Zahnärzte haben den meisten Finanzdienstleistern etwas voraus: Viele Kunden und volle Terminkalender, ohne dafür großen Aufwand betreiben zu müssen. Doch welches Akquise-Geheimnis verbirgt sich hinter dem Phänomen, das für manchen Selbstständigen utopisch klingt? Um den Effekt der Zahnarzt-Methode besser zu verdeutlichen, ist ein Vergleich mit herkömmlichen Strategien sinnvoll. Hierfür dient exemplarisch Herr Schmidt.
Herr Schmidt ist Versicherungsmakler und bereits seit vielen Jahren selbstständig. Sein Vorgehen besteht darin, mit seinen Bestandskunden einmal jährlich einen Versicherungscheck durch zu führen. Bei diesen Terminen prüft er, ob seine Kunden ideal abgesichert sind und ob es sinnvolle Ergänzungen gibt. Dieses Geschäftsmodell bringt mit sich, dass die Planung und Umsetzung der Kundenpflege von Woche zu Woche stattfindet. Herr Schmidt reserviert sich mehrere Stunden wöchentlich für Telefonate. Von den Bestandskunden, mit denen er spricht, sind etwa 70 Prozent bereit, einen Folgetermin zu vereinbaren. 30 Prozent haben kein Interesse. Doch bis er zu diesem Ergebnis kommt, verliert er wertvolle Zeit. Denn nicht jede dieser Personen war direkt beim ersten Anruf erreichbar, es brauchte mehrere Versuche.
Unterschied durch kleine Optimierungen in der Bestandskundenpflege
Was in dem Beispiel müßig klingt, ist bei vielen Finanzdienstleistern feste Routine. Dabei bringt diese Form der Bestandskundenpflege drei entscheidende Nachteile mit sich. Erstens verspielt Herr Schmidt seine Chance auf neue Kunden. Zweitens geht er das Risiko ein, dass er die 30 Prozent seiner nicht interessierten Bestandskunden komplett verliert. Ohne Folgetermin ist die Gefahr, dass der Wettbewerb über sein Geschäft entscheidet, groß. An dritter Stelle steht ein Nachteil, der sich aus den ersten beiden ergibt und wohl am schwersten wiegt. Herr Schmidt verliert unnötig viel Umsatz.
So ergeht es allen Finanzdienstleistern, die dieses oder ähnliche Modelle zur Kundenbindung verwenden. Sie verlieren für eine gefüllte Agenda Bestandskunden und gewinnen keine neuen. Dem muss aber nicht so sein. Bereits kleine Anpassungen des Prozesses können einen Unterschied im Jahresumsatz von 10.000 Euro ausmachen. Zahnärzte machen es erfolgreich vor.
Mehr Zeit für umsatzrelevante Tätigkeiten
Zahnärzte gehören zu den Berufsgruppen, die auf mehrere Monate im Voraus ausgebucht sind, ohne dafür akut Akquise betreiben zu müssen. Das wirft die Frage auf, was sie im Umgang mit ihren Kunden anders machen.
Die Antwort darauf ist simpel wie effektiv. Im Gegensatz zu vielen Finanzdienstleistern fokussieren sich Zahnärzte auf die EPAs - Einkommensproduzierende Aktivitäten. Das bedeutet, sie schaffen sich Systeme und Abläufe, die es ihnen erlauben, mehr Zeit in für den Umsatz wesentliche Tätigkeiten zu investieren.
Mit zwei einfachen Schritten zu deutlich mehr Umsatz im Jahr
Das zeigt sich daran, dass kein Zahnarzt seinen Kunden unnötig hinterher telefoniert. Betritt ein Patient seine Praxis und lässt eine Zahnreinigung durchführen, so geschehen dabei zwei Dinge. Zum einen verlässt die Person den Zahnarzt mit gesünderen und schöneren Zähnen. Zum anderen hat die Sprechstundenhilfe mit dem Patienten einen Termin für die nächste Zahnreinigung vereinbart. Der Kunde wird die Leistung mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder beanspruchen, ohne dass eine weitere Akquise vonnöten ist.
Diese beiden Elemente lassen sich auch auf Selbstständige aus anderen Berufsgruppen übertragen. Finanzdienstleister, die wie im Beispiel von Herrn Schmidt auf altbewährte CRM-Methoden setzen, können hiervon enorm profitieren. Es gilt, das ins eigene Geschäftsmodell zu implementieren, was Zahnärzte richtig umsetzen. So lässt sich in nur zwei kleinen Schritten deutlich mehr Umsatz generieren, ohne aktiv Akquise zu betreiben.
Kundennutzen klar kommunizieren
Der erste Schritt liegt in der klaren Kommunikation des Nutzens für den Kunden. Ein Zahnarzt-Patient erhält bei einer professionellen Zahnreinigung nicht nur eine gesundheitliche und ästhetische Verbesserung seiner Zähne. Krankenversicherungen belohnen zudem die regelmäßige Prophylaxe. Ähnlich sollten auch Selbstständige anderer Branchen ihre Dienstleistungen präsentieren. Der Kunde muss genau wissen, welchen Nutzen er aus einem Angebot zieht. Ist die Nutzenargumentation bei einem Verkaufs- oder Folgegespräch zu schwach oder wird sie gar nicht vermittelt, lässt sich der Kunde auch nicht langfristig binden.
Der zweite Schritt ist eine Betreuungsvereinbarung. Im Fallbeispiel der Zahnärzte erhält ein Patient nach einer Zahnprophylaxe in der Regel direkt einen Folgetermin für den nächsten Besuch. Ein halbes oder ganzes Jahr später wird die Person automatisiert per E-Mail, kurzem Anruf oder Textnachricht an den Termin für die Zahnreinigung erinnert und erscheint. Eine solche Betreuungsvereinbarung können auch Finanzdienstleister in ihre Kundenpflege integrieren. Statt Bestandskunden von Woche zu Woche hinterher zu telefonieren, wird einfach direkt beim Gespräch der Termin für die nächste Beratung festgelegt.
Setzen Finanzdienstleister diese zwei Aspekte der Zahnarzt-Methode um, gewinnen sie gleich an mehreren Fronten. Sie halten ihre bestehenden Kunden und können zusätzlich deutlich mehr Zeit für die Neukundenakquise aufwenden. Schon diese Stellrädchen können darüber entscheiden, ob im Jahr 10.000 Euro Umsatz mehr oder weniger verbucht wird. Und das völlig ohne Abstriche in der Qualität der Beratung oder der Kundenzufriedenheit.
Über den Autor
Dieter Kiwus ist begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Versicherungsmakler. Die damals gelehrten Methoden zur Neukundengewinnung bereiteten ihm große Probleme, da sie kaum funktionierten und er wegen ausbleibender Neukunden fast pleite war. Da er trotz des Misserfolgs an seinen Erfolg glaubte, begann er eigene Strategien zu entwickeln.
Seine Überzeugung sollte sich bestätigten: Innerhalb kürzester Zeit konnte er damals mit einer speziellen Form des Empfehlungsmarketings Neukunden generieren und so deutschlandweite Vertriebswettbewerbe gewinnen. Während dieser Zeit fand Dieter Kiwus seine wahre Berufung. "Menschen im Vertrieb zu zeigen wie sie erfolgreich werden." Und so startete er als Coach für Finanzdienstleister durch. Seit 1995 führt er erfolgreich Trainings und Coachings für Führungskräfte, Vertriebsmitarbeiter, andere Coaches und Unternehmen durch. Er ist Autor mehrerer Fachbücher sowie zahlreicher Artikel in renommierten Fach-und Online-Magazinen zum Thema Führung, Vertrieb und mentale Kompetenz.
Autor(en): Dieter Kiwus