VersVermV kann in Kraft treten

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Der Bundesrat hat Ende letzter Woche die Versicherungsvermittlungs-Verordnung ohne Änderungen verabschiedet. Was Vermittler jetzt konkret tun müssen.

Mit starker Verspätung kann nun endlich die Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung (VersVermV) in Kraft treten. Der Bundesrat machte den Weg jetzt frei, und in den nächsten wenigen Wochen dürfte die VersVermV ins Bundesgesetzblatt kommen und dann am Folgetag in Kraft treten.

Erstinformationen anpassen

Für Versicherungsvertreter und -makler entsteht nun kurzfristig Handlungsbedarf. Zunächst einmal müssen die Erstinformationen gegenüber Neukunden erweitert werden. Das können meist die Visitenkarten sein, aber auch Erstinformationen auf Informationsblättern, Imagebroschüren, E-Mail-Signaturen und insbesondere auch in Internetauftritten müssen angepasst werden.

Neu kommt hinzu anzugeben, "ob" man "Beratung anbietet". Das "ob" darf allerdings nicht als eine Wahlmöglichkeit missverstanden werden, denn der deutsche Gesetzgeber hat sich über die Europäische Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD überschießend entschieden, an einer allgemeinen Pflicht festzuhalten, in dem Umfang zu beraten wie ein Anlass besteht (§ 61 Absatz  1 VVG). Die IDD wäre mit Befragungs- und Aufklärungspflichten und einer Information, ob zusätzlich Beratung geboten wird, zufrieden gewesen- doch die vorgebliche "1 zu 1-Umsetzung" der Bundesregierung ist dem Gedanken nicht gefolgt. Somit muss nun jeder Vermittler zwingend angeben, "dass" er Beratung anbietet.

Neu aufzunehmen ist außerdem eine Information, welche Art Vergütung der Vermittler in Zusammenhang mit seiner Vermittlungstätigkeit erhält, also ob er Provision, Honorar oder sonstige Zuwendungen erhält. Die Höhe dagegen muss nicht genannt werden.

Weiterbildungsnachweise aufbewahren

Bereits seit 23. Februar 2018 besteht eine allgemeine Weiterbildungspflicht für alle Vermittler und alle Angestellten im Umfang von 15 Stunden pro Kalenderjahr. Nun ist mit dem neuen § 7 VersVermV auch klar, wie genau diese Weiterbildung auszusehen hat. Für Vermittler besonders wichtig ist, dass er eine Aufbewahrungspflicht für "Nachweise und Unterlagen" hat, mit denen er seine eigene Weiterbildung und diejenige seiner Angestellten auf Anordnung der Aufsichtsbehörde nachweisen kann.

Mindestens muss aus diesen Nachweisen zu erkennen sein, wer namentlich von wem genau weitergebildet wurde mit entsprechenden Kontaktdaten des Weiterbildungsanbieters, wann und in welchem zeitlichen Umfang dies erfolgt ist, und wie die Weiterbildungsmaßnahmen bezeichnet wurde. Diese Nachweise sind fünf Jahre auf einem dauerhaften Datenträger in den Geschäftsräumen aufzubewahren, wobei die fünf Jahre mit dem Ende des Kalenderjahrs beginnen, in dem diese Weiterbildungsmaßnahme jeweils durchgeführt wurde. Das heißt zum Beispiel, dass Teilnahmebescheinigungen zu Maßnahmen im Jahr 2018 bis einschließlich Ende 2023 aufzubewahren sind.

Eine eigenständige Information muss allerdings kein Vermittler an die Industrie- und Handelskammer schicken, sondern nur, wenn er von dieser aufgefordert wird eine Erklärung über seine Weiterbildung abzugeben. Bei erlaubnisfreien Vertretern, die nicht der IHK-, sondern der Aufsicht ihres Versicherers unterliegen, müssen im Vertretervertrag Regeln geschaffen und beachtet werden, wie der Vertreter dem Versicherer gegenüber Nachweise schafft.

Produktfreigabe-Informationen aufbewahren

Und es gibt eine weitere, neue Aufbewahrungspflicht. Vermittler dürfen seit 23 Februar 2018 neu entwickelte oder wesentlich überarbeitete Versicherungsprodukte nur vertreiben, wenn sie vom Versicherer die Angaben aus dessen Produktfreigabeverfahren erhalten haben. Da auch hier im Zweifel eine Nachweispflicht besteht, muss der Vermittler die wohl in der Regel per Rundschreiben der Versicherer bekanntgegebenen Ergebnisse des Produktfreigabeverfahrens ebenfalls sammeln und aufbewahren.

Vermittler dürfen ihre eigenen Angestellten oder ihre Untervermittler nicht in einer Weise vergüten oder bewerten, dass diese falschen Anreizen unterliegen und gegen das bestmögliche Interesse ihrer Kunden handeln. Hier kann man nur den Rat geben, insbesondere auf reine Produktwettbewerbe und auf einzelne Produkte bezogenen Sondervergütungen, auf produktionsabhängige Staffelvergütungen oder übertrieben hohe Vergütungen zu verzichten sowie Vergütungen nicht ausschließlich für den ersten Abschluss, sondern in einem bedeutenden Anteil auch laufend während der Vertragslaufzeit abhängig von der Aufrechterhaltung des Vertrags zu zahlen.

Qualitätssicherung einführen und dokumentieren

Sollten trotzdem weiter Sondervergütungen, Wettbewerbe und Incentives eingesetzt werden, sollte der Vermittler eine Dokumentation anlegen und aufbewahren, ob und mit welchem Ergebnis er geprüft hat, dass diese Anreize nicht gegen das bestmögliche Kundeninteresse verstoßen. Insbesondere sollte er auch Maßnahmen erwägen, durchführen und dokumentieren, mit denen er die Qualität der Beratung seiner Mitarbeiter oder Untervermittler sicherstellt. Das können zum Beispiel stichprobenartige Überprüfungen der Beratungsdokumentationen und Qualitätssicherungsgespräche mit Kunden sein.

Auch für den Umgang mit Beschwerden soll es einen Leitfaden geben, wer für die Beschwerdebearbeitung zuständig ist, und wie im Einzelnen mit einer Beschwerde umzugehen ist. Näheres findet sich in § 17 VersVermV. Zur eigenen Sicherheit sollte der Vermittler seine Mitarbeiter und Untervermittler ebenfalls unterweisen und eine Dokumentation aufbewahren, dass diese die Beschwerdeleitlinie kennengelernt haben und sich zur Beachtung verpflichtet haben. Das könnte ein Vermittler auch gleich zu einer nach § 7 VersVermV anrechnungsfähigen Weiterbildungsmaßnahme nutzen.

Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten

Besondere Regeln müssen Vermittler schließlich noch für den Umgang mit Versicherungsanlageprodukten, im Wesentlichen also Schicht drei-Lebens- und Rentenversicherungen, beachten. Hier sollen Interessenkonflikte durch angemessene Maßnahmen erkannt und vermieden oder über unvermeidbare Interessenkonflikte der Kunde informiert werden. Vergütungen für solche Produkte dürfen sich nicht nachteilig auf die Qualität der Dienstleistung auswirken, das heißt, die oben schon angesprochenen Qualitätssicherungsmaßnahmen zur Vermeidung eines provisions- oder sonstigen anreizgetriebenen Verkaufs weniger gut geeigneter Versicherungsanlageprodukte sind hier ganz besonders wichtig.

Im Ergebnis läuft die VersVermV damit auf einen deutlich gestiegenen Dokumentationsaufwand hinaus, den aber Vermittler auch nutzen sollten, ihre eigenen Geschäftsprozesse sowie die Verträge mit Mitarbeitern und Untervermittlern auf den Prüfstand zu stellen. Wenn dabei im Ergebnis ein deutlich stärker und sinnvoller strukturierter Beratungsprozess entsteht, hat der Vermittler im Ergebnis einen wirtschaftlichen Nutzen. Man könnte auch sagen, dass es sich "lohnt", sich mit der VersVermV intensiv und konstruktiv auseinanderzusetzen.

Autor(en): Matthias Beenken

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