Was auf Angehörige im Pflegefall finanziell zukommt

Das Pflegefall-Risiko wird häufig unterschätzt. Reicht die gesetzliche Absicherung nicht aus (maximal 1.432 Euro pro Monat; in Härtefällen bis 1.918 Euro), geht es für die Betroffenen an die Rente und das Vermögen. Ein Heimplatz kostet monatlich aber häufig 2.500 Euro und mehr. Ist alles Vermögen aufgebraucht, springt die Sozialhilfe ein. Wenn möglich, holt sie sich das Geld von unterhaltspflichtigen Angehörigen wieder. Betroffen sind vor allem Familien der rund 500.000 Pflegebedürftigen in Heimen.

Als Ausweg nennt die Signal-Iduna den Abschluss einer Pflegetagegeld-Police. „900 Euro Tagegeld kosten einen 30-jährigen knapp sechs Euro im Monat“, so ein Unternehmenssprecher. In diesem Alter denkt jedoch kaum jemand an diese Versorgungslücke, weil sich Familien um andere existenzielle Dinge wie Job, Kinder und Wohnung kümmern müssen. Ins Bewusstsein rückt vielen das Problem mit Mitte 40, wenn die Eltern ins Rentenalter kommen.

Wer seinen Kindern den Rückgriff auf die Ersparnisse ersparen will, sollte sich ab 50 um eine geeignete Zusatzversicherung kümmern. Geboten werden entweder Pflegetagegeld- oder Pflegekosten-Tarife.
- Tagegeld: Die Höhe hängt von der Pflegestufe ab; die tatsächlichen Pflegekosten spielen keine Rolle. Die Police empfiehlt sich für Versicherte, die später wahrscheinlich von Angehörigen zu Hause versorgt werden und die im Pflegefall frei über das Geld verfügen wollen. Solche Extras erhält der Versicherte mit dem Kostentarif nicht.
- Pflegekosten: Der Versicherer beteiligt sich bis zu einer festgelegten Obergrenze nur an den reinen Pflegekosten. Und zwar an den Restkosten, die nach den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung übrig bleiben. Der Kunde muss sie durch Belege nachweisen.

Finanztest hat in der September-Ausgabe festgestellt, dass manche Versicherer Neukunden nur bis zum Alter von 55 Jahren annehmen. Für die meisten Menschen sei die Tagegeld­Police die bessere Wahl. Grund: Man könne selbst entscheiden, wofür das Geld ausgegeben wird. Genannt werden auch besonders geeignete Angebote, darunter von Barmenia, Debeka, DEVK, Münchener Verein, Signal-Iduna und VGH. Für rund 70 Euro Pflegetagegeld müssten Männer (45) bei günstigen Anbietern rund 45 Euro Monatsbeitrag zahlen (Frauen: 65 Euro). Mit den von der Stiftung Warentest empfohlenen Summen können rund 2.100 Euro Bedarf pro Monat abgedeckt werden. Dies scheint nach heutigen Maßstäben ausreichend und sinnvoll.

Das Wirtschaftsmagazin Capital rät in Heft 14/05, Vorsorge für den Pflegefall nicht auf die lange Bank zu schieben. Wer dies tue, dem schmelze das Vermögen im Ernstfall ganz schnell weg. Das Sozialamt springe aber erst ein, wenn das Vermögen bis auf 2.600 Euro aufgezehrt sei. Der Ehepartner würde in Regress genommen und gezwungen, rund drei Siebtel des Nettoeinkommens für den Pflegebedürftigen aufzuwenden - soweit ihm selbst noch 1.100 Euro pro Monat zum Leben bliebe. Bei einer durchschnittlich verbleibenden Lebenserwartung Schwerstpflegebedürftiger von rund sechs Jahren kommen auf die Familie Kosten von rund 140.000 Euro zu. Fast 40 Prozent aller stationär Pflegebedürftigen werden durch ihren Pflegefall sogar zu Sozialhilfe-Empfängern.

Die Unterhaltspflicht lasse sich durch eigene Altersvorsorge des gesunden Partners senken. Arbeitnehmer können im Normalfall fünf Prozent des Bruttogehalts anlegen, sofern kein Eigenheim und sonstiges nennenswertes Vermögen vorhanden ist. Unterm Strich könne die Vorsorge so bemessen sein, dass die Ansprüche samt zu erwartender Rente etwa 75 Prozent des im Leben erzielten Durchschnitts-Bruttoeinkommens sicherstellen.

Das Pflegefallrisiko wachse ab 75 exorbitant an. Dies werde inzwischen auch von der „Kinder-Generation“ als Bedrohung empfunden, die inzwischen stärker für die Eltern eine Pflegerente nachfragen.



Autor(en): Detlef Pohl

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