Die Zeitschrift "Asscompact" wollte von den Maklerinnen und Maklern wissen, welche Form der Informations- und Bildungsveranstaltungen sie bevorzugen und was sie bereit sind dafür auszugeben.
Befragt wurden 482 Versicherungs- und Finanzanlage-Maklerinnen und Versicherungs- und Finanzanlage-Makler sowie Mehrfachvertreterinnen und Mehrfachvertreter. Diese waren im Schnitt 56 Jahre alt und 28 Jahre in der Branche tätig. Das Durchschnittsalter lag nur leicht über dem der Gesamtdatenbank der Zeitschrift mit 55 Jahren. Der mittlere Gesamtumsatz erreicht 258.000 Euro.
Corona beeinflusst Bildungsverhalten
Die Corona-Pandemie hat neben vielem anderen auch das Bildungsverhalten der Vermittler verändert. In der Frühphase der Lockdowns mussten Präsenzveranstaltungen zwangsläufig ausfallen und wenn überhaupt, dann durch Onlineformate ersetzt werden. Es war klar, dass dies auf Dauer nicht dazu führen wird, dass die Betroffenen nur noch auf Online setzen. Wie sehr aber die Zeit des erzwungenen Umdenkens die Präferenzen beeinflusst hat, zeigt die aktuelle Erhebung.
Kongress in Präsenz, Schulung online
Dabei kann man eine klare Zweiteilung erkennen. Fachkongresse und Symposien werden von einer Mehrheit (53 Prozent) in Präsenz gewünscht. Dagegen werden die für die gesetzliche Weiterbildungspflicht notwendigen Fachschulungen von 76 Prozent als Onlineveranstaltungen gewünscht, knapp gefolgt von ebenfalls der Richtlinie IDD geschuldeten Schulungen zu Vertriebs- und Beratungsansätzen (70 Prozent) und Produktschulungen (67 Prozent). Erstaunlich ist die klare Onlinepräferenz bei den Schulungen zu Vertriebs- und Beratungsansätzen auch deshalb, weil in der klassischen Bildungsarbeit durch Trainer begleitete Übungen üblich waren, die sich nur in Präsenz durchführen lassen.
Unklar ist das Präferenzbild bei Veranstaltungen renommierter Anbieter und bei Netzwerkveranstaltungen, bei denen ähnlich hohe Anteile für Online- wie für Präsenzbesuch votiert haben. Persönlichkeitsworkshops werden von jedem Vierten grundsätzlich nicht besucht, und falls doch, gibt es auch hier keine klare Mehrheit für Präsenz, obwohl auch diese Schulungsart sich weniger gut für eine reine Onlinevermittlung eignen dürfte.
Persönlicher Kontakt wichtig
Für eine Präsenz spricht ganz generell aus Sicht der Befragten, dass sie so einen persönlichen Kontakt zu den Produktgebern und deren Mitarbeitenden herstellen können (76 Prozent Zustimmung). Ähnlich häufig wird der direkte Austausch mit Berufskollegen als Nutzen genannt (74 Prozent). „Menschen brauchen Menschen“, schreibt ein Teilnehmer, und „Face to face Kontakt ist durch Nichts zu ersetzen!“ ein anderer.
Die direkte und spontane Interaktion mit Referenten (66 Prozent) wird ebenfalls dem Präsenzformat als Vorteil zugeschrieben. Die Erfahrung aus der Online- wie Präsenz-Bildungsarbeit zeigt allerdings, dass es sehr unterschiedliche Teilnehmertypen gibt. Manche von ihnen sind in Präsenz gehemmt und trauen sich nicht, vor einem vollen Saal eine Frage zu äußern, nutzen dafür aber gerne einen Chat bei einer Onlineveranstaltung. Andere wiederum genießen es offenkundig, sich vor versammelter Zuhörerschaft mit Fragen oder kleinen Co-Referaten zu produzieren, verstummen aber im Onlineformat.
Immer noch eine Mehrheit der Befragten sieht in Präsenzveranstaltungen die Chance, für mehr Abwechslung und Interaktion (54 Prozent). Knappe 50 Prozent sehen den Vorteil exklusiverer Inhalte, die man vor Ort geboten erhält. Nur eine Minderheit schätzt den Vorteil geringerer Ablenkung durch Anrufe und E-Mails (44 Prozent), ein zum Beispiel touristisches Rahmenprogramm wie die im Vertrieb stets beliebten Stadion-Führungen (39 Prozent) oder glaubt, dass in Präsenz bessere Referenten auftreten (39 Prozent).
Weniger Zeitaufwand und mehr Flexibilität
Die wichtigsten Vorteile der Onlineveranstaltungen sind der reduzierte Zeitaufwand und die Ortsunabhängigkeit der Teilnahme (jeweils 83 Prozent Zustimmung). Weitere Vorteile sind die Möglichkeit zur kurzfristigen Teilnahme, die man auch einmal zwischen zwei Kundentermine schieben kann (79 Prozent) und die reduzierten Kosten (76 Prozent).
Eine knappe Mehrheit (51 Prozent) sieht zudem ein breites und vielfältiges Themenspektrum sowie eine direkte Verfügbarkeit weiterer Informationen. Ein geringeres Infektionsrisiko ist nur für 35 Prozent der Befragten ein Argument pro Online.
In Präsenz ein Tag, online ein bis zwei Stunden
Wenn Vermittler Präsenzveranstaltungen wählen, sollten sie nahe am eigenen Wohn- oder Büro-Ort sein (77 Prozent) und mit dem Kfz oder dem öffentlichen Personennahverkehr gut erreichbar (68 Prozent). Die bevorzugte Dauer ist die Tagesveranstaltung (64 Prozent), gefolgt von der Halbtagesveranstaltung (28 Prozent). Nur sehr selten werden längere Veranstaltungsformate gewünscht (acht Prozent für zwei Tage).
Onlineveranstaltungen dagegen müssen erheblich kürzer sein. Hier liegt die bevorzugte Dauer bei ein bis zwei Stunden (59 Prozent), gefolgt von noch kürzeren Veranstaltungen bis zu einer Stunde (26 Prozent). Immerhin noch zwölf Prozent halten Halbtagsveranstaltungen für wünschenswert, kaum jemand jedoch längere Ein- oder gar Zweitagesveranstaltungen (in Summe drei Prozent).
Online soll kostenlos sein
Auch die Zahlungsbereitschaften unterscheiden sich deutlich voneinander. Bei Präsenzveranstaltungen sind 37 Prozent der Befragten nicht bereit, eine Teilnahmegebühr zu bezahlen, bei Onlineveranstaltungen sind es 65 Prozent. Das ist durchaus bedenklich, denn der organisatorische Aufwand für eine Onlineveranstaltung ist nicht wesentlich kleiner als für Präsenzveranstaltungen. Auch kosten die von den Teilnehmern gewünschten, „exklusiven“ Referenten online ebenso Honorar wie offline.
Die Zahlungsbereitschaft bei Teilnahmegebühren ist allerdings in beiden Formaten begrenzt. Für eine Tagesveranstaltung können sich 27 Prozent vorstellen, bis zu 50 Euro zu zahlen, weitere 18 Prozent über 50 bis 100 Euro. Mehr als 100 Euro wären nur noch weitere 18 Prozent bereit zu investieren.
Für eine Online-Tagesveranstaltung würden 22 Prozent bis zu 50 Euro ausgeben, nochmals neun Prozent über 50 bis 100 Euro. Nur noch drei Prozent zeigen eine darüberhinausgehende Zahlungsbereitschaft.
Mehr für Reise und Essen als für die Teilnahme
Bei der Präsenzveranstaltung mag es eine Rolle spielen, dass die Makler auch weiteren Aufwand für Reisekosten und für Verpflegung sehen, für die sie relativ höhere Zahlungsbereitschaften zeigen. Im Mittel sind die Makler bereit, 67 Euro für Teilnahmegebühren, aber 76 Euro für Reisekosten und 31 Euro für Verpflegung auszugeben.
Möglicherweise wird es als fair angesehen, dass man die Reise und Unterkunft selbst bezahlt, dann aber ein Versicherer oder Finanzinstitut die eigentliche Veranstaltung zu bezahlen hat.
Sehr gering ist in diesem Zusammenhang die Bereitschaft, für ein Rahmenprogramm Geld auszugeben. Bei Präsenz lehnen das 63 Prozent ab, bei Online 87 Prozent.
Weitere Informationen
Die Studie „Asscompact Trends I/2023“ mit dem Sonderthema „Präsenz oder Online? Bildungs- und Veranstaltungsbedarfe unabhängiger Vermittlerinnen und Vermittler“ umfasst 168 Folien und enthält Informationen zur Vertriebsstimmung und zu den Favoriten der Vermittler hinsichtlich Versicherungsunternehmen und Produktabsatz. Sie kann kostenpflichtig bei der BBG Betriebsberatungs GmbH (E-Mail: tannreuther@bbg gruppe.de) bestellt werden.
Autor(en): Matthias Beenken