Der Entwurf eines „Gesetzes zur Deckelung der Abschlussprovision von Lebensversicherungen und von Restschuldversicherungen“ hat erhebliche Wellen geschlagen. Versicherer und Vermittler monieren, dass das Bundesfinanzministerium seinen Entwurf nicht ausreichend begründet, warum es eines Eingriffs in den Markt bedarf, und teilweise deutlich über das Ziel hinausschießt.
Massive Kritik am Gesetzentwurf
Umgekehrt sieht der Bund der Versicherten einen „Freifahrtschein für Provisionsexzesse“ und wirbt für seinen Vorschlag eines Deckels von nur 15 Promille der Beitragssumme. Die Verbraucherzentralen fordern darüber hinaus komplettes Provisionsverbot.
Tatsächlich kann das Gesetz in der vorgeschlagenen Form der Mehrheit der Vermittler das Leben schwerer machen. Denn die Versicherungsunternehmen müssten nach dem Referentenentwurf die Abschlussprovisionen bei 25 oder 40 Promille deckeln, letzteres im Fall einer nachweislich guten Beratungsqualität. Die Qualitätsanforderungen dürften allerdings bei Existenzgründern sowie bei Maklern und Mehrfachvertretern, die mit vielen verschiedenen Versicherern zusammenarbeiten, so gar nicht umsetzbar und messbar sein.
Laufende Provisionen zählen mit
Als Abschlussprovisionen sollen aber keineswegs nur die branchenüblichen Abschlussprovisionen bei Vertragsbeginn, sondern alle Vergütungen bewertet werden, auch die laufenden Provisionen und sonstigen wirtschaftlichen Vorteile.
Die laufenden Provisionen sollen abgezinst werden dürfen, wenn auch mit einem jährlich schwankenden Zinssatz. Das bedeutet Hinzu kommt die Begrenzung der Abschlussprovision auf 35 Jahre Laufzeit des Vertrags (siehe Versicherungsmagazin vom 8.4.2019).
Das Provisionsdeckelgesetz bringt in der geplanten Form Einschnitte für alle Vertriebswege mit sich.
Provisionsdaten von über 1.000 Vermittlern
Eine Betroffenheitsanalyse zeigt, dass ein solches Gesetz wohl mehr als der Hälfte aller Vermittler ins Portemonnaie greifen würde. Dafür wurden aus der Provisionsumfrage 2017 (Beenken/Radtke: Provisionen und Courtagen, 2017 Ahrensburg) Daten für Ausschließlichkeitsvertreter sowie für Makler und Mehrfachvertreter ausgewertet. Eingeflossen sind Daten für 914 Ausschließlichkeitsvertreter verschiedenster Gesellschaften sowie für 116 Makler und Mehrfachvertreter, die ihrerseits wiederum für bis zu fünf verschiedene Lebensversicherer Angaben zu den Courtagevereinbarungen gemacht hatten.
Berücksichtigt wurden dabei nur die von den Befragten genannten, einmaligen Abschlussprovisionen sowie die Bestandsprovisionen. Nicht berücksichtigt wurden Angaben zu sonstigen, laufenden Vergütungen sowie zu Sondervergütungen, sodass die wirtschaftliche Wirkung des Provisionsdeckelgesetzes eher noch unterschätzt wird.
Die Bestandsprovisionen wurden mit dem aktuell gültigen, von der Bundesbank festgestellten Zinssatz für Altersvorsorgeverpflichtungen abgezinst, der nach dem Referentenentwurf vorgesehen ist, das sind 3,21 Prozent. Da dieser Zinssatz in mindestens in den nächsten Jahren weiter sinken wird, steigt im Umkehrschluss der heutige Wert der künftigen Vergütungen, sodass der Provisionsdeckel jedes Jahr schneller erreicht würde.
Unterstellt wurde zudem eine Laufzeit von 35 Jahren, für die Vergütungen anzusetzen sind.
Ausschließlichkeitsvertreter meist innerhalb der Grenzen
Unter diesen Voraussetzungen könnten aktuell nur 42 Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter sowie 13 Prozent der Makler/Mehrfachvertreter ganz gelassen bleiben, weil ihre Vergütungen im Rahmen von bis zu 25 Promille liegen.
Weitere 47 Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter und 36 Prozent der Makler/Mehrfachvertreter haben derzeit Vergütungsvereinbarungen, die zwischen den beiden Deckeln von 25 und 40 Promille liegen und damit nur unter Erfüllung der qualitativen Nebenbedingungen zulässig bleiben.
Geschäftsmodell Pool in Frage gestellt
Es bleiben elf Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter, aber sogar 51 Prozent der Makler/Mehrfachvertreter übrig, die unter den genannten Bedingungen über 40 Promille hinausgehen und damit in jedem Fall Einschnitte in die gewohnten Provisions- und Courtagebedingungen hinnehmen müssten.
Das Ganze wird für Makler und Mehrfachvertreter noch dramatischer, wenn Maklerpools und -verbünde in der gesamten Vertriebskette einbezogen werden. Angenommen ein Pool beansprucht weitere zehn Promille Abschlussprovision/-courtage auf das vom Makler/Mehrfachvertreter eingereichte Neugeschäft, dann liegen bereits 80 Prozent der Makler/Mehrfachvertreter über der 40 Promille-Grenze sowie weitere 17 Prozent zwischen 25 und 40 Promille. Kommt das Provisionsdeckel-Gesetz, wird wohl auch das Geschäftsmodell des Pools in Gefahr geraten.
Autor(en): Matthias Beenken