Weiterhin kriselt es in der industriellen Sachversicherung. Die Versicherer kämpfen hier seit Jahren mit Verlusten, wie der Versicherungsmakler Marsh in seinem aktuellen Versicherungsreport feststellt.
Viele langfristig abgeschlossene Verträge müssten bis zum 1. Januar 2020 verlängert werden. Marsh geht davon aus, dass die Versicherer hier ihren Sanierungsdruck erhöhen werden. Die versicherungstechnische Qualität der zu versichernden Unternehmen werde eine entscheidende Rolle dabei spielen, den Forderungen der Versicherer erfolgreich entgegenzuwirken. "Überdurchschnittlich gutes Risikomanagement muss sich in Deckungsqualität und Prämie niederschlagen", stellt Thomas Olayning fest. Er ist bei der Marsh GmbH Head of Placement & Specialties und Mitglied der Zentralen Geschäftsleitung.
Neue Schadenverhütungsstrategieen sind aber nur langfristig umzusetzen. Noch länger dauert es, bis sie Wirkung zeigen. Daher sollten Versicherungsmakler 2019 möglicherweise betroffene Industriekunden frühzeitig von dem sich verhärtenden Markt in Kenntnis setzen und nach Lösungen suchen. Olayning rät zu einem intensiven Diskurs mit Kunden und Versicherer. Mahnt aber auch, dass Versicherer ihre Entscheidungen transparent und mit vielen Daten belegen müssten.
Recht: Keine "amerikanischen Verhältnisse"
Die Möglichkeit, seit dem 1. November 2018 mit Sammelklagen gegen Unternehmen vorzugehen, schafft nach Meinung des Maklers aber keine "amerikanischen Verhältnisse". In den USA genügt bereits eine ausreichende Anzahl von Mitstreitern, um eine Sammelklage einreichen zu können. In Deutschland seien die Hürden für die sogenannte Musterfeststellungsklage aber deutlich höher. Marsh geht aber davon aus, dass die Nachfrage und der Umfang von Produktrückrufversicherungen steigen könnten, wenn die Hersteller künftig mehr Rückrufaktionen durchführten, um Sammelklagen und einen möglichen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden.
"Cyber-Risikomanagement ist unstrittig eines der großen Themen unserer Zeit", stellt der Versicherungsexperte Olayning fest. Die Attacken der Angreifer würden immer zielgerichteter. Unternehmen müssten daher im Cyber-Risikomanagement genauso professionell und rational agieren, wie es die Angreifer tun. Es gelte präzise, das eigene Risiko zu identifizieren und monetär zu bewerten. Dabei rät Marsh den Unternehmen, in Schadenfall-Szenarien zu denken. "Die Cyber-Versicherung ist dabei ein notwendiges und geeignetes Werkzeug zur Steuerung der finanziellen Risiken, das von der Geschäftsleitung eines Unternehmens eingesetzt werden sollte", so der aktuelle Report.
Bürgschaftsversicherungen weiter im Boom
Richtig gut läuft es bei Bürgschaftsversicherungen. Hier laufen die Versicherer den Banken weiterhin den Rang ab, denn sie könnten im Vergleich zu den Banken "sehr wettbewerbsfähige Konditionen anbieten". Für die allgemeine Haftpflicht rät Marsh den Industrie- und Gewerbe-Kunden – und damit auch ihren Maklern – höhere Deckungssummen zu prüfen. Das Großschadenrisiko würde oft deutlich unterschätzt und höhere Summen seien zurzeit günstig. In der Kfz-Flottenversicherung sei die Ertragssituation aus Versicherersicht "herausfordernd". Flotten mit gutem Schadenverlauf und effizienter Vertrags- und Schadensteuerung könnten Wettbewerb erzeugen und die Vertragsbedingungen optimieren. Schadenbelastete Flotten jedoch müssten auch künftig mit individuellen Prämienanpassungen rechnen.
Demgegenüber können sich die Versicherer in der Directors & Officers-Versicherung winden wie sie wollen. Sie bekommen nach Einschätzung des Maklers kein Bein auf den Boden – sprich: Weder Bedingungsverschärfungen noch Prämienerhöhungen funktionierten, weil es genügend Kapazität im Markt gebe. Allein Kunden mit US-Börsengang hätten es echt schwer. Grund seien vor allem viele Sammelklagen, hohe Abwehrkosten und die strenge US-Börsenaufsicht.
Politische Risiken erschweren das Geschäft
Zudem warnt Marsh vor vielen internationalen politischen Risiken, die das Versicherungsgeschäft erschweren könnten. In Europa bliebe die politische Unsicherheit mit Brexit, Wahlen zum Europaparlament und in der Ukraine vor dem Hintergrund des Erstarkens populistischer Parteien und des Russlandkonflikts hoch. Im Mittleren und Nahen Osten würden die Risiken für Investoren aufgrund politischer Gewalt und schlechter wirtschaftlicher Aussichten weiter steigen. Außerdem berge die Destabilisierung des globalen Handelssystems und insbesondere der Handelsbeziehungen zwischen den USA und China erhebliches Störpotenzial.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek