Das Problem ist schon lange bekannt, die Lösungsvorschläge kommen reichlich spät. In Deutschland muss der Pflegenotstand endlich beseitigt werden. Gesundheitsminister jens Spahn hat in seiner kurzen Amtszeit schon viel versprochen. Kann er seine Ideen aber wirklich realisieren und viele engagierte neue Kräfte für die Pflege gewinnen? Oder müssen Pflegeroboter helfen? Die Deutschen können sich diese automatisierten Helfer in der Pflege vorstellen, aber nur bis zu einem gewissen Grad.
Mehr Ausbildungsplätze, Pflegekräfte aus dem Ausland und eine bessere Bezahlung – an Vorschlägen vom neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mangelt es beim Thema Pflege nicht. Doch ob diese Schritte wirklich den Pflegenotstand nachhaltig deutlich lindern können, bezweifelt Professor Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des Financial Planning Standards Board Deutschland (FPSB Deutschland).
Pflegerisiko frühzeitig in der Finanzplanung berücksichtigen
Tilmes rät, das Pflegerisiko frühzeitig in der individuellen Finanzplanung zu berücksichtigen. Wichtige Unterstützung würden hier qualifizierte Fachleute, wie die vom FPSB Deutschland zertifizierten Certified Financial Planner-Professionals oder EFA European Financial Advisor leisten.
Spahn verspricht zwar, den Pflegeberuf attraktiver zu machen und die Bezahlung von Pflegekräften zu verbessern. Zudem kündigt er Verbesserungen bei der Personalbemessung an. Und Spahn spricht dabei auch das Thema Finanzierung an.
Staatliches Pflegegeld deckt nur rund ein Drittel der Gesamtkosten ab
Genau bei diesem Punkt vermisst Tilmes jedoch Transparenz. Denn viele Verbraucher wüssten nicht, dass das staatliche Pflegegeld die im Durchschnitt anfallenden Gesamtkosten lediglich zu rund einem Drittel abdecken. Die Praxis zeige, dass häufig ein Großteil der anfallenden Kosten für Pflegeleistungen von den Betroffenen selbst beziehungsweise von deren Familienangehörigen bestritten werden müssten.
Welche enormen Kosten auf die Familienangehörigen zukommen können, hat der FPSB Deutschland ausgerechnet: Die Kosten für einen Heimplatz liegen im Schnitt bei 2.700 bis 3.000 Euro pro Monat. Versicherte mit Pflegegrad 3 erhalten Leistungen für die vollstationäre Pflege in Höhe von 1.262 Euro pro Monat. Daher beträgt der Eigenanteil für die Pflegeheimkosten mit Pflegegrad 3 zwischen 1.500 und 1.800 Euro. Doch bei diesen Kosten handelt es sich um die reinen Unterbringungskosten. Aufwendungen für Mobilität, Medikamentenzuzahlungen und soziales Leben sind noch zu addieren, so dass von einem Durchschnittswert von 2.200 bis 2.500 Euro monatlich ausgegangen werden sollte.
Drohende Versorgungslücke auch in der Pflege
Die Gefahr besteht, dass den deutschen Verbrauchern ähnlich wie bei der Altersvorsorge auch bei der Pflege eine Versorgungslücke droht. Das gilt umso mehr, da Pflegebedürftigkeit keine Frage des Alters ist. Unfälle oder Erkrankungen können jeden treffen. Mehr als eine Teilabsicherung kann die Pflegekasse aber nicht bieten.
Um die steigenden Kosten durch die demographische Entwicklung sowie den massiven Fachkräftemangel kompensieren zu können, wird auch immer häufiger um Pflegeroboter nachgedacht. Ein Ausweg könnten diese Robotersysteme sein, wenn diese mittelfristig einfache, wiederkehrende und körperlich anstrengende Tätigkeiten erledigen. Laut aktuellem DKV-Report haben die Deutschen ein durchaus pragmatisches Verhältnis zu Pflegerobotern. Das gilt insbesondere für jüngere Menschen.
Auf 100 offene Stellen aktuell 21 Bewerber
Aktuellen Prognosen zu Folge addieren sich die Ausgaben der Pflegeversicherung bis Ende des Jahres auf fast 41 Milliarden Euro. Anfang 2016 waren es noch 31 Milliarden Euro. In der Altenpflege werden augenblicklich 15.000 ausgebildete Altenpfleger gesucht. Auf 100 offene Stellen kommen aktuell gerade einmal 21 Bewerber. Eine prekäre Situation, die sich in den nächsten Jahren noch verschärfen wird.
In dieser Situation könnten Pflegeroboter eine zentrale Rolle spielen. Immerhin zwei Drittel der Deutschen können sich laut DKV-Report den Einsatz von Robotersystemen zur Unterstützung des Pflegepersonals vorstellen. Die Befragten nehmen den Einsatz robotergestützter Assistenzsysteme als mögliche Option wahr, Fachkräftemangel und steigenden Kosten entgegenzuwirken. Hier zeigt sich vor allem die jüngere Generation dem Einsatz technologischer Unterstützungssysteme in der Pflege sehr aufgeschlossen. In der Gruppe der 18 bis 29-Jährigen kann sich jeder dritte vorstellen, dass die Pflegekraft von einem Robotersystem unterstützt wird.
Keine Entscheidungsbefugnis für Roboter erwünscht
Die Ergebnisse des DKV-Reports veranschaulichen aber auch die Grenzen von Pflegerobotern: Für drei Viertel der Befragten kippt der positive Aspekt ins Negative, wenn Roboter anstatt der Pflegekräfte zentrale Entscheidungen treffen würden.
Quellen: Ergo, FPSB Deutschland
Autor(en): Versicherungsmagazin