Drei von vier europäischen Versicherungsunternehmen erwarten, dass das Zusammenwirken geopolitischer Spannungen, hoher Inflationsraten und steigender Rezessionserwartungen den digitalen Wandel ihrer Branche forcieren wird.
Der digitale Wandel der Versicherungsbranche wird zu einem deutlichen Ausbau der bereits laufenden Automatisierungsprogramme und einer verstärkten Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern führen. So die zentralen Ergebnisse einer Expertenbefragung, die das weltweit tätige Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Information Services Group (ISG) unter 200 Business-Entscheidern und IT-Experten der europäischen Versicherungswirtschaft durchgeführt hat.
Genauerer Blick auf betriebswirtschaftliche Folgen der Krisen
Wie stark der Handlungsdruck aus Sicht der Versicherungsunternehmen wächst, zeigt ein genauerer Blick auf die betriebswirtschaftlichen Folgen der oben genannten Krisen. Für eine Mehrheit der Befragten wächst die Wahrscheinlichkeit, dass es sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr zu einem merklichen Rückgang der Prämieneinnahmen kommen könnte.
Parallel dazu wird ein weiterer Anstieg der betrieblichen Ausgaben erwartet. Haupttreiber sind die inflationsbedingt steigenden Güter- und Dienstleistungspreise, die vor allem die Schadensregulierung belasten werden. Zudem erschwert das stark gestiegene Zinsniveau die Refinanzierung. Als weitere Risikofaktoren gelten die zunehmende Volatilität an den Finanzmärkten, der starke Anstieg der Cyberbedrohungen und die sich zuspitzende Klimakrise.
Bestandskundenbindung ist wichtiges Kriterium
94 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass wichtigste Aufgabe in den kommenden zwei Jahre sein wird, Neukunden zu gewinnen. Ähnlich hohe Bedeutung messen die Befragten dem Thema Bestandskundenbindung bei. Dementsprechend forcieren die Unternehmen die Entwicklung digital ausgerichteter Geschäftsmodelle und erhöhen den Einsatz von Technologien, die zu einem besseren Kundenerlebnis und zu einer geringeren Kostenquote führen.
Zwei von drei Befragten messen dem Thema Kostensenkung ebenfalls eine hohe Priorität bei. In einer geringeren Kostenquote sehen sie eine der zentralen Voraussetzungen dafür, Bestandskunden besser binden und die Ertragslage ihrer Unternehmen zumindest halten zu können. Denn vor dem Hintergrund der sich schwächelnden Konjunktur wächst die Bereitschaft der Kunden, auf Policen zu wechseln, die zwar nur eine Grundversorgung bieten, dafür aber wesentlich preisgünstiger sind. Der Trend zu einer höheren Preissensibilität wird dazu führen, dass Versicherungsunternehmen ihre Preispolitik, ihr Produktangebot und ihr prozessuales Vorgehen noch einmal überdenken müssen. Als mögliche Wege zur Kostensenkung werden zum Beispiel Verbesserungen im Underwriting, eine hochpersonalisierte Risikobewertung und ein aktiveres Bestandsmanagement diskutiert.
Ausbau bisheriger Roadmaps als äußerst wichtig erachtet
In Anbetracht der aktuellen Lage steht bei den Unternehmen die weitere Automatisierung ihrer Geschäftsprozesse auf der Agenda. 95 Prozent der Befragten erachten den Ausbau ihrer bisherigen Roadmaps für dringlich. Vorrangiges Ziel ist es, die Prozesskosten zu senken und die Qualität der Kundenerfahrungen zu verbessern. Außerdem haben vier von fünf Versicherern konkrete Pläne, das Web 3.0 in ihrer Wertschöpfung zu nutzen. Doch konzentriert sich die Mehrzahl der Unternehmen auf eher kleinere Projekte. Weitere 30 Prozent berichten über mittelgroße Vorhaben.
Quelle: ISG
Autor(en): versicherungsmagazin.de