Berater sehen für Finanzdienstleister gute Chancen, mit Künstlicher Intelligenz (KI) den Vertrieb auf ein neues Level zu heben. Die Versicherungsaufsicht verlangt aber die KI nicht als Black-Box, sondern transparent zu gestalten, um einer Diskriminierung vorzubeugen.
„Für innovative und anpassungsfähige Vertriebe zeichnet sich eine vielversprechende Zukunft ab“, behauptet André Hülsdau, Senior IT-Consultant beim Beratungsunternehmen adesso SE. So würde die Nutzung von KI den Vertriebsmitarbeitern erlauben, sich wieder auf ihre Kernkompetenz zu konzentrieren: die individuelle Beratung zu komplexen Produkten. Ein Grund ist, dass die KI nach Einschätzung des Beraters künftig selbständig Telefonate führt und beispielsweise einen Schadenfall aufnehmen kann. Dabei kann auch die Stimme eines Vermittlers simuliert werden. Menschen könnten bald nicht mehr erkennen, ob eine Maschine telefoniert oder eine reale Person.
Diskriminierung von Kunden durch KI-Einsatz vermeiden
Die Fairness, die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) von KI-Systemen fordert (BaFin-Journal 1. August 2024), dürfte aber dazu führen, dass sich die Telefon-KI immer outen muss. So stellt die Bafin klar: „Finanzdienstleister müssen eine ungerechtfertigte Diskriminierung von Kundinnen und Kunden durch den Einsatz von KI/ML vermeiden. Die Unternehmen müssen Überprüfungsprozesse einrichten, um mögliche Diskriminierungsquellen zu identifizieren und Maßnahmen zu deren Beseitigung zu ergreifen.“
Zwang zur KI im Vertrieb
Der Berater Adesso rechnet damit, dass die Vertriebe, wie in der Corona-Krise, als sie gezwungen waren, sich schnellstmöglich volldigital aufzustellen, künftig nicht mehr ohne KI wettbewerbsfähig sind. So beschreibt Hülsdau als bereits feststehenden Trend, dass die Anzahl der Vertriebsmitarbeitenden immer weiter abnimmt, während der Professionalisierungsgrad sich steigert. KI wäre in der Lage, das bisherige Alleinstellungsmerkmal des stationären Betriebs, die persönliche und maßgeschneiderte Beratung, weitgehend zu übernehmen. So könnte die KI künftig etwa automatisch Bestandskunden günstigere Kfz-Policen ausrechnen und anbieten.
Disruptives Potenzial
Bis 2026 sollen einer Studie zufolge mehr als 80 Prozent aller Unternehmen generative künstliche Intelligenz (GenAI) nutzen. Die möglichen Effizienzsteigerungen und Wertschöpfungspotenziale wären disruptiv. „Durchschnittlich liegt die Anzahl an Verträgen je Kunde bei Ausschließlichkeit und Mehrfachvertretern bei unter drei. Bei Maklern ist es gut ein Vertrag mehr je Kunde und somit knapp unter vier. Viele Kunden sind somit nicht ganzheitlich bei einem Anbieter abgesichert und es bieten sich bei vielen Vermittlern erhebliche Potenziale im Bestand“, so Hülsdau in der ZfV (08|2024). Im Vergleich zum Erschließen eines Neukunden sei die Fleißarbeit der Bestandspflege für viele weniger lukrativ.
KI könne daher genutzt werden, um bestehende Kundenprofile zu analysieren und diese zu segmentieren. Die Erstellung personalisierter Marketinginhalte erfolge dann basierend auf der vorhandenen Datenbasis und beziehe relevante Merkmale, die Produktabdeckung und abgeleitete Präferenzen ein. Hülsdau betont aber, dass die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung hierbei unerlässlich sei. Zudem müssen weiterhin explizit Werbeeinwilligungen eingeholt werden.
Zentrale Datenplattform
Auf Basis von Analysen vorhandener Unternehmensdaten und Einbezug externer Echtzeitdaten erlaubten „KI-Systeme“ die präzise, maßgeschneiderte Formulierung oder Tarifierung von Finanzprodukten. „Auch bei komplexeren Vorgängen wie Risikobewertungen und Investitionen kann KI entscheidungsunterstützend unter die Arme greifen“, so Stephan Mecking, Leiter des Geschäftsbereichs Banking bei adesso. Der Berater geht davon aus, dass IT-Standards es den Unternehmen bald erlauben, Daten-, Software- und Prozesssilos aufzulösen und eine zentrale Datenplattform zu schaffen. Mecking: „Auf dieser Basis können klassische Geschäftsprozesse nicht einfach nur digitalisiert, sondern neu aufgestellt werden – nicht zuletzt auch mit Künstlicher Intelligenz.“
Eine zentrale Datenplattform
Auf Basis von Analysen vorhandener Unternehmensdaten und Einbezug externer Echtzeitdaten erlaubten „KI-Systeme“ die präzise, maßgeschneiderte Formulierung oder Tarifierung von Finanzprodukten. „Auch bei komplexeren Vorgängen wie Risikobewertungen und Investitionen kann KI entscheidungsunterstützend unter die Arme greifen“, so Stephan Mecking, Leiter des Geschäftsbereichs Banking bei adesso.
Der Berater geht davon aus, dass IT-Standards es den Unternehmen bald erlauben, Daten-, Software- und Prozesssilos aufzulösen und eine zentrale Datenplattform zu schaffen. Mecking: „Auf dieser Basis können klassische Geschäftsprozesse nicht einfach nur digitalisiert, sondern neu aufgestellt werden – nicht zuletzt auch mit Künstlicher Intelligenz.“
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek