Immer öfter werden Autos als Terrorwaffe eingesetzt. Nach einem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg Ende 2024, gab es nun eine Tat in München. Die Schäden der jüngsten vorsätzlichen Tat werden vom Fonds der Autoversicherer getragen. Trotzdem dürfte der Opferschutz unzureichend sein.

Am 14. Februar 2025 hat ein Autofahrer sein Fahrzeug in München absichtlich in eine Menschenmenge gelenkt und viele Personen verletzt. Nach Medienberichten starben zwei Menschen und 37 wurden verletzt, teilweise sehr schwer. Die schreckliche Tragödie beschäftigt die Menschen in Deutschland. 

Die Verkehrsopferhilfe muss leisten

Die Betroffenen und Hinterbliebenen haben ein Anrecht auf Schadenersatz, auch wenn damit das Leid wohl kaum gelindert werden kann. Für die Schäden kommt in diesem Fall die Verkehrsopferhilfe (VOH) auf, ein Fonds der Autoversicherer. So erläutert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): „Sind Halter und Täter identisch, leistet nach § 12 des Pflichtversicherungsgesetzes die Verkehrsopferhilfe als „Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen“. Der Kfz-Versicherer ist nach § 103 VVG nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Fahrzeughalter einen Schaden vorsätzlich herbeiführt.“ Allem Anschein nach hat der Täter in München sein eigenes Fahrzeug benutzt.

Der Versicherungsschutz durch die VOH könnte aber nicht ausreichend sein, um alle Schäden auszugleichen. Denn für die Entschädigung gelten nur die sogenannten Mindestversicherungssummen. Sie belaufen sich derzeit für alle Personenschäden einer Tat auf 7,5 Millionen Euro und 1,3 Millionen Euro für Sachschäden. „Hier gibt es eine erhebliche Deckungslücke und ein extremes Ungleichgewicht gegenüber einem herkömmlichen Unfall“, kritisiert der Versicherungsrechtler Professor Dr. Hans-Peter Schwintowski.

Aufwand für Schwerverletzte: Über fünf Millionen Euro

Nach einer Analyse der Ge Re aus Juni 2022 belief sich in diesem Jahr in Deutschland der Aufwand für ein schwerverletztes Verkehrsopfer auf rund 5,4 Millionen Euro. Heute dürfte die Entschädigung durch stark steigende Preise noch höher ausfallen. Damit wäre die zur Verfügung stehende Versicherungsdeckung rein rechnerisch schon mit zwei schwer geschädigten Opfern überschritten.

Im Fall des Attentats auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt (20.12.2024) war ein Mietwagen genutzt worden und somit die Kfz-Versicherung des Vermieters weiterhin zuständig. Dann gilt laut GDV die Haftung aber nur aus der Betriebsgefahr des Fahrzeuges. Bei dieser sogenannten reinen Gefährdungshaftung nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) belaufen sich die Deckungssummen für den gesamten Schadensfall für alle Personen sogar nur auf fünf Millionen Euro und für Sachschäden nur auf eine Million Euro.

Auch Aufwand für vermehrte Bedürfnisse muss gezahlt werden

Grundsätzlich haben die Opfer und Hinterbliebenen einer Amokfahrt wie bei einem „normalen“ Unfall, Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten, Verdienstausfall, Schmerzensgeld und Rente. Die Assekuranz muss auch den Aufwand für vermehrte Bedürfnisse tragen, etwa wenn Wohnung oder Haus behindertengerecht umgebaut werden muss. Kann der Haushalt nicht mehr wie früher geführt werden, ist auch hier Schadenersatz notwendig. Zudem gibt es Anspruch auf Hinterbliebenengeld und Beerdigungskosten. Zudem werden natürlich mögliche Sachschäden getragen. 

Opfer von Terror-Amokfahrt sind schlechter gestellt

„Aktuell ist die Rechtslage bei Terror-Amokfahrten in Deutschland aber für die Betroffenen unzureichend“, kritisiert Jurist Schwintowski. Daher fordert der Versicherungsrechtler, das Schadenersatzrecht zu verbessern. „Es ist nicht einsichtig, warum ausgerechnet Terror-Opfer einer Amokfahrt schlechter gestellt werden sollen.“

Wie der GDV bestätigt, sind nämlich hohe Deckungssummen von 50 oder 100 Millionen Euro die Norm und eine Versicherung zu den gesetzlichen Mindestdeckungssummen nur die Ausnahme. In der Regel stehen in den Kfz-Policen dann acht bis 15 Millionen Euro je geschädigter Person zum Schadenausgleich zur Verfügung.

Menschen brauchen klaren Rechtsanspruch auf volle Entschädigung

Schwintowski fordert daher eine schnelle Reform. „Wer durch ein Fahrzeug einen Schaden erleidet, das als Waffe zu einem Terroranschlag missbraucht wird, sollte die gleichen Rechte wie ein Verkehrsteilnehmer haben, der ganz klassisch im Straßenverkehr geschädigt wird. Es sei die Pflicht des Gesetzgebers die entsprechenden Rechtsnormen unverzüglich so zu verändern, dass die Opfer einer terroristischen Amokfahrt einen klaren Rechtsanspruch auf eine volle Entschädigung haben. Sie sollten nicht auf soziales Entschädigungsrecht, also SGB XIV, Opferfonds oder die Härteleistung für Opfer extremistischer Taten der Bundesregierung angewiesen sein.

Den Aufwand für die Entschädigung von Terrortaten mit Fahrzeugen sollte aber am Ende die Allgemeinheit tragen. Schwintowski: „Die Verkehrsopferhilfe sollte alle Leistungen, die sie an die Opfer gezahlt hat, beim Staat regressieren können.“ Das sei aus der Perspektive des Opferschutzes und des Sozialstaatsprinzips verfassungsrechtlich vertretbar. „Da das Sozialstaatsprinzip ein verfassungsrechtliches Prinzip zu Gunsten aller Bürgerinnen und Bürger ist, besteht nach meiner Meinung eine Handlungs- und Schutzpflicht des Staates“, erläutert Schwintowski.

Private Lebens- und Unfallversicherung zahlt

Lebensversicherungen leisten grundsätzlich unabhängig von der Ursache des Versicherungsfalls. Das gilt auch für Terrorakte. Laut dem GDV gilt die sogenannte Kriegsklausel bei solchen Anschlägen nicht. Damit gibt es zudem immer eine Rente aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn die Arbeitskraft durch den Anschlag zu mehr als 50 Prozent dauerhaft eingeschränkt ist. Mit einer Leistung können auch diejenigen rechnen, die eine private Unfallversicherung abgeschlossen haben.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek