Firmen-Pensionskassen mit eigener Ausrichtung

Die Entgeltumwandlung wird wohl auch über 2008 hinaus mit SV-Freiheit der Einzahlungen gefördert. Experten erwarten grünes Licht für das neue Gesetz zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung.

Damit dürfte auch der Boom bei Pensionskassen anhalten. Derzeit wählen fast 4,3 Millionen Arbeitnehmer diesen Weg (Direktversicherung: 4,23 Millionen). Seit der Novelle des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) vom Herbst 2005 wird bei den Kassen rechtlich klar differenziert - zwischen wettbewerbsoffenen Versichererkassen sowie Firmen-Pensionskassen. Wettbewerbsoffene, so genannte deregulierte Pensionskassen, die ganz überwiegend als Aktiengesellschaften firmieren, sind Lebensversicherern gleichgestellt und dürfen nur deren aktuell gültigen Höchstrechnungszins anbieten (2,25 Prozent). Über drei Viertel der insgesamt 154 agierenden Kassen firmieren als AG (129) und sind damit dereguliert, der Rest reguliert.

Pensionskassen als Versicherungsvereine gibt es schon länger. Sie wurden lange Zeit zumeist von den Arbeitgebern finanziert, obwohl Arbeitnehmer ausschließlich und in vollem Umfang profitieren. "Bei uns kommen höhere Renten als bei Aktiengesellschaften heraus, erklärt Peter Hadasch, Vorstand der Nestle Pensionskasse VVaG. Hadasch ist zugleich Vorsitzender des Verbandes der Firmenpensionskassen (VFPK). Darin haben sich zwölf regulierte Pensionskassen zusammengeschlossen (). Zum Hintergrund: Seit 1. Januar 2006 werden Pensionskassen in Deutschland zwar stets als dereguliert eingestuft - eine Umkehrung der früheren Verhältnisse. Allerdings haben die meisten Firmen-Pensionskassen, die in der Rechtsform des Versicherungsvereins (VVaG) betrieben werden, bei der BaFin die Re-Regulierung beantragt (alle VFPK-Mitgliedskassen sind reguliert). Vorteil für Arbeitnehmer: Es dürfen keine rechnungsmäßigen Abschlusskosten für die Vermittlung erhoben und auch keine Vergütung für Vermittlung und Abschluss gezahlt werden. Zudem muss die oberste Vertretung der Kasse mindestens zu 50 Prozent mit Versicherten, also Arbeitnehmern, besetzt sein.

Weitere Pluspunkte von Firmen-Pensionskassen: Tarife und Geschäftspläne werden von der BaFin geprüft und ausdrücklich genehmigt. Daher können die Kassen ihre besondere Risikosituation zum Gegenstand der Tarifkalkulation machen und müssen nicht allgemeine Sterbetafeln verwenden. Da von Pensionskassen in der Regel kollektive Belegschaften versichert werden, ist das versicherungstechnische Risiko solidarischer als bei einer Individualversicherung verteilt. Zudem müssen keine Aktionäre bedient werden (Dividende). All dies führt in aller Regel zu einem günstigeren Preis-Leistungs-Verhältnis als bei Wettbewerbskassen. Nachteil der Firmen-Pensionskassen: Viele sind nur für ein einziges oder nur einige Unternehmen einer einzigen Branche offen. Der BVV des Bankgewerbes, größte deutsche Pensionskasse, hat nicht mehr nur Banken als bAV-Kunden wie früher, sondern Unternehmen der ganzen Finanzdienstleistungsbranche.

"Mittlerweile decken Pensionskassen insgesamt die wesentlichen Branchen und tarifvertraglichen Versorgungslösungen ab", sagt Stephan Birkner, Senior-Berater bei Rauser Towers Perrin. Die durchschnittlichen Beiträge zu Pensionskassen machten Ende 2006 bei "alten" Kassen im Schnitt 115 Euro pro Monat aus, bei den "neuen" Kassen 92 Euro, hat eine Infratest-Umfrage herausgefunden. Bei der Leistung schneiden die Kassen sehr unterschiedlich ab. Bei konservativen Rententarifen schaffen die Kassen im Schnitt rund 4,15 Prozent laufende Gesamtverzinsung (Direktversicherung: 4,3 Prozent), hat Birkner beobachtet. Allerdings punkten Pensionskassen vor allem mit flexibler Beitragszahlung: Der so genannte "laufende Einmalbetrag" erlaubt es dem Arbeitnehmer, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob und in welcher Höhe er in seine Pensionskasse einzahlen möchte.

Renditevorteile von Firmen-Pensionskassen gegenüber Wettbewerbskassen werden aktuell aus Brüssel bedroht: Nach dem Willen der EU-Kommission könnten die künftigen Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung und das Risikomanagement ("Solvency II-Richtlinie") nicht nur für Lebensversicherer, sondern auch für alle Pensionskassen gelten. "Dies würde unsere Kosten steigern und die Kapitalanlage erheblich einschränken", warnt Hadasch. Für regulierte Pensionskassen passe Solvency II nicht; es sei eine eigene Lösung notwendig, die die besondere Verbindung zum Arbeitgeber berücksichtigt. Als Beispiel führt er die Nestle-Pensionskasse an, die ihren Aktienanteil von heute 30 Prozent halbieren müsste. "Unter 15 Prozent Aktienanteil bei der Kapitalanlage wird die Kapitaldeckung für viele Trägerunternehmen jedoch unattraktiv", erklärt Hadasch. Darauf spekulieren wohl die Lebensversicherer mit ihren neuen, teuer aufgebauten Kassen, denen die alteingesessenen Kassen ohne Vertriebskosten offenbar ein Dorn im Auge sind. "Wir lassen uns das kostengünstige bAV-Pflänzchen aber nicht von den Versicherern kaputt machen", gibt sich Hadasch kämpferisch in Richtung EU und deutscher Versicherer-Lobby.

Autor(en): Detlef Pohl

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