In den kommenden Monaten stehe eine weitere Reform der sozialen Pflegeversicherung (SPV) auf der politischen Agenda, erläuterten Vertreter des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) bei einem Pressegespräch am 2. September. Timm Genett (im Bild rechts oben), Leiter des Geschäftsbereiches Politik beim PKV-Verband, forderte den Ausstieg aus der Beitragsspirale nach oben.
Um die Pflege in Deutschland finanziell dauerhaft zu sichern, setzt sich der PKV-Verband für eine generationengerechte Finanzreform ein: Ein neuer Generationenvertrag soll die Belastung der Älteren durch steigende Eigenanteile gezielt abfedern und zugleich die Jüngeren beim Aufbau einer privaten Eigenvorsorge unterstützen. So könnte der Beitragssatz zur Pflegeversicherung langfristig auf dem heutigen Niveau nahe drei Prozent stabilisiert werden.
Beitrag könnte 2025 auf 4,85 Prozent steigen
Eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) hat die Beitragsentwicklung der SPV für die kommenden Jahre simuliert: Selbst in einem sehr konservativen Berechnungsmodell falle die Prognose ernüchternd aus. Stefan Reker, Pressesprecher des PKV-Verbandes, rechnete vor, dass ohne Reform bereits 2025 bei einer Hochrechnung der Entwicklung der vergangenen zehn Jahre (der Differenz von sich gleich entwickelnden Einnahmen gegenüber Ausgaben) ein Beitragssatz von 4,85 Prozent in der SPV erreicht würde. Das bedeute für den Durchschnittsverdiener eine Belastung von dann 156 Euro (inklusive Arbitgeberbeiträge) monatlich gegenüber 98 Euro monatlich heute. Damit wäre die von der Politik stets postulierte 40-Prozent-Marke der Sozialabgabenbelastung nicht mehr haltbar. Im Koalitionsvertrag hatten CDU/CSU und SPD festgeschrieben, dass sie sicherstellen wollten, dass die Lohnzusatzkosten dauerhaft unter 40 Prozent gesenkt werden.
Beiträge stiegen bereits
Verbandsvertreter Genett wies darauf hin, dass in den vergangenen Jahren zwischen 2015 und 2019 Ausweitungen von Leistungen beschlossen wurden, die bereits zu Beitragserhöhungen in der SPV geführt haben. Und das in einer Zeit, in der die so genannten Babyboomer noch fast alle in Lohn und Brot sind und es den Sozialsystemen finanziell noch gut gehe.
Problem Eigenanteil
Ein Problem, das in der Reform wohl sicher auf die Agenda komme, sei das Problem der so genannten Eigenanteile. Damit ist die Differenz gemeint, die ein Pflegebedürftiger bei den Pflegeheimkosten nach Zuschuss durch die SPV noch selbst tragen muss. Dieser Anteil betrage insgesamt etwa 2.000 Euro monatlich, rechnete Frank Wild, Leiter des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP), vor. Der „einrichtungseinheitliche Eigenanteil“, der die Pflege im engeren Sinne betrifft, betrage davon etwa 40 Prozent, also 800 Euro im Schnitt. Der Rest seien Kosten für Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten und eine Ausbildungsumlage. Hier sehe die Politik Handlungsbedarf.
PKV gegen eine Leistungsausweitung der SPV
Die Vertreter des PKV-Verbandes sprachen sich dabei gegen eine weitere Übernahme der Eigenanteile durch die SPV aus. Als Armutsbekämpfung sei dies ungeeignet, da es bei den Betroffenen nicht unbedingt um Bedürftige handle, die Folge wäre eher eine Vermögenssicherung der Mittelschicht. Auch eine steuerfinanzierte soziale Pflegeversicherung könne nicht der Ausweg sein. Das Geld würde an anderer Stelle möglicherweise wirklich Bedürftigen fehlen.
Ausweg Kapitaldeckung
Die PKV-Vertreter sprachen sich für einen Ausbau kapitalgedeckter Finanzierung der SPV aus. Um die Pflege in unserer alternden Gesellschaft finanziell dauerhaft zu sichern, schlägt der PKV-Verband einen neuen Generationenvertrag vor, der Solidarität mit Gerechtigkeit verbindet. Hier im Wortlaut:
- - "Die ältere Bevölkerung erhält erstmals in der Geschichte der gesetzlichen Pflegeversicherung eine regelmäßige Dynamisierung der Leistungen.
- - Die jüngeren Bevölkerungsgruppen müssen mehr privat vorsorgen, werden dabei aber durch die Förderung der privaten Pflegevorsorge unterstützt.
- - Damit lässt sich der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung bis zum Jahr 2040 bei drei Prozent stabilisieren."
Autor(en): Bernhard Rudolf