidarität" der wirtschaftlich Starken mit den Schwachen
Einig sind sich beide Verbände dagegen in der Befürchtung, dass beim ersatzlosen Wegfall des Provisionsabgabeverbots letztendlich der wirtschaftlich schwächere Privatkunde das Nachsehen hat. Vor allem Kunden mit großvolumigen Personenversicherungsverträgen würden Provisionsabgaben durchsetzen können."Gerade diejenigen also, die auch eine höhere Belastung mit Vermittlungs- und Betreuungsentgelten verkraften könnten, entzögen sich damit einer gewissen Solidarität. Verbraucher mit niedrigvolumigen Versicherungsverträgen, die überdies noch beratungsintensiv sind, müssten höhere Preise zahlen", warnt der VDVM. Auch der BVK sieht eine Schwächung der Privatkunden als Folge.
Unterschiedliche Lösungen
Im Ergebnis fordert der BVK - gemeinsam mit dem Verband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) - die Aufrechterhaltung des Provisionsabgabeverbots. Dieses sollte im Versicherungsaufsichtsgesetz prominent verankert werden. Außerdem will der BVK mehr Transparenz der Arbeit der BaFin erreichen, insbesondere ein Informationsrecht über den Verfahrensverlauf für diejenigen, die einen Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot anzeigen.
Der VDVM hingegen kann sich eine Abschaffung des Provisionsabgabeverbots vorstellen, aber nur in Verbindung mit einer Freigabe der Vergütungsgestaltung, sodass Vermittler auch Honorare oder Kombinationen aus Provision und Honorar in Rechnung stellen können.
Die Vermittler sollten dabei eine entsprechende Transparenz sicherstellen. Der VDVM warnt ausdrücklich vor Lösungen nach skandinavischem Vorbild, die zum Verschwinden vieler Makler geführt haben, obwohl gerade Makler unter verbraucherschutzpolitischen Aspekten gefördert werden sollten.
Bild: © Rainer Sturm/
Autor(en): Professor Dr. Matthias Beenken