In einem am 24. Mai 2012 vom OLG Naumburg (Aktenzeichen 9 U 218/11 (Hs)) entschiedenen Fall ging es um einen nach § 34d Absatz 1 GewO als Versicherungsvertreter zugelassenen Vermittler, der 2010 offenbar eine fondsgebundene Rentenversicherung der Atlanticlux als Nettotarif vermittelte und mit der Kundin eine Honorarvereinbarung abschloss. Das Honorar war erfolgsabhängig gestaltet, es wurde mit Annahme der Rentenversicherung fällig. Immerhin wurde die Kundin informiert, dass die Pflicht zur Zahlung des Honorars auch bei vorzeitiger Beendigung der Versicherung bestehen bleibt.
Falscher Eindruck vermittelt
Vom Landgericht Dessau-Roßlau war dem Vertreter am 14. Oktober 2011 untersagt worden, als Vertreter gesonderte Vereinbarungen über eine vom Kunden zu zahlende Provision zu schließen, weil dies wettbewerbswidrig sei. "Hierdurch werde nämlich beim Kunden der Eindruck erweckt, die Beklagte sei nicht Versicherungsvertreterin, stehe also nicht im Lager des Versicherers, sondern sei Versicherungsmakler, der sich allein an den Interessen des Kunden orientiere", heißt es in der Urteilsbegründung des OLG.
Das OLG hingegen ist der Meinung, dass ein solches Vertriebsmodell von Nettopolicen nicht untersagt werden kann. Insbesondere habe der Vertreter nicht gegen eine Marktverhaltensregel verstoßen. Dabei beziehen sich die Richter auf den § 34d GewO und die dort genannten Kriterien zur Versagung einer Gewerbeerlaubnis, die hier alle nicht zutrafen. Es wird sogar bezweifelt, "ob es überhaupt eine Typenspezifität der Erlaubnis gibt". Interessant ist, dass das OLG dabei in keiner Weise auf § 59 VVG und die dortigen Definitionen der Versicherungsvermittler eingeht, denn § 34d GewO verzichtet auf diese Definitionen, spricht aber von unterschiedlichen Erlaubnistatbeständen - entweder als Makler oder als Vertreter.
Besserstellung mit Nettopolice?
Auch einen Verstoß gegen das AGB-Recht verneint das OLG Naumburg. Die Kundin sei nicht etwa schlechter gestellt durch die Nettopolice. Zwar anerkennt das Gericht "Nachteile bei der Flexibilität". Es macht sich ansonsten aber die werblichen Aussagen des beklagten Vertreters und seiner Gesellschaft zu eigen, wonach die gewonnene Kostentransparenz und eine behauptete, keineswegs bewiesene günstigere Kalkulation des Honorars im Vergleich zur einkalkulierten Provision diese Nachteile ausgleichen würden.
Der behauptete Vorteil liegt demnach sogar ausgerechnet darin, dass das Honorar für die Vermittlung einer Nettopolice nicht dem Schicksalsteilungsgrundsatz unterliegt und anders als eine Provision bei einer vorzeitigen Beendigung nicht anteilig zurückzuzahlen ist. Selbst wenn die Kalkulation des Honorars wegen der geringeren Stornogefahr tatsächlich günstiger sein sollte, dürfte das für Frühstornierer kein überzeugender Trost sein, wenn sie von der Verteilung der Abschlusskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre nach § 169 Absatz 3 VVG keinen Gebrauch machen können.
Erstinformation reicht
Schließlich verweist das Gericht auf eine erhöhte Haftung für die Erfüllung der Beratungspflichten, "die über die gesetzliche Haftung des Versicherungsvertreters nach §§ 61, 63 VVG hinausgeht".Eine Irreführung der Kundin wurde ebenfalls vereint. Durch die Erstinformation mit der gewerberechtlich korrekten Angabe der Erlaubnis als Vertreter sei sie ausreichend informiert worden. Zusätzlich wurde in der Honorarvereinbarung die Vertretereigenschaft deutlich. Durch die Privatautonomie sei es zudem abgedeckt, dass man vom traditionellen Bezahlungsmodell Provision abweicht. Damit ist sozusagen der "Honorar-Vertreter" legitimiert, sofern nicht der Bundesgerichtshof das Urteil kassieren sollte - eine Revision ist zugelassen.
Begriffsverwirrung nimmt zu
In einer Stellungnahme zum "Referentenentwurf für ein Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente" kritisiert der Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (VDVM) den Begriffswirrwarr bei Vermittlern und Beratern. "Die zunehmende Begriffsvielfalt erschwert eine klare Trennung der Berufsbilder und der daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen."Es gebe eine klare Trennung der Berufsstände danach, in wessen Lager der Vermittler steht - in dem des Produktgebers oder in dem des Kunden. Im Lager des Kunden steht zudem auch der Versicherungsberater. So sei auch in der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie das Polarisierungsprinzip nach Zuordnung zum Lager umgesetzt worden.
Makler/Berater oder Vertreter - fertig
In der aktuellen politischen Diskussion und den Gesetzentwürfen wird diese Lagerzuordnung durch eine Zuordnung nach Vergütungsart teilweise abgelöst. Der Regulierungsvorschlag mit einem Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO und einem Honorar-Finanzanlagenberater nach § 34h GewO "vermengt Aspekte aus dem Berufsbild des Vertreters und des Maklers/Beraters". Das passe auch nicht zur bestehenden Logik in der Versicherungsregulierung, Makler, Berater und Vertreter zu unterscheiden, wobei der VDVM Makler und Berater gerne in einem Berufsstand vereint sähe.
Der VDVM fordert, einen "Finanzanlagenvertreter" und einen "Finanzanlagenmakler und Berater in Finanzangelegenheiten" zu schaffen. Entscheidend seien hier die Lagerzuordnung und die daraus resultierenden Pflichten gegenüber dem Kunden. Für den Kunden sei das unmittelbar verständlich.
Schließlich fordert der VDVM, auch das erfolgsabhängige Honorar einer Stornohaftungsregelung zu unterwerfen. Denn die auch in dem Urteil des OLG Naumburg behandelte Konstellation sei geeignet, die Stornohaftung zu umgehen und den Verbraucherschutz zu konterkarieren.
Bildquelle: © Stephanie Hofschläger/
Falscher Eindruck vermittelt
Vom Landgericht Dessau-Roßlau war dem Vertreter am 14. Oktober 2011 untersagt worden, als Vertreter gesonderte Vereinbarungen über eine vom Kunden zu zahlende Provision zu schließen, weil dies wettbewerbswidrig sei. "Hierdurch werde nämlich beim Kunden der Eindruck erweckt, die Beklagte sei nicht Versicherungsvertreterin, stehe also nicht im Lager des Versicherers, sondern sei Versicherungsmakler, der sich allein an den Interessen des Kunden orientiere", heißt es in der Urteilsbegründung des OLG.
Das OLG hingegen ist der Meinung, dass ein solches Vertriebsmodell von Nettopolicen nicht untersagt werden kann. Insbesondere habe der Vertreter nicht gegen eine Marktverhaltensregel verstoßen. Dabei beziehen sich die Richter auf den § 34d GewO und die dort genannten Kriterien zur Versagung einer Gewerbeerlaubnis, die hier alle nicht zutrafen. Es wird sogar bezweifelt, "ob es überhaupt eine Typenspezifität der Erlaubnis gibt". Interessant ist, dass das OLG dabei in keiner Weise auf § 59 VVG und die dortigen Definitionen der Versicherungsvermittler eingeht, denn § 34d GewO verzichtet auf diese Definitionen, spricht aber von unterschiedlichen Erlaubnistatbeständen - entweder als Makler oder als Vertreter.
Besserstellung mit Nettopolice?
Auch einen Verstoß gegen das AGB-Recht verneint das OLG Naumburg. Die Kundin sei nicht etwa schlechter gestellt durch die Nettopolice. Zwar anerkennt das Gericht "Nachteile bei der Flexibilität". Es macht sich ansonsten aber die werblichen Aussagen des beklagten Vertreters und seiner Gesellschaft zu eigen, wonach die gewonnene Kostentransparenz und eine behauptete, keineswegs bewiesene günstigere Kalkulation des Honorars im Vergleich zur einkalkulierten Provision diese Nachteile ausgleichen würden.
Der behauptete Vorteil liegt demnach sogar ausgerechnet darin, dass das Honorar für die Vermittlung einer Nettopolice nicht dem Schicksalsteilungsgrundsatz unterliegt und anders als eine Provision bei einer vorzeitigen Beendigung nicht anteilig zurückzuzahlen ist. Selbst wenn die Kalkulation des Honorars wegen der geringeren Stornogefahr tatsächlich günstiger sein sollte, dürfte das für Frühstornierer kein überzeugender Trost sein, wenn sie von der Verteilung der Abschlusskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre nach § 169 Absatz 3 VVG keinen Gebrauch machen können.
Erstinformation reicht
Schließlich verweist das Gericht auf eine erhöhte Haftung für die Erfüllung der Beratungspflichten, "die über die gesetzliche Haftung des Versicherungsvertreters nach §§ 61, 63 VVG hinausgeht".Eine Irreführung der Kundin wurde ebenfalls vereint. Durch die Erstinformation mit der gewerberechtlich korrekten Angabe der Erlaubnis als Vertreter sei sie ausreichend informiert worden. Zusätzlich wurde in der Honorarvereinbarung die Vertretereigenschaft deutlich. Durch die Privatautonomie sei es zudem abgedeckt, dass man vom traditionellen Bezahlungsmodell Provision abweicht. Damit ist sozusagen der "Honorar-Vertreter" legitimiert, sofern nicht der Bundesgerichtshof das Urteil kassieren sollte - eine Revision ist zugelassen.
Begriffsverwirrung nimmt zu
In einer Stellungnahme zum "Referentenentwurf für ein Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente" kritisiert der Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (VDVM) den Begriffswirrwarr bei Vermittlern und Beratern. "Die zunehmende Begriffsvielfalt erschwert eine klare Trennung der Berufsbilder und der daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen."Es gebe eine klare Trennung der Berufsstände danach, in wessen Lager der Vermittler steht - in dem des Produktgebers oder in dem des Kunden. Im Lager des Kunden steht zudem auch der Versicherungsberater. So sei auch in der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie das Polarisierungsprinzip nach Zuordnung zum Lager umgesetzt worden.
Makler/Berater oder Vertreter - fertig
In der aktuellen politischen Diskussion und den Gesetzentwürfen wird diese Lagerzuordnung durch eine Zuordnung nach Vergütungsart teilweise abgelöst. Der Regulierungsvorschlag mit einem Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO und einem Honorar-Finanzanlagenberater nach § 34h GewO "vermengt Aspekte aus dem Berufsbild des Vertreters und des Maklers/Beraters". Das passe auch nicht zur bestehenden Logik in der Versicherungsregulierung, Makler, Berater und Vertreter zu unterscheiden, wobei der VDVM Makler und Berater gerne in einem Berufsstand vereint sähe.
Der VDVM fordert, einen "Finanzanlagenvertreter" und einen "Finanzanlagenmakler und Berater in Finanzangelegenheiten" zu schaffen. Entscheidend seien hier die Lagerzuordnung und die daraus resultierenden Pflichten gegenüber dem Kunden. Für den Kunden sei das unmittelbar verständlich.
Schließlich fordert der VDVM, auch das erfolgsabhängige Honorar einer Stornohaftungsregelung zu unterwerfen. Denn die auch in dem Urteil des OLG Naumburg behandelte Konstellation sei geeignet, die Stornohaftung zu umgehen und den Verbraucherschutz zu konterkarieren.
Bildquelle: © Stephanie Hofschläger/
Autor(en): Matthias Beenken