Stresstest: Drei sind durchgefallen

Im nächsten Jahr müsse man auf niedrigere Überschüsse in der Lebensversicherung gefasst sein, betonte Thomas Steffen, der bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die LV-Branche zuständig ist. Die Aufsichtsbehörde legte in diesen Tagen ihren Geschäftsbericht 2004 vor. Die Situation der deutschen Versicherer habe sich gefestigt, heißt es darin. Doch drei Lebensversicherer sind auch jetzt wieder bei einer oder allen Varianten des Stresstests durchgefallen.

Während es in der Branche ein offenes Geheimnis zu sein scheint, dass die Inter Versicherungsgruppe, Mannheim, eine von den dreien ist, die den Stresstest, den die BaFin gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft erarbeitete, nicht bestanden hat, hüllen sich Amt und Betroffene in schweigen.

Zuvor hatten die Axa Lebensversicherung und die Gothaer Lebensversicherung, beide Köln, bereits zugegeben, dass für sie nach BaFin-Auslegung die Hürden bei den drei Varianten des Stresstests zu hoch waren. Steffen dazu: „Über Namen reden wir nicht.“

Die Stresstests, die nach den Börsen-Turbulenzen der letzten Jahre als Frühwarnsystem begriffen werden sollen, beinhalten in drei Schwierigkeitsstufen Modellrechnungen, in denen sich die Versicherer einem Szenario von gleichzeitig schwachen Börsen- und Anleihemärkten ausgesetzt fühlen sollen.

Die Axa soll nur beim Test „A 35“ unbefriedigend abgeschnitten haben. Die Gothaer musste sich bei allen drei Testprogrammen „R 10 + A 35 + RA 25“ geschlagen geben. Die BaFin fordert bei Nichtbestehen der Tests automatisch dazu auf, die Kapitalanlagestrategie im Unternehmen zu ändern. Doch davon wollen Axa und Gothaer nichts wissen. Vielmehr weisen sie die Kritik der BaFin als ungerechtfertigt zurück.

Die Gothaer Leben kritisiert die Art der Stresstests insgesamt, weil die BaFin alternative Anlageformen wie Hedgefonds und Private-Equitiy-Investments den Anlagen in Aktien gleichstelle. Die Gothaer Manager sehen das als nicht gerechtfertigt an. Allerdings hat ein Gothaer Sprecher einem Bericht der Financial Times Deutschland zufolge erklärt, dass die Unternehmensgruppe trotz weitreichender Verbesserungen „kostenseitig noch nicht benchmarkfähig“ sei.

Vor Journalisten machten Steffen und auch BaFin-Präsident Jochen Sanio deutlich, dass man sich wegen des derzeit herrschenden niedrigen Zinsniveaus und der steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung Sorgen mache. „die Unternehmen müssen deshalb bei der Zuweisung von Überschüssen vorsichtig sein.“

Niedrigere Überschüsse in der Lebensversicherung im kommenden Jahr seien passender. Es gebe keine „echten Wackelkandidaten“, aber immerhin drei Gesellschaften, die mit ihren Kapitalanlagen nicht ganz im Reinen seien. Wegen der niedrigen Zinsen sollten die Unternehmen bei der Zuweisung von Überschüssen vorsichtiger sein, forderte Jochen Sanio. Seiner Meinung nach ist der aktuelle Garantiezins von 2,75 Prozent „eindeutig zu hoch“. Eine weitere Gefahr bergen die Garantiesätze aus früheren Jahren in den alten Beständen. Sie betragen teilweise bis zu vier Prozent. Wenn das noch mit der längeren Lebenserwartung der Versicherten zusammentrifft, würden die Garantien kaum zu halten sein. Sanio: „Ich hätte nichts dagegen, wenn jemand versuchen würde, die Garantien zu beschneiden.“ Wichtig sei aber darauf zu achten: „Wo Garantie draufsteht, muss Garantie drin sein.“ Deshalb warnte er vor „ungenauen Vertragsklauseln“.

Alles in allem sei aber das Jahr 2004 das Jahr der Entspannung für die Versicherungsbranche gewesen. Auch die Urteile der Ratingagenturen hätten sich leicht verbessert. Die Lebensversicherungsbranche habe sich 2004 weiterhin von den Auswirkungen der Kapitalmarktkrise - genauso wie von der „reputationsschädigenden Beinahe-Insolvenz der Mannheimer Lebensversicherung“ - erholt.

Autor(en): Ellen Bocquel

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