Rürup will Krankengeld auslagern

Die Arbeitsgruppe "Krankenversicherung" der so genannten Rürup-Kommission hat sich jetzt auf einen Kompromiss geeinigt und am Mittwoch den 9.April 2003 ihre ersten Reformvorschläge vorgestellt. Mit diesen Reformvorschlägen sollen die gesetzlichen Krankenkassen kurzfristige um 24 Milliarden Euro entlastet werden und der Beitragssatz von derzeit durchschnittlich 14,5 Prozent zum 1. Januar 2004 um 2,4 Prozentpunkte gesenkt werden, sagte Kommissionschef Bert Rürup am Mittwoch in Berlin.


Die wichtigsten Einsparungen


Auslagerung des Krankengeldes
Zu den wichtigsten Einsparungen, die bereits zum 1. Januar 2004 umgesetzt werden sollen gehört laut Rürup die "Privatisierung des Krankengeldes". Das Krankengeld soll dabei aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen herausgenommen werden und muss dann extra versichert werden. Offen bleibt allerdings wo das Krankengeld dann extra versichert werden kann. Die gesetzlichen Krankenkassen wollen nämlich dann, genauso wie die privaten Krankenversicherer, zur Absicherung des Krankengeldes entsprechende Zusatzpolicen anbieten. Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV Verband) hat schon ein entsprechendes Modell vorgestellt.

15 Euro pro Arztbesuch
Eine bittere Pille sollen künftig Kassenpatienten schlucken. Denn um Anreize für ein kostenbewusstes Verhalten zu schaffen, sollen Kassenpatienten pro Arztbesuch künftig 15 Euro Gebühr bezahlen. Eine Ausnahmen gilt für chronisch Kranke, bei Unfällen und für Kinder.


Keine Leistungen mehr bei Schwangerschaft und Mutterschutz
Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschutz sowie das Sterbegeld sollen die gesetzlichen Krankenkassen künftig nicht mehr übernehmen. Die Leistungen sollen künftig aus Steuermitteln finanziert werden.


Höhere Eigenbeteiligung für Arzneimittel und beim Zahnersatz
Bei Arzneimitteln sollen Kassenpatienten künftig eine höhere Eigenbeteiligung selbst tragen.
Vorgesehen ist auch eine Zuzahlung von 100 Prozent für nicht verschreibungspflichtige Medikamente.
Auch beim Zahnersatz sollen Patienten künftig tiefer in die Tasche greifen und mehr selbst zuzahlen.


Aufhebung der Preisbindung für Generika
Die Preisbindung für Generika soll aufgehoben werden.


Zwei Modelle zur Finanzierung der Beiträge
Keine Einigung konnte die Kommission allerdings bei der langfristige Reform der Finanzierung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung finden. Sie ist laut Rürup aber innerhalb der nächsten zehn Jahre unumgänglich. Die Kommission will daher Ministerin Ulla Schmidt zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung bis Ende Mai 2003 zwei ausformulierte Modelle präsentieren. Zwischen diesen beiden Vorschlägen müsse die Politik nun eine "Werteentscheidung" fällen, sagte Rürup.


Modell 1: Einbeziehung aller Einkünfte Nach dem einen Modell würden künftig alle Erwerbstätigen, also auch Freiberufler, in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen und Beiträge auch auf Nebeneinkünfte und Zins- und Mieteinnahmen fällig (Erwerbstätigenversicherung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit). Für dieses Modell plädiert das Kommissionsmitglied Karl Lautenbach.


Modell 2: Kopfprämien statt prozentuale Beiträge vom Einkommen
Rürup selbst plädiert dagegen für Kopfpauschalen. Nach diesem zweiten Modell würde statt der bisherigen prozentualen Beiträge vom Erwerbseinkommen eine Kopfprämie pro Bürger fällig. Bei diesem so genannten Gesundheitsprämienkonzept würde die Krankenversicherung von den Löhnen abkoppeln werden. Jeder Erwachsene zahlt bei diesem Modell unabhängig von seinem Einkommen einen einheitlichen Beitrag von beispielsweise 200 Euro.

Alle diese Vorschläge sollen in die Gesundheitsreform einfließen, die Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) im Mai präsentieren will.

Quelle: Helmut Zermin

Autor(en): jg

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