Corona hat Lieferketten unterbrochen und die globale Wirtschaft in eine Krise gestürzt. Als Folge der Covid-19-Pandemie droht nun für 2021 eine weltweite Welle an Insolvenzen. Zwar meldeten im Jahr 2020 nur rund 16.000 Unternehmen in Deutschland Insolvenz an und somit so wenig wie seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999 nicht mehr. Zu den bekanntesten Pleiten zählten Galeria Karstadt Kaufhof, die Gastronomieketten Vapiano und Maredo, die Modehändler Esprit und Bonita sowie zuletzt die Friseurkette Klier. Doch durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zu wechselnden Konditionen für etwa ein Jahr, rechnen verschiedene Wirtschaftsinstitute mit einer Vielzahl so genannter Zombieunternehmen.
Dabei handelt es sich um Firmen, die zwar noch aktiv, nicht aber wirtschaftlich überlebensfähig sind und die unter anderen rechtlichen Rahmenbedingungen womöglich bereits vom Markt verschwunden wären. Auch wenn es schwierig ist, die genaue Zahl drohender Insolvenzen für das laufende Jahr zu beziffern, könnten die 2020 ausgebliebenen Insolvenzen die Zahl für 2021 auf mindestens 25.000 nach oben treiben, schätzt das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Dabei sind die Firmen aus dem neuesten Lockdown noch gar nicht berücksichtigt.
Auch finanzielle Hilfen sorgen für Rückstau an Insolvenzen
Laut ZEW "haben die undifferenzierten Finanzhilfen dazu beigetragen, dass ein Rückstau an Unternehmensinsolvenzen entstanden ist, der sich früher oder später auflösen wird." Am 30. April 2021 endete für Unternehmen in Deutschland nun die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit müssen Unternehmen ab Mai wieder innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Antrag auf Insolvenz stellen. Und zwar innerhalb von drei Wochen, sonst droht Geschäftsführern eine Klage wegen Insolvenzverschleppung. Diese soll die Rechte der Gläubiger schützen.
Besonders betroffen vom Rückstau bei den Insolvenzen sind dem ZEW zufolge kleinere Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern, die bereits vor der Corona-Krise finanzielle Probleme hatten, etwa Restaurants, Hotels oder Friseursalons. Tausende Beschäftigten droht nun Arbeitslosigkeit. Vor allem in Branchen, die unmittelbar vom Shutdown betroffen sind, wie weite Teile des stationären Einzelhandels, die Kultur- und Veranstaltungsbranche sowie persönliche Dienstleister, aber auch die Reisebranche, sind derzeit besonders insolvenzgefährdet, so die Einschätzung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
"Normalerweise führen Insolvenzen dazu, dass Mitarbeiter/innen sich auf dem Arbeitsmarkt anderen, effizienter und kreativer arbeitenden Unternehmen zuwenden und dass Kapital weg von insolventen hin zu wirtschaftlich stabilen Unternehmen fließt. Dieser Prozess stärkt auch die gesamtwirtschaftliche Produktivität und Innovationskraft und wirkt einem Fachkräftemangel bei den stabilen Unternehmen entgegen", erklärt Georg Licht vom ZEW. Allerdings wurde seiner Einschätzung nach dieser Prozess behindert, weil auch Unternehmen, "die sich unter normalen Umständen nicht aus eigener Kraft am Markt behaupten können, vor dem Konkurs bewahrt" wurden.
Rettungsanker Präventive Restrukturierung?
Doch welche Alternativen gibt es zum Insolvenzantrag? Anfang des Jahres hatte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) auf den Weg gebracht, das vom Bundestag im Dezember 2020 verabschiedet wurde und seit 1. Januar 2021 in Kraft ist.
Dabei handelt es sich um die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie über "Präventive Restrukturierungsrahmen", die bereits seit Juli 2019 gilt. Durch das neue Gesetz soll Unternehmen die Chance geboten werden, frühzeitig außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens vorbeugend zu sanieren und zu restrukturieren. Dabei erstellt der Vorstand einen Restrukturierungsplan, ohne das wie früher alle Gläubiger zustimmen müssen, sondern nur eine Mehrheit der Gläubiger. Ob sich dadurch 2021 eine Rekord-Pleitewelle in Deutschland allerdings verhindert lässt, muss sich noch zeigen.
Autor(en): Andrea Amerland