Die Anteilseigner der Provinzial Rheinland Versicherungen und des Provinzial Nordwest Konzerns wollen fusionieren. Dafür haben sie einen gemeinsamen Vorschlag für eine mögliche Fusion erarbeitet. Die Inhalte des so genannten Memorandums of Understanding sollen den Gremien der Anteilseigner sowie den Aufsichtsräten der beiden Versicherer baldmöglichst vorgestellt werden.
Durch eine Fusion der beiden Häuser entstünde der größte öffentliche Komposit- und Le-bensversicherer mit einem Beitragsvolumen von fast sechs Milliarden Euro. Die typischen Fusionsrisiken werden als gering eingeschätzt, da die beiden zu verschmelzenden größten Komposit-Gesellschaften, Westfälische Provinzial und Provinzial Rheinland, in Westfalen und im Rheinland bereits heute unter einer einheitlichen Marke in überschneidungsfreien Vertriebsregionen operieren.
Beide Gruppen befürworten die Fusion, denn sie „liegt in ihrem unternehmerischen Interesse“.
Diese Faktoren soll die neue Gesellschaft auszeichnen:
- Die neue Gesellschaft ist eine AG. Die Provinzial Rheinland Holding bleibt auf rheinischer Seite als Zwischenholding bestehen.
- Die Holding des fusionierten Instituts wird in Münster angesiedelt, der Sitz des gemeinsamen Kompositversicherers mit dem Vertriebsgeschäft in Düsseldorf.
- In Kiel wird aufgrund des öffentlich-rechtlichen Vertrages mit dem Land Schleswig-Holstein der Sitz einer Lebensversicherung und der Provinzial Nord Brandkasse AG sein. Die Schwerpunktaktivitäten der Provinzial in Rheinland-Pfalz sind zumindest beizubehalten, möglichst auszubauen.
- Alle anderen Standorte (Detmold, Hamburg) sind regionale Niederlassungen mit operativen Funktionen.
- Eine gleichgewichtige Besetzung der Aufsichtsräte zwischen den heutigen Provinzial Nordwest Holding und den künftigen Provinzial Rheinland Holding-Anteilseignern wird angestrebt.
- Verständigung über den Besetzungsmodus des Aufsichtsratsvorsitzes der Holding.
- Verständigung über die Grundsätze der Vorstandsbesetzung auf der Holdingebene.
Finales Ziel: Die Fusion soll rückwirkend zum 1. Januar 2019 umgesetzt werden.
Versicherungsgruppe mit öffentlichen Auftrag und wichtiger Rolle in der Versicherungslandschaft
Dr. Wolfgang Breuer, Vorstandsvorsitzender der Provinzial Nordwest sieht die Fusion nur als logische Konsequenz des bestehenden Konstrukts. O-Ton Breuer: „Die beiden Provinzial-Gruppen sind bereits sehr lange eng miteinander verbunden. Wir teilen uns die Marke, haben die gleichen Werte und einen Stammsitz im gleichen Bundesland. Durch ein weiteres Zusammenrücken entstünde eine starke Versicherungsgruppe, die mit ihrem öffentlichen Auftrag eine bedeutsame Rolle in der Versicherungslandschaft Nordrhein-Westfalens spielen wird."
Sein Vorstandskollege der Provinzial Rheinland, Patric Fedlmeier, plädiert aus Kostengründen für die Fusion. Da der Druck durch die großen finanzpolitischen Probleme, so die Niedrigzinsphase, auch auf die Öffentlichen Versicherer merklich zugenommen habe, seien die Fusionspläne ein Schritt in die richtige Richtung. So glaubt er: „Eine Fusion kann einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung und Steigerung der Ertragskraft, der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplätze beider Provinzial-Gruppen leisten."
Gewerkschaft Verdi fühlt sich übergangen und kündigt Gegenwehr an
Doch die Gewerkschaft Verdi sieht dies etwas anders und sträubt sich gegen die geplante Fusion der öffentlichen Versicherer Provinzial Rheinland und Provinzial Nordwest. Verdi ist anscheinend nicht grundsätzlich gegen eine Fusion, will aber bei der finalen Entscheidung ein Wörtchen mitreden. Frank Fassin, Fachbereichsleiter Finanzdienstleistungen von Verdi in Nordrhein-Westfalen, formulierte drei Bedingungen für eine Zustimmung der Gewerkschaft.
Was zuvor geschah
Die Eigner der beiden Provinzial-Versicherungsgruppen in Münster und Düsseldorf wollten die Unternehmen zum 1. Januar 2019 fusionieren. So jedenfalls der Plan von Liane Buchholz, die Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe. Doch das Vorhaben könnte nun doch noch scheitern.
Die Arbeitnehmervertreter fühlen sich der Verbandsfrau überrannt und schalten auf Abwehr. „Die Aussagen haben uns ausgesprochen überrascht“, sagte Frank Fassin, der im Aufsichtsrat der Provinzial Nordwest die Arbeitnehmervertreter vertritt, dem Handelsblatt. Seine trotzige Reaktion darauf: „Wir werden die Fusion bekämpfen.“
Mit dem Vorgänger von Buchholz, Matthias Löb, hätte die Arbeitnehmerseite noch ausgemacht, dass sie frühzeitig in die Planungen einbezogen würden. Doch dieses Versprechen scheint nach Ansicht der Gewerkschafter nun gebrochen zu sein.
Vorab-Gespräche mit der Politik seitens der Gewerkschaft missbilligt
Ein Grund für den Unmut: Die Arbeitnehmervertreter sind verstimmt, dass die Eigentümer bereits Gespräche mit der Politik geführt hätten, bevor eine grundsätzliche Vereinbarung mit der Gewerkschaft geschlossen worden sei.
Die Arbeitnehmervertreter befürchten, dass der öffentliche Auftrag der Versicherer nach der Fusion nicht mehr so besteht wie bislang. Diese Befürchtung sehen sie dadurch begründet, dass das neue Unternehmen eine AG werden soll. Das wäre eine einschneidende Veränderung: Die Rheinische Provinzial in Düsseldorf ist bislang eine Anstalt öffentlichen Rechts, bei der Sparkassen und Landschaftsverband streng genommen keine Besitzer sind, sondern Gewährträger. Dagegen ist die Provinzial Nordwest in Münster bereits eine Aktiengesellschaft und gehört den Sparkassen und dem Verband.
Möglicher Stellenabbau befürchtet
Und was bei einer derartigen Fusion immer möglich ist, befürchten die Gewerkschafter natürlich auch: einen Stellenverlust. Die Arbeitnehmer wollen deshalb auf eine Stellen- und Standortgarantie pochen. Sie befürchten vor allem, dass der kleine Lebensversicherer der Provinzial Nordwest mit Sitz in Kiel mit der größeren Schwester in Düsseldorf zusammengelegt wird. Die mögliche Folge: Zahlreiche Stellen im Norden stehen zur Disposition.
Quellen: Provinzial Rheinland Versicherung AG, Handelsblatt, Versicherungsmonitor
Autor(en): Versicherungsmagazin