Wie Corona die Vertriebswege verändert, ist noch ungewiss. Echte Daten, ob Versicherungsmakler, Einfirmenvermittler oder der Direktvertrieb besser durch die Krise kommen, gibt es noch nicht. Erste Indizien sprechen aber für einen Abrieb bei der Ausschließlichkeit.
Der Schrumpfungstrend setzt sich fort. Auch zwischen Oktober 2019 und Juli 2020 zeigt die offizielle Vermittlerstatistik, dass es weniger Berufsträger gibt. Während sich die Vertreterzahl in diesem Zeitraum um 1,5 Prozent auf nun 145.590 Personen reduzierte, war der Abrieb bei Versicherungsmaklern mit 0,6 Prozent auf nun 46.073 Eingetragene weniger dramatisch.
"Noch wissen wir nicht, wie sich das "Social Distancing" während der Corona-Krise dauerhaft auswirkt", sagte Jörg Asmussen, Geschäftsführer beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bei der Vorstellung der Vertriebswegestatistik für 2019. Asmussen ist unsicher, ob Corona tatsächlich zu einem Digitalisierungsschub im Vertrieb führt. Denn im vergangenen Jahr entfiel wieder der größte Anteil des Versicherungsneugeschäftes unverändert auf Kanäle mit persönlichem Kontakt zu den Kunden.
Riester überwiegend über Vertreter
Einfirmenvermittler sorgen bei der geförderten Altersvorsorge für die Hälfte des Neugeschäfts. Riester-Verträge erreichen laut GDV die Kunden nur durch die Einbindung von Vermittlern. Das geht aus der Vertriebswegestatistik für das Jahr 2019 hervor. Nach Beitragssumme entfielen auf das Neugeschäft bei Riester 59,9 Prozent des Geschäftes auf Einfirmenvermittler und Mehrfachagenten. Demgegenüber hatten Makler einen Anteil von 25,5 Prozent und Kreditinstitute von 13 Prozent. Mit nur 0,9 Prozent werden über Internetkanäle und Vergleichsportale kaum Riester-Policen verkauft.
Insgesamt dominieren Einfirmenvermittler und Mehrfachagenten noch immer alle Vertriebswege. In Leben liegt ihr Anteil am Neugeschäft bei 45 Prozent, in Kranken bei 60,2 Prozent und in der Schaden- und Unfallversicherung bei 49,9 Prozent. Während die Vertreterschaft in Kranken und Komposit ihren Anteil leicht ausbaute, gelang das der Maklerschaft mit 29 gegenüber 28,6 Prozent in der Lebenssparte. In Kranken entfielen auf das Neugeschäft durch Makler 26,4 (im Vorjahr 26,9) Prozent und in Schaden und Unfall lag ihr Anteil bei 26,2 (25,9) Prozent.
Kfz oft über Portale
In der Kraftfahrzeugversicherung spielt laut GDV auch der Direktvertrieb eine signifikante Rolle. Kunden würden Kfz-Versicherungen oft direkt bei einem Versicherer etwa über die Internetseite der Assekuranz oder über ein Vergleichsportal abschließen. Knapp ein Fünftel des Neugeschäftsvolumens in der Kfz-Versicherung komme so zustande. Allerdings wäre der Anteil mit 19,3 Prozent erstmals leicht gesunken und so auf den Stand von 2017 zurückgefallen.
Die Welt könnte sich aber rasch ändern. So zeigt eine repräsentative Umfrage des Digitalverbandes Bitkom, dass bis 2030 die Bürger in Deutschland davon ausgehen, dass Versicherungen über große Online-Plattformen verkauft werden. Schon heute sagen fast drei von zehn Personen (29 Prozent), dass sie sich vorstellen können, eine Versicherung bei einem großen internationalen Digitalunternehmen abzuschließen. Unter den 18- bis 29-Jährigen ist der Anteil mit 42 Prozent sogar noch höher. Fragt man allerdings, was derzeit die wichtigsten Kriterien bei der Auswahl einer Versicherung sind, so stehen umfangreiche Leistungen (99 Prozent), niedrige Prämien (98 Prozent) und individuell anpassbare Produkte (98 Prozent) ganz oben. Demgegenüber sind Hausbesuche vom Berater mit 56 Prozent deutlich abgeschlagen.
Anrufe beim Kunden sind wieder Thema
Dass die Coronakrise den Kundenkontakt für Einfirmenvertreter deutlich erschwert hat, zeigen viele Mitgliederanfragen an den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) in Sachen telefonischer Kontaktaufnahme. Der BVK setzt sich daher in der aktuellen Ausgabe der „VersicherungsVermittlung“ intensiv mit der Möglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme auseinander und verweist auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (15 U 37/19), das die Grenzen für einen solchen Kontakt sehr eng gesetzt hat. Ohne ausdrückliche Genehmigung ist ein Anruf beim Kunden schnell unerlaubte Werbung. 93 Prozent der Kunden fühlen sich durch unaufgeforderte Anrufe belästigt, wie aus einer Studie des Beratungsunternehmens Sirius Campus hervorgeht. Weiterhin wird ein Brief - auch vom Vermittler - als Information von 75 Prozent der Kunden akzeptiert. Bei E-Mails liegt die Quote immerhin schon bei 65 Prozent.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek