Radschutz: Kleingedrucktes selbst prüfen?

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Radbesitzerinnen und Radbesitzer sollen nach Ansicht der Verbraucherzentrale Hamburg das „Kleingedruckte“ in den Fahrradpolicen selbst prüfen. Es gebe sehr unterschiedliche Leistungen. Der Rat ist eine schlechte Hilfe. Denn die Bedingungen dürften für Laien wenig verständlich sein. Wer eine Marktorientierung sucht, sollte sich an eine Versicherungsmaklerin oder einen Versicherungsmakler wenden.

Die Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Hamburg (VZ HH) vom 30. Juli 2024 „Fahrradversicherungen: Das Kleingedruckte in den Verträgen prüfen“ bringt keine wirkliche Aufklärung zum Radversicherungsschutz. So unterscheidet die Mitteilung der Verbraucherschützer überhaupt nicht zwischen Radschutz in der Hausratversicherung und Solo-Fahrradversicherungen. Bekanntlich kann die Hausratversicherung mit einem Extra-Baustein erweitert werden. Dann ist neben dem grundsätzlich abgesicherten Einbruchdiebstahl auch der Diebstahl von Fahrrädern unterwegs mitversichert. Das gilt bei aktuellen Bedingungen rund um die Uhr – ohne den früheren Nachtzeitausschluss.

Mit der Aussage „einige Verträge leisten nach einigen Jahren nur noch den Zeitwert und nicht mehr den Neuwert des gestohlenen Fahrrades“, stiftet Sandra Klug von der VZ HH deutliche Verwirrung. Die Hausratversicherung zahlt weiterhin immer den Neuwert eines Fahrrads. Anders ist das bei Solo-Fahrrad-Policen. Hier kann es tatsächlich noch Bedingungen am Markt geben, bei denen etwa über eine sogenannte Zeitstaffel der Entschädigungsanspruch sinkt. Die Solo-Fahrradversicherungen zahlen aber niemals den Neuwert. Sondern leisten in aller Regel nur bis zum Versicherungswert. Das ist in der Regel der Kaufpreis des Fahrrades inklusiv Zubehör, wie Schloss und Helm.

Wertsteigerung bei Solo-Rad-Policen mitversichert  

Was die Verbraucherschützer aber scheinbar nicht wissen: Mittlerweile haben viele Solo-Radversicherer einen sogenannten Teuerungsschutz eingebaut. Damit verbessern sich diese Tarife, weil sie Wertsteigerungen mitversichert. Diese Leistung liegt im Trend. Wird ein Rad oder ein Pedelec, also ein E-Bike ohne Versicherungspflicht, gestohlen, tragen diese Assekuranzen bis zu einem gewissen Umfang Preissteigerungen beim Neukauf mit. Und die sind im Rad-Markt aufgrund von Lieferengpässen und deutlich höheren Rohstoffpreisen nicht so selten.

So können die Kunden beispielsweise bei Ammerländer, Barmenia, Huk 24 und Janitos bis zu 20 Prozent Preissteigerung gelten machen, wenn sie ihr entwendetes Rad neu beim Händler kaufen. Bei der Alteos, Bike Assekuranz, GVO, Häger und Hepster sind es 15 Prozent und bei Allianz und Andsafe immerhin noch zehn Prozent.

Der Extra-Schutz geht weiter

Eine Extra-Fahrradversicherung ist längst viel sinnvoller als die Hausratpolice. In der Hausrat kann ein Zusatzbaustein recht teuer sein. Aufschläge von über 50 Prozent der Prämie sind möglich, wenn nur fünf Prozent der Versicherungssumme abgesichert wird. Für hochwertige Räder reicht das aber oft nicht aus. So liegt der Schutz bei eine 80 Quadratmeter großen Wohnung dann nur bei 2.600 Euro (5 Prozent von 52.000 Euro Versicherungssumme). Bei Spezialpolicen können oft Räder und Pedelecs bis 15.000 Euro Wert versichert werden – doch auch 20.000 Euro teure Zweiräder kommen unter. Die Signal-Iduna versichert sogar Räder bis zu einem Wert von 25.000 Euro.

Und die reinen Rad-Policen leisten nicht nur bei Diebstahl, sondern decken fast jede Beschädigung ab. Versichert sind Unfall- und Sturzschäden oder Vandalismus, also die mutwillige Zerstörung des Rades. Es gibt eine Absicherung bei Naturgefahren und Fehlbedienungsschäden sowie beim Pedelec Schutz für Elektronik, Feuchtigkeit oder Überspannung. Neben dem Diebstahl des gesamten Fahrrads, sind seine festverschraubten Teile und vielfach sogar Helme, Taschen oder Gepäck eingeschlossen. Und in den E-Bike-Tarifen ist das technische Herzstück, der Akku, mitversichert. Zudem sorgen die Extrapolicen inklusiv oder gegen Aufpreis dafür, dass der Radfahrer nach Unfall oder Panne per Schutzbrief mobil bleibt.

Hochwertiges Schloss nutzen

Recht hat die VZ HH, wenn sie betont, dass es Unterschiede bei den Sicherheitspflichten gibt. So schreiben manche Radversicherungen ein hochwertiges Schloss vor und verlangen, dass das Fahrrad im Freien an einen festen Gegenstand gegen die Wegnahme gesichert wird. Im Diebstahlfall wird hier ein Versäumnis aber schwer nachweisbar sein. Schon im eigenen Interesse sollte man wertvolle Fahrräder oder E-Bikes nur mit möglichst widerstandsfähigen Schlössern sichern und natürlich zum Nachweis die Rechnung für Schloss und E-Bike aufbewahren.

Kunde muss nach Diebstahl Kauf eines neuen Rads nachweisen

Grundsätzlich erhalten nur Fahrräder und Pedelecs Soloschutz, die mit Rahmennummer und beim Pedelec zusätzlich mit Akkunummer codiert sind. Fehlt die Codierung beim Kauf, muss sie zeitnah nachgeholt werden. Bei einem Diebstahl gilt immer die Pflicht ihn bei der Polizei anzuzeigen, damit die Chance besteht, das Rad zurückzubekommen. Üblich ist zudem bei vielen Solo-Policen, dass der Kunde nach dem Diebstahl den Kauf eines neuen Rads nachweisen muss. Nicht immer kann man nur die Versicherungssumme kassieren.

„Nach wie vor werden vor allem teure Fahrräder gestohlen“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. „Diebe haben es gezielt auf hochwertige Rennräder, E-Bikes oder Mountainbikes abgesehen, um sie weiterzuverkaufen.“ Auch 2023 wurden rund 150.000 Räder gestohlen. Der Durchschnittsschaden stieg von 970 Euro auf 1.100 Euro. Der Vollschutz für den Öko-Drahtesel oder das E-Bike boomt. Es gibt mehr Angebote und einen scharfen Preis- und Leistungswettbewerb. 

Besser Beratung durch Experten suchen

Der Vollschutz für den Öko-Drahtesel oder das E-Bike boomt. Es gibt mehr Angebote und einen scharfen Preis- und Leistungswettbewerb. Wer sich hier orientieren will, sollte sich fachlich beraten lassen. Vergleiche über den Markt leisten Versicherungsmaklerinnen und Versicherungsmakler. Die Bedingungen selbst zu lesen und zu verstehen, dürfte hingegen Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich überfordern. Das ist ein sehr schlechter Rat der Hamburger Verbraucherschützer. 

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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