Viel zu wenig Hausbesitzer haben sich gegen Hochwasser und Überflutung geschützt. Noch immer liegt die Quote laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bei rund 50 Prozent.
Die Einführung einer Pflichtversicherung könnte Jahre dauern. Viel eleganter wäre es, wenn Banken bei der Finanzierung von Immobilien Extra-Elementarschutz verlangen würden. Möglich wäre es. Die Praxis sieht anders aus.
Nur zwei Banken forderten Elementarschadenschutz
So zeigt eine Stichprobe, die 2022 von 20 Kreditinstituten beantwortet wurde, dass lediglich zwei Baufinanzierer neben der klassischen Wohngebäudepolice auch erweiterten Elementarschadenschutz verlangen. Die Kreditinstitute gehen damit angesichts des Klimawandels ein hohes Risiko ein. Der Drittschutz – fast jede neue Immobilie wird heute finanziert – könnte ein interessantes Vehikel sein, die Durchdringung der Elementarschadendeckung deutlich zu erhöhen.
Das sieht auch die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) so. Sie rät zu einer Gesetzesänderung. „Diese stellt einen geringfügigeren Eingriff dar als eine allgemeine Pflichtversicherung und würde ebenfalls zu mehr Versicherungsschutz führen“, sagt DAV-Vorsitzende Max Happacher.
Versicherungssteuer abschaffen oder senken
Immerhin wird das Für und Wider einer Elementarschaden-Pflichtversicherung gerade wieder stark diskutiert. Voraussichtlich im Herbst soll eine von Bundeskanzler Olaf Scholz eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe dazu ihre Arbeit aufnehmen. Laut DAV sollte – falls die Politik sich für eine Pflichtversicherung ausspricht – die Versicherungssteuer auf Elementarschutz entfallen oder deutlich gesenkt werden.
Ein Wegfall der Versicherungssteuer habe seine Vorbilder etwa in der Kranken-, Renten- oder Lebensversicherung. „Gerade bei einer Pflichtversicherung ist ein Wegfall aber schon aus Akzeptanzgründen geboten“, heißt es beim DAV. Es wäre kritisch zu beurteilen, wenn der Staat an einer Pflichtlösung deutlich verdienen würde.
Noch ist das letzte Wort zu Elementarschaden-Pflichtversicherung aber nicht gesprochen. Unterhalb dieses strengen und verwaltungsaufwändigen Eingriffs würde eine Steuerentlastung den Anreiz erhöhen, den Schutz freiwillig abzuschließen. Zudem verweisen die Versicherungsexperten des DAV darauf, dass bei einer Pflichtlösung auch eine Kumulschadenabsicherung notwendig wäre. Happacher: „Eine sogenannte Kumulschadenabsicherung, beispielsweise durch Rückversicherer, die Kapitalmärkte (sogenannte Cat-Bonds) oder ein staatlich organisiertes Pooling, käme dann zum Tragen, wenn ein ganzes Gebiet mit zahlreichen, großen Schäden betroffen wäre und eine zu definierende Schadensummenhöhe überschritten würde.“ Der Experte verweist darauf, dass nach einem regionalen Großschadenereignis die Preise für Material- und Reparaturkosten dort in die Höhe schießen.
Schon heute Existenzschutz anbieten
Schon heute könnten die Versicherer laut DAV vermehrt höhere Selbstbehalte für die Kunden anbieten, denen Extra-Elementarschutz bisher zu teuer ist. „Der Versicherungsschutz dient dann der grundlegenden Existenzsicherung, nicht dem 100-prozentigen Schutz vor allen Verlusten.“ Gerade hier könnten auch Vermittler die Kunden motivieren. Für eine deutlich geringere Prämie könnte der schlimmste Fall, der Totalverlust, abgesichert werden.
Zudem ist nach Forderungen von GDV und DAV unbedingt mehr Hochwasserprävention erforderlich. Unabdingbar wären stärkere staatliche Vorgaben beim Bau, um die Neubesiedelung in gefährdeten und hochgefährdeten Gebieten zu regulieren. Außerdem müssen staatliche Präventionsmaßnahmen aufrechterhalten und verbessert werden, wozu etwa der Ausbau von Deichen, Abwassersystemen und Frühwarnsystemen zählt. Und Hausbesitzer, die selbst etwas gegen die Hochwassergefahr tun möchten, sollten nach Meinung des DAV Subventionen erhalten.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek