Single-Selbstständige von Altersarmut bedroht

Der Anteil der Selbstständigen ohne eigene Mitarbeiter nimmt in Deutschland stetig zu. Wie die berichtet, wuchs ihre Zahl zwischen 1991 und 2005 auf 2,29 Millionen an. Viele von ihnen verfügen nur über ein kleines monatliches Einkommen und betreiben daher oft keine oder nur eine mangelhafte Vorsorge, so das Ergebnis einer Befragung. Daher droht manchem Single-Selbstständigen später die Altersarmut. Bert Rürup, Leiter des Sozialpolitischen Beirats des Kölner Versicherers, fordert Maßnahmen, um diese Gruppe „nicht weiter durch die Maschen des Systems der Alterssicherung fallen zu lassen“.

Wie die Gothaer in ihrer Studie herausfand, legt weniger als die Hälfte der Solo-Selbstständigen mit einem Einkommen unter 1.000 Euro Geld für die Altersvorsorge zurück. Bei jedem Dritten in der Altersgruppe zwischen 20 und 29 Jahren wird überhaupt nichts für das Alter gespart. Knapp ein Drittel derjenigen, die Altersvorsorge betreiben, ist die finanzielle Absicherung zwischen 50 und 150 Euro im Monat wert.

Gesetzliche Rente unbeliebt
Obwohl die Angst vor Altersarmut groß ist, lehnen zwei Drittel der Befragten eine staatliche Pflichtversicherung ab. 86 Prozent würden in diesem Fall die Einzahlung der Beiträge in eine private Altersvorsorge der gesetzlichen Rentenversicherung vorziehen. Die mit Abstand beliebteste Form der Altersvorsorge sei dabei die private Lebens- oder Rentenversicherung, die von fast drei Vierteln aller Befragten bevorzugt werde, so der Versicherer.

Referenten stellen im Beitrat kontroverse Lösungen vor
Herbert Rische, Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund, spricht sich in der aktuellen Diskussion für eine Einbeziehung dieser Gruppe in die gesetzliche Rentenversicherung aus. Für Peter Schwark, Geschäftsführer im Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV), sei eine verpflichtende Altersversorgung für Selbständige allerdings nur letztes Mittel. Denn ein Zwang zur Vorsorge könne schnell zur Hürde für den Schritt in die Selbstständigkeit werden. Vor allem in der Gründungsphase sei die Belastung mit Zwangsbeiträgen nicht zu tragen, meint Schwark.

Im Bundesministerium für Arbeit und Soziales arbeite man derzeit an verschiedenen Lösungsansätzen, erklärt Günter Horetzky. So wolle man in den kommenden Monaten verschiedene Modelle mit Experten diskutieren, um einer drohenden Altersarmut nicht nur der Solo-Selbständigen zu begegnen.

„Die derzeitigen staatlichen Systeme orientieren sich an der Art der Erwerbstätigkeit. Wir haben Systeme für die verschiedenen Gruppen von Erwerbstätigen wie für Arbeitnehmer, Landwirte oder Freiberufler wie Rechtsanwälte. Die Gruppe der Selbständigen fällt aber durch alle Maschen dieses Systems. Ihnen ist sogar der direkte Zugang zur Riester-Rente verwehrt“, so der Wirtschaftsexperte Rürup. Die zunehmende Zahl der Solo-Selbständigen und die mangelnde Vorsorge vor allem junger Selbständiger sei daher eine tickende Zeitbombe.

Riester auch für Single-Selbstständige
Daher fordert der Sozialpolitische Beirat der Gothaer die Riester-Förderung auch für die Single-Selbstständigen zu öffnen. Die Förderung über Zulagen bei der Riester-Rente habe ihre Funktionsfähigkeit zum Aufbau einer privaten, kapitalgedeckten Altersvorsorge zwischenzeitlich bewiesen, erklärte Helmut Hofmeier, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Lebensversicherung. „Wenn wir jetzt den Aufbau einer Altersversorgung für diese Menschen fördern, verringern wir das Risiko, dass sie Bezieher der steuerfinanzierten Grundsicherung werden und entlasten damit die zukünftigen Steuerzahler“, ergänzt Rürup.

Hintergrund
Der Sozialpolitische Beirat der Gothaer wurde im Jahre 2005 gegründet. Er tagt zweimal pro Jahr unter Leitung von Bert Rürup, dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Verschiedene Sachverständige und Experten diskutieren aktuelle sozialpolitische Themen und geben Handlungsempfehlungen an die Politik.


Foto: Gothaer

Autor(en): Angelika Breinich-Schilly

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