Eigentlich sollte die Geldpolitik die apitalmärkte beeinflussen. Stattdessen beeinflussen die Kapitalmärkte die Geldpolitik. Diese Kernthese belegte Dr. Frank Augsten, Chefvolkswirt der Gothaer, mit der Politik des leichten Geldes der Zentralnotenbanken. Wie die Gothaer bei diesen Rahmenbedingungen mit ihren Kapitalanlagen umgeht, war Thema des Presseworkshops der Gothaer im November 2016 in Köln.
Der Gothaer-Chefvolkswirt legte die "draghischen" (frei nach Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, EZB) Entwicklungen dar. Er sparte dabei nicht mit Kritik: Das Aufblähen der Bilanzsummen der wichtigsten Zentralnotenbanken sei "eines der größten geldpolitischen Experimente". Nach der US-Notenbank Fed und der Bank England hätten seit 2011/12 die Bank of Japan und die EZB dies nachgemacht. Das Problem sei, so Augsten: "Ich weiß nicht, wie die Bilanzen wieder schonend zurückgeführt werden können." Die Rückführung und/oder Leitzinserhöhungen - die es seit neun Jahren nicht mehr gab - können Umschichtungen an den Kapitalmärkten auslösen, die wiederum auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ausstrahlen können.
Inflation bei Vermögensgütern
Im Vergleich zum Refinanzierungsgeschäft erwerben jetzt die Zentralbanken zu den herrschenden Wechselkursen Wertpapiere der Geschäftsbanken - ohne Rücknahmeverpflichtungen durch die Geschäftsbank. Die Zentralbanken hätten dadurch eine Inflation bei Vermögensgütern erzeugt, vor allem auch inrisikobehafteten Assetklassen. So liege die Wertentwicklung seit 2012 bei europäischen Hochzinsanleihen bei über 40 Prozent, bei Aktien weltweit beiknapp 35 Prozent und bei Schwellenländeranleihen bei etwa 25 Prozent. "Die Flut hebt alle Boote", meinte Augsten.
Bald könnte Leitzinserhöhung kommen
Sein Fazit: Werden die Zentralbanken die Märkte weiterhin umfassend mit Liquidität versorgt, bleiben die Zinsen niedrig, und es werden weiter risikoreiche Kapitalanlagen nachgefragt. Jedoch - und das könne schon im Dezember 2015 passieren - werden US-Notenbank und Bank of England wohl die ersten sein, die die Leitzinsen erhöhen und dem Markt Liquidität entziehen werden. Die EZB und die Bank of Japan werden versuchen dagegenzuhalten. "Aber wie lange?", fragte Augsten. Wenn der "Ebbstrom" bei der Zentralbankliquidität einsetze, werden Risiken neu bewertet und die Volatilität an den Märkten werde anspringen.
Zins-Instrumente ganz vorne
Wie Asset Allocation funktioniert, erläuterte Marco Kretschmann, Senior Quantitative Analyst bei der Gothaer Asset Management AG. Knapp 70 Mitarbeiter betreuen ein Anlagevolumen von 28 Milliarden Euro. Asset Allocation berücksichtige viele Assetklassen, auch Alternative Investments. Um eine
robuste Asset Allocation herzuleiten, müssen viele Aspekte berücksichtigt werden. Dazu zählen exogene Restriktionen, wie bspw. Anlagerichtlinien oder auch interne Zielgrößen, welche angesteuert werden müssen. Auf der Modellierungsseite muss überlegt werden, wie man Prognosen für alle Assetklassen ableiten möchte. Nimmt man die pure Experteneinschätzung oder verwendet man ein Modell als Overlay? Bei den Modellen reicht die Auswahl von Einfaktor- über Multifaktormodelle bis hin zur Modellierung stochastischer Prozesse. Auch die Simulation von Performancezahlen stellt eine Option dar. Risiken sind entgegen der landläufigen Meinung alles andere als Normalverteilt. Daher scheitern traditionelle Optimierungsmethoden bei der Verwendung von nicht-linearen-Zielfunktionen. Möchte man dennoch die Risiken adäquat optimieren muss man auf neuere Verfahren, wie zum Beispiel genetische Algorithmen zurückgreifen, die frei nach Darwins "Survival of the fittest" arbeiten.*
Der größte Anteil der Gothaer-Kapitalanlagen sind mit 59,7 Prozent zu Ende 2014 Zins-Instrumente wie Staatsanleihen. Eine besondere Rolle spielen gut rentierliche dänische Pfandbriefe. Danach folgen Credit-Instrumente (24,2%) und Immobilien (7,9%), Alternative Investments und Finanzbeteiligungen (je 3,2%). Die Aktienquote liegt bei nur 0,6 Prozent. Diese würden fast nur dividendenorientiert investiert. Die bevorstehenden Regelungen von Solvency II seien bereits vorweggenommen, so habe man zum Beispiel Asset Backed Securities nicht mehr im Bestand.
Bildquelle: © k-u haessler/Fotolia.com
Der Gothaer-Chefvolkswirt legte die "draghischen" (frei nach Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, EZB) Entwicklungen dar. Er sparte dabei nicht mit Kritik: Das Aufblähen der Bilanzsummen der wichtigsten Zentralnotenbanken sei "eines der größten geldpolitischen Experimente". Nach der US-Notenbank Fed und der Bank England hätten seit 2011/12 die Bank of Japan und die EZB dies nachgemacht. Das Problem sei, so Augsten: "Ich weiß nicht, wie die Bilanzen wieder schonend zurückgeführt werden können." Die Rückführung und/oder Leitzinserhöhungen - die es seit neun Jahren nicht mehr gab - können Umschichtungen an den Kapitalmärkten auslösen, die wiederum auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ausstrahlen können.
Inflation bei Vermögensgütern
Im Vergleich zum Refinanzierungsgeschäft erwerben jetzt die Zentralbanken zu den herrschenden Wechselkursen Wertpapiere der Geschäftsbanken - ohne Rücknahmeverpflichtungen durch die Geschäftsbank. Die Zentralbanken hätten dadurch eine Inflation bei Vermögensgütern erzeugt, vor allem auch inrisikobehafteten Assetklassen. So liege die Wertentwicklung seit 2012 bei europäischen Hochzinsanleihen bei über 40 Prozent, bei Aktien weltweit beiknapp 35 Prozent und bei Schwellenländeranleihen bei etwa 25 Prozent. "Die Flut hebt alle Boote", meinte Augsten.
Bald könnte Leitzinserhöhung kommen
Sein Fazit: Werden die Zentralbanken die Märkte weiterhin umfassend mit Liquidität versorgt, bleiben die Zinsen niedrig, und es werden weiter risikoreiche Kapitalanlagen nachgefragt. Jedoch - und das könne schon im Dezember 2015 passieren - werden US-Notenbank und Bank of England wohl die ersten sein, die die Leitzinsen erhöhen und dem Markt Liquidität entziehen werden. Die EZB und die Bank of Japan werden versuchen dagegenzuhalten. "Aber wie lange?", fragte Augsten. Wenn der "Ebbstrom" bei der Zentralbankliquidität einsetze, werden Risiken neu bewertet und die Volatilität an den Märkten werde anspringen.
Zins-Instrumente ganz vorne
Wie Asset Allocation funktioniert, erläuterte Marco Kretschmann, Senior Quantitative Analyst bei der Gothaer Asset Management AG. Knapp 70 Mitarbeiter betreuen ein Anlagevolumen von 28 Milliarden Euro. Asset Allocation berücksichtige viele Assetklassen, auch Alternative Investments. Um eine
robuste Asset Allocation herzuleiten, müssen viele Aspekte berücksichtigt werden. Dazu zählen exogene Restriktionen, wie bspw. Anlagerichtlinien oder auch interne Zielgrößen, welche angesteuert werden müssen. Auf der Modellierungsseite muss überlegt werden, wie man Prognosen für alle Assetklassen ableiten möchte. Nimmt man die pure Experteneinschätzung oder verwendet man ein Modell als Overlay? Bei den Modellen reicht die Auswahl von Einfaktor- über Multifaktormodelle bis hin zur Modellierung stochastischer Prozesse. Auch die Simulation von Performancezahlen stellt eine Option dar. Risiken sind entgegen der landläufigen Meinung alles andere als Normalverteilt. Daher scheitern traditionelle Optimierungsmethoden bei der Verwendung von nicht-linearen-Zielfunktionen. Möchte man dennoch die Risiken adäquat optimieren muss man auf neuere Verfahren, wie zum Beispiel genetische Algorithmen zurückgreifen, die frei nach Darwins "Survival of the fittest" arbeiten.*
Der größte Anteil der Gothaer-Kapitalanlagen sind mit 59,7 Prozent zu Ende 2014 Zins-Instrumente wie Staatsanleihen. Eine besondere Rolle spielen gut rentierliche dänische Pfandbriefe. Danach folgen Credit-Instrumente (24,2%) und Immobilien (7,9%), Alternative Investments und Finanzbeteiligungen (je 3,2%). Die Aktienquote liegt bei nur 0,6 Prozent. Diese würden fast nur dividendenorientiert investiert. Die bevorstehenden Regelungen von Solvency II seien bereits vorweggenommen, so habe man zum Beispiel Asset Backed Securities nicht mehr im Bestand.
Bildquelle: © k-u haessler/Fotolia.com
Autor(en): Bernhard Rudolf