Die Heinrich Heine Universität Düsseldorf (siehe Bild) bot zwei höchst unterschiedlichen Akteuren die Gelegenheit, ihre Erfolgsstrategie beim Aufkauf von Mittelstandsmaklern vorzustellen.
„Für uns ist das gar nicht mehr so ein Trend“, kommentierte Ralph Rockel, Vorstandssprecher der MRH Trowe AG Holding die große Aufmerksamkeit, die dem Thema Konsolidierung im Maklermarkt gewidmet wird, so auch beim "Forum Versicherungsrecht" der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Sein Unternehmen kann auf mehr als 40 Übernahmen zurückblicken und erreicht rund 200 Millionen Euro Umsatz mit mehr als 1.300 Mitarbeitenden.
Jahrelanger Aufwärtstrend
Einen starken Anstieg der Aufkäufe gab es bereits etwa seit 2018. Während bis 2017 nur eine einstellige Zahl von Maklerfirmen pro Jahr aufgekauft wurde, waren es 2018 erstmals elf Firmen. Die Zahl der Transaktionen stieg über 15 (2019), 21 (2020), 39 (2021) und 53 (2022) auf 90 Maklerunternehmen 2023. Rockels Prognose lautet, dass das Transaktionsvolumen ab diesem Jahr auf 120 Firmen steigen wird und auf diesem Niveau für mehrere Jahr verharrt.
Trotzdem glaubt Rockel nicht, dass der deutsche Maklermarkt bald leergekauft sein wird. Insgesamt gebe es rund 23.300 Maklerunternehmen. Berücksichtigt wurde dabei, dass im Vermittlerregister zwar viel mehr Makler eingetragen sind, aber es sich dabei oft um Strukturen handelt. „Das ist ein sehr fragmentierter Markt“, so Rockel.
Sichtbare Konsolidierung bei Industriemaklern
Etwas anders sehe es allerdings bei der Teilgruppe der ausgesprochenen Industriemakler aus. Dort gebe es nur noch 75 in Deutschland – 2020 seien es noch 110 gewesen. Die Differenz erklärt sich aus der Konsolidierung. Die aufgekauften Maklerhäuser seien aber keineswegs wirtschaftlich gescheitert, betonte Rockel. Vielmehr sei die Konsolidierung eine Reaktion auf verschiedene Trends, die den mittelständischen Maklerunternehmen Probleme bereiten.
Allen voran sei das eine sehr restriktive Zeichnungspolitik der Versicherer. Es gebe Engpässe sowohl bei den Zeichnungskapazitäten als auch bei den für den Service benötigten Ressourcen. Je größer aber eine Maklerfirma sei, desto eher könne sie die knappen Ressourcen für sich beanspruchen.
Fast alle Großmakler wachsen anorganisch
Auch die Mandanten würden anspruchsvoller und professionalisieren ihre Einkaufspolitik. Makler werden stärker im Wettbewerb miteinander verglichen sowie Zusatzleistungen zum Beispiel in der Risikomanagementberatung verlangt, die ein Mittelständler nicht bieten kann.
Ein weiterer wichtiger Treiber ist der Fachkräftemangel. Makler konkurrieren um die sehr knappe Ressource Personal. Da sei eine starke Arbeitgebermarke wichtig, die kleinere Makler nicht aufbauen können.
Letztlich aber hat die Konsolidierung auch viel mit Wettbewerb zu tun. Neun der zehn größten Makler in Deutschland seien aktiv im Bereich Aufkäufe, um anorganisch zu wachsen. „Es geht nicht darum, sich groß zu kaufen“, so der MRH Trowe-Manager, sondern es müssten Mehrwerte entstehen. Für Investoren und Wagniskapitalgeber sei das Geschäftsfeld Maklerkonsolidierung trotz der mittlerweile veränderten Zinslandschaft und steigender Kaufpreisforderungen weiterhin sehr interessant, denn durch die automatische Vertragsverlängerung von Kompositversicherungen ergeben sich stabile künftige Einnahmen. Rockel räumte ein, dass ein wichtigster Synergieeffekt in einer Steigerung der Courtageforderungen an die Versicherer zu sehen ist.
Aufgekaufte Unternehmen leben höchstens als Marke weiter
Das Vorgehen beim Aufkauf folge dabei der Strategie, „ganzheitlich spezialisiert“ Kunden betreuen zu können. Dafür suche das Unternehmen gezielt nach Mittelstandsmaklern, die ein bestimmtes Zielgruppen-Knowhow einbringen können, dass MRH Trowe noch fehlt.
Ziel von MRH Trowe ist, ein Unternehmen „aus einem Guss“ und „keine Gruppe“ zu sein, auch wenn einige der aufgekauften Markennamen aus Wiedererkennungsgründen beibehalten beziehungsweise nur leicht modifiziert werden, um die Zugehörigkeit zu MRH Trowe zu verdeutlichen. Tatsächlich ist aber der Anspruch von MRH Trowe, eine einheitliche Leitung und einheitliche Standards durchzusetzen.
Gruppe von Maklern und Assekuradeuren
Damit unterscheidet sich das Geschäftsmodell grundlegend von demjenigen der GGW Group GmbH, wie aus dem Vortrag von Antonia Meister deutlich wurde, die bei GGW die Rechts- und Compliance-Funktion verantwortet. Denn GGW kauft sich zwar auch bei Mittelstandsmaklern ein, legt aber Wert darauf, dass die Unternehmen als solche bestehen bleiben, möglichst auch mit der bisherigen Geschäftsführung. „Wir sind kein Konsolidierer, sondern ein Verbund“, so Meister.
Dieser umfasst rund 60 übernommene Unternehmen, 350 Millionen Euro Umsatz und rund 1.700 Mitarbeitende. Die Übernahmen erfolgen dabei zwar schwerpunktmäßig in der Region Deutschland, Schweiz und Österreich („DACH“), aber auch in anderen europäischen Ländern.
GGW selbst ist eine Holding, unter deren Dach sich zwei weitere Holdings wiederfinden. Denn zur Gruppe gehören nicht nur die unter „Leading Brokers“ zusammengefassten Makler, sondern auch Assekuradeure und somit rechtlich Versicherungsvertreter unter der Marke „Wecoya“.
Vorteil besserer Umgang mit Regulierung
Die Zielgruppe zu übernehmender Makler sind Mittelstandsmakler mit klarem Fokus auf Firmenkunden, die auch rund 95 Prozent der Kundschaft ausmachen – Privatkunden dagegen sind selten.
Meister setzte sich schwerpunktmäßig mit rechtlichen Risiken auseinander, die bei der Unternehmensübernahme eine Rolle spielen. Viele regulatorische Vorgaben seien „enorm herausfordernd für mittelständische Makler“, schilderte sie am Beispiel Datenschutz. Andere typische Probleme betreffen das Arbeitsrecht und das Risiko von Scheinselbstständigkeit bei Untervermittlern. Wenn Makler das Beitragsinkasso vornehmen, müssten sie eigentlich eine Erlaubnis nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz haben. Die habe aber keiner, das sei aus Gewohnheit immer anders gehandhabt worden.
Nach dem Kauf findet ein Onboarding-Prozess statt. Häufig müsste dabei die Rechtsform des übernommenen Maklers geändert werden. Viele seien als „GmbH & Co. KG“ organisiert und würden in eine reine Kapitalgesellschaft umgewandelt. GGW habe eine einheitliche Geschäftsordnung, prüfe alle eingegangenen Verträge und führe einen Cyber-Check durch. Das Risiko von Cyberattacken werde auch dadurch begrenzt, dass man die übernommenen Firmen nicht auf eine einheitliche IT-Plattform hole, sondern diese ihre bestehenden Systeme weiter nutzen könnten.
Für die übernommenen Firmen ergeben sich Synergieeffekte beispielsweise aus Gruppenversicherungsverträgen zur Berufshaftpflicht und D&O-Versicherung sowie zentralen IT-Einkäufen. Auch gebe es immer wieder interne Bestandsübertragungen, wenn Teilbestände nicht mehr zur Geschäftsstrategie des bisherigen Maklers passen, sondern besser zu einem anderen Unternehmen. GGW kümmere sich um die Abwicklung solcher Asset Deals mit all seinen datenschutzrechtlichen Herausforderungen. Dasselbe gilt für die Umsetzung der anstehenden Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie CSRD.
Personal und Unternehmenskultur sind enorm wichtig
Ein Aspekt eint aber MRH Trowe und GGW: Beide Unternehmensvertreter betonten, wie enorm wichtig das Personal und die Unternehmenskultur seien. Deshalb folgten der Übernahme meist keine Personaleinsparungen. Im Gegenteil versuche man, durch die Übernahmen Köpfe und Kompetenz hinzuzugewinnen.
Autor(en): Matthias Beenken