Versicherungsvermittler können sich über das jetzige IDD-Umsetzungsgesetz freuen: Die intensiven Proteste gegen das weitgehende Verbot, Honorare anzunehmen, hat gefruchtet. Aber nicht nur sie sind die Gewinner der politischen Kehrtwende.
Der Satz „Der Versicherungsvermittler darf sich seine Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar nur durch ein Versicherungsunternehmen vergüten lassen“ wurde aus § 34d Abs. 1 GewO wieder gestrichen. Damit können Vermittler weiterhin Nettotarife gegen ein erfolgsabhängiges Honorar vermitteln. Das hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition in der vergangenen Nacht beschlossen (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/130/1813009.pdf). Ein Entschließungsantrag der Grünen (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/130/1813021.pdf) wurde hingegen abgelehnt, in dem unter anderem die Pflicht für Versicherer zum Angebot von Nettotarifen, der vollständigen Durchleitung von Vermittlungskosten außer einem "verursachungsgerechten" Abschlag im Fall der Honorarvermittlung, die Aufhebung des Provisionsabgabeverbots und die Übertragung der gesamten Aufsichtspflicht über Vermittler auf die BaFin gefordert wurden.
Außergerichtliche Vertretung bleibt Versicherungsberatern vorbehalten
Ansonsten bleibt es bei der bisherigen Regelung, dass Versicherungsmakler bei der nicht erfolgsabhängigen, reinen Rechtsberatung nicht vollständig den Versicherungsberatern gleichgestellt sind, sondern diese nur Nicht-Verbrauchern gegen ein Honorar erbringen dürfen. Auch die außergerichtliche Vertretung bleibt Versicherungsberatern vorbehalten. Der Versuch, Versicherungsvermittler in die Erlaubnis eines Versicherungsberaters zu drängen, weil nur dieser eine freiere Vergütungsgestaltung wählen kann, ist damit vorerst gescheitert.
Mit Verbraucherschutz haben allerdings alle diese Regelungen wenig zu tun, sowohl der ursprüngliche als auch der jetzt beschlossene Stand. Denn Leitplanken für die Vergütungsgestaltung mit Honoraren bezüglich deren Höhe und der Stornohaftung bei Einmalzahlung nach Art einer Abschlussprovision oder -courtage gibt es weiterhin nicht.
Autoverkäufer müssen sich nicht weiterbilden
Eine Ausnahme wurde für Annexvertriebe eingefügt. Sofern diese eine juristische Person sind, müssen sie nicht alle an der Versicherungsvermittlung mitwirkenden Personen 15 Stunden im Jahr weiterbilden. Es genügt, wenn dies von einer angemessenen Zahl von vertretungsberechtigten und zur Aufsicht über die an der Vermittlung mitwirkenden Personen verpflichtet sind geleistet wird. Vor allem der Autohandel wird sich über dieses Geschenk freuen. Ob es wirklich mit der Richtlinie IDD konform ist, wird sicher noch geprüft werden müssen.
Der Bundestag hat sich bei der Verordnung, die nach § 34e GewO zu erlassen hat, ein Vetorecht einräumen lassen. Noch bevor die Vermittlungs- bzw. Vertriebsverordnung dem Bundesrat zugeht, soll sie dem Bundestag vorgelegt werden und kann von diesem innerhalb von drei Wochen geändert oder abgelehnt werden.
Statt Schriftform reicht Textform
Die Ausnahme der Versicherer von der Beratungspflicht bei Makler-vermittelten Verträgen nach § 6 Absatz 6 VVG bleibt nun doch bestehen. Auch damit wurde einer Kritik der Maklerverbände Rechnung getragen, die eine Doppelberatungspflicht befürchtet hatten. Dagegen bleibt es gegen den Willen der Versicherer bei der Streichung des Ausschlusses von den Beratungspflichten im Fall der Fernabsatzverträge. Nur der Verzicht wird erleichtert, statt Schriftform soll die Textform reichen. Das gilt nun ausdrücklich auch für Vermittler nach § 61 Absatz 2 VVG.
Zweite Widerrufsbelehrung nach einer Woche
Der Streit um die Restschuldversicherung, der durch die vergangene Woche veröffentlichte Studie der BaFin befördert wurde, nach der einzelne Versicherer bis zu über 70 Prozent Provisionen in solche Produkte einkalkulieren, hat den Wirtschaftsausschuss zu einer weiteren Ergänzung bewogen. Ein neuer § 7a Absatz 5 VVG bestimmt, dass Versicherer bei Restschuldversicherungen, die in einem Paket mit einer Finanzierung angeboten werden, dem Kunden eine Woche nach Antragsunterschrift ein zweites Mal eine Information über sein Widerrufsrecht sowie das Produktinformationsblatt zuleiten müssen.
Die Widerrufsfrist des Kunden beginnt erst mit dieser zweiten Zusendung zu laufen. So soll der Kunde die Gelegenheit erhalten, unabhängig von der Kreditentscheidung noch einmal in Ruhe über die verbundene Versicherung nachzudenken. Diese Kröte für die Versicherungswirtschaft wäre vermeidbar gewesen, wenn die entsprechenden Anbieter und deren vermittelnde Banken aus dem Skandal um die Restschuldversicherung in Großbritannien gelernt hätten. Hier musste eine zweistellige Millionenzahl von Verträgen gerichtlich rückabgewickelt werden, und eine zweistellige Milliardensumme Britische Pfund an Schadenersatzleistungen sind bislang geflossen. Das alles scheint einige deutsche Akteure wenig gestört zu haben.
Neuer Paragraf kommt dazu
Neu eingefügt wird ein § 7d VVG, „Beratung, Information und Widerruf bei bestimmten Gruppenversicherungen“. Auch hierbei geht es um die Restschuldversicherung. Der Versicherer soll hier den Kunden auch dann informieren müssen, wenn er als versicherte Person in einen Gruppenvertrag eingeschlossen wird.
Das IDD-Umsetzungsgesetz wird nun mit Fristverkürzung an den Bundesrat weitergeleitet, damit dieser es in der Sitzung am 7.7.2017 verabschieden kann. Das Gesetz kann dann zeitnah nach Unterschrift des Bundespräsidenten und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt noch im Sommer in Kraft treten.
Autor(en): Matthias Beenken