Das Lebensversicherungsreformgesetz sollte "Druck auf die Abschlusskosten" ausüben. Ob das gelungen ist, wird noch ausgewertet. Wenn man aber Versicherer nach ihren vorherrschenden Absatzkanälen untersucht, zeigen sich interessante Zusammenhänge.
Im kommenden Jahr will der Deutsche Bundestag über den Erfolg des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) informiert werden. Dazu gehört unter anderem, wie stark es den Versicherern gelungen ist, die Kosten zu senken, damit auch in einem Niedrigzinsumfeld für die Kunden attraktive Renditen übrig bleiben.
Bafin befragt die Versicherer
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat dafür vor kurzem bereits zum zweiten Mal nach Inkrafttreten des Gesetzes vor knapp drei Jahren eine Abfrage bei den Versicherern gestartet. Darin will sie unter anderem wissen, wie erfolgreich die Versicherer in den einzelnen Vertriebswegen waren.
Ergebnisse gibt die Bafin bisher nicht bekannt. Diese werden erst dem Bundesfinanzministerium und von diesem dann dem Bundestag zugänglich gemacht. Ob dann auch Transparenz für die Öffentlichkeit hergestellt wird, bleibt abzuwarten.
Bisher keine nennenswerte Änderung der Kostenquoten
Einige Hinweise kann man aber aus der Analyse von Bilanzkennzahlen und von Vertriebswegeanteilen der Versicherer gewinnen. Interessant sind in diesem Zusammenhang zum einen die beiden Kostenquoten für Abschlusskosten sowie Verwaltungskosten. Diese sollten beide betrachtet werden, weil Versicherer bei der Zuordnung der Kosten durchaus gewisse Spielräume haben, und weil mit Gewinnen aus zu hoch kalkulierten Verwaltungskosten überrechnungsmäßige Abschlusskosten ausgeglichen werden.
Bei den Abschlusskosten verzeichnet der Map-Report (Bilanzanalyse Deutscher Lebensversicherer, Nr. 895 und Nr. 879) allerdings keinen durchschlagenden Erfolg. Im letzten Jahr vor dem LVRG 2014 wurde eine durchschnittliche Quote von 4,7 Prozent der Abschlussaufwendungen in Prozent der Beitragssumme des Neugeschäfts verzeichnet. Nachdem diese Quote im Jahr 1 nach der Reform sogar auf 4,9 Prozent anstieg, liegt sie 2016 wieder bei 4,7 Prozent. Nach "Druck" sieht das noch nicht aus.
Bei manchen ging es runter - dafür bei anderen rauf
Auch bei den Verwaltungskosten hat sich nicht wirklich viel bewegt. 2014 lag diese Quote im Branchenschnitt bei 2,21 Prozent der verdienten Bruttobeiträge des Geschäftsjahres. Auch hier gab es einen leichten Anstieg 2015 auf 2,29 Prozent und einen geringfügigen Rückgang 2016 auf 2,26 Prozent.
Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht einzelnen Versicherern durchaus gelungen ist, die Kostenquoten teilweise beachtlich zu senken. Dem stehen allerdings andere gegenüber, deren Kostenquoten sich in die gegenteilige Richtung entwickelt haben. Wenn man die Verteilung des Neugeschäfts in der Lebensversicherung nach Vertriebswegen nach den Zahlen des Beratungsunternehmens Willis Towers Watson hinzunimmt, lassen sich einige bemerkenswerte Zusammenhänge mit den Erfolgen oder Misserfolgen bei der Veränderung der Kostenquoten von 2016 gegenüber 2014 aufzeigen.
Die Korrelationsanalyse zeigt, dass die Versicherer mit Ausschließlichkeitsvertrieb im statistischen Sinn weder positive noch negative Veränderungen bei Abschluss- und Verwaltungskosten erzielt haben.
Maklerversicherer senken Abschlusskosten - mit vermehrtem Nettogeschäft?
Die relativ größten Kostensenkungen haben Versicherer bei den Abschlusskosten erreicht, wenn sie höhere Neugeschäftsanteile aus dem Maklermarkt bekommen. Der Zusammenhang ist allerdings noch knapp unter der Signifikanzschwelle. Zudem muss man berücksichtigen, dass einige Maklerversicherer auf den Absatz von Nettotarifen setzen, was naturgemäß zu einem Sinken der bilanziellen Abschlusskostenquote führt. Für die Politik mag es dann eine gute Botschaft sein, dass der "Druck auf die Abschlusskosten" erfolgreich war. Um den Nutzen für den Kunden zu bewerten, müsste man allerdings wissen, wie hoch die Honorare ausfallen, die die Kunden zu zahlen haben. Transparenz hierüber hat der deutsche Gesetzgeber jedenfalls in der IDD-Umsetzung nicht geschaffen.
Bei den Verwaltungskosten konnten diejenigen Versicherer Senkungen erzielen, die im Direktvertrieb agieren oder aber nennenswerte Geschäftsanteile von ungebundenen Strukturvertrieben erhalten. Für letztere dürfte wohl derselbe Zusammenhang wie bei den Maklern in Sachen Honorarvertrieb gelten.
Größter Kostentreiber bei den Abschlusskosten ist ein hoher Neugeschäftsanteil aus gebundenen Strukturvertrieben, wie die mit r=0,8 (Korrelationen werden durch dimensionslose Zahlen zwischen 0 und +1 beziehungsweise -1 angezeigt) signifikante Korrelation belegt. Auch im Bereich "sonstige Vertriebswege", die nicht näher aufgeschlüsselt werden, scheinen eher Kostensteigerungen sowohl bei Abschluss- als auch Verwaltungskosten entstanden zu sein.
Bankvertrieb treibt die Kosten, Direktvertrieb senkt sie
Interessant ist weiter ein Vergleich in konkreten Zahlen, hier in – nicht mit dem Neugeschäftsvolumen gewichteten – Mittelwerten der beiden Kostenquoten. Wenn man dabei nur die immerhin 50 Versicherer vergleicht, die über jeweils einen einzigen dominanten Vertriebsweg mit mehr als 50 Prozent Neugeschäftsanteil verfügen, dann weisen Ausschließlichkeits- wie Maklerversicherer ähnlich hohe Kostenquoten auf. Bei Maklerversicherern muss wie schon erwähnt beachtet werden, dass einige in nennenswertem Umfang Nettotarife anbieten.
Deutlicher teurer fallen die Abschlusskosten bei Versicherern mit vorherrschendem Vertriebsweg Bank aus. Kostengünstig sowohl bei Abschluss- als auch Verwaltungskosten sind dagegen die Direktversicherer.
Eins wird aber auch erneut bei der Zahlenanalyse deutlich: Ein wichtiger Kostentreiber ist der Multikanalvertrieb, wenn Versicherer ihr Neugeschäft über verschiedene Kanäle statt nur oder ganz überwiegend aus einem einzigen erhalten (Abschlusskosten bisher nicht gesunken). Die hier verglichenen Versicherer ohne einen einzelnen, dominanten Vertriebsweg weisen die höchsten durchschnittlichen Abschlusskostenquoten auf.
Autor(en): Matthias Beenken