Die Finanzindustrie braucht Aktuare

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Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) gehört mit knapp 5.000 Mitgliedern zu den sechs größten Aktuarvereinigungen weltweit. Nach erfolgreich bestandener Spezialwissensprüfung wurden kürzlich 240 neue Mitglieder in die Vereinigung aufgenommen. Ein Anlass, um Dr. Guido Bader, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DAV, zur Entwicklung des Berufsstandes zu befragen.

Wie hat sich die Mitgliederzahl der DAV in den vergangenen Jahren entwickelt?
Guido Bader: Der Beruf des Aktuars erfreut sich seit Jahren steigender Beliebtheit. Hierzu hat nicht zuletzt die Einführung des neuen europäischen Aufsichtsregimes für Versicherungen, Solvency II, beigetragen. Für die Versicherungsmathematiker eröffnet Solvency II zahlreiche neue Aufgabengebiete, wodurch der Bedarf an hoch qualifizierten Aktuarinnen und Aktuaren noch einmal deutlich gestiegen ist. Während die DAV 2012 noch rund 3.800 Mitglieder zählte, sind es inzwischen knapp 5.000. Ferner stehen derzeit rund 1.600 meist jüngere Finanz- und Versicherungsmathematiker nach entsprechendem Hochschulstudium im geregelten Ausbildungsgang zum Aktuar.

Wie ist das Geschlechterverhältnis unter den Personen, die in der Ausbildung zum Aktuar sind?
Guido Bader: Der Beruf des Aktuars galt über viele Jahrzehnte als eine reine Männerdomäne. Mittlerweile entscheiden sich aber auch immer mehr Frauen für den Beruf. Während unter den DAV-Mitgliedern jedes dritte weiblich ist, sind mittlerweile 43 Prozent der Kandidaten in Ausbildung für die Mitgliedschaft Frauen. Eine Entwicklung, die sich auch in den Studienstatistiken deutscher Hochschulen wiederfindet, wo der Frauenanteil in den so genannten MINT-Fächern in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist.

Die DAV modernisierte vor einiger Zeit ihren Webauftritt. Wie ist die Resonanz auf Ihre Internetseite www.werde-aktuar.de?
Guido Bader: Wir sind mit dem Feedback auf die Website mehr als zufrieden. Unsere Seite hat sich binnen eines halben Jahres zum ersten Anlaufpunkt speziell für Studierende entwickelt, die sich für den Beruf des Aktuars interessieren. Dies zeigt sich auch in der deutlich gestiegenen Bewerberzahl auf die Praktikumsstellen, die die DGVFM-Förderunternehmen auf der Website schalten können. Wir werden in den kommenden Monaten die Website weiter ausbauen und so den Usern noch umfangreichere Informationen zur Verfügung stellen.

Wie wird sich die Nachfrage nach Aktuaren in den kommenden Jahren entwickeln?

Guido Bader: Aktuare werde auch in Zukunft eine tragende Säule in den Unternehmen spielen. Dabei werden sich ihre Aufgaben durch die Herausforderungen der Digitalisierung verändern. Dies hat auch die DAV längst für sich erkannt und vor diesem Hintergrund sowohl ihr Aus- als auch Weiterbildungssystem überarbeitet. Ab 2018 wird in der Aktuarausbildung ein deutlich größerer Schwerpunkt auf den Themenbereichen Risikomanagement und Data Analysis liegen.

Warum dies?
Guido Bader: Die Versicherer werden zweifellos mehr denn je Mitarbeiter benötigen, die die quantitativen, methodischen Grundlagen der digitalisierten Welt exzellent beherrschen. Auch in der Weiterbildung steht die Thematik "Actuarial Data Science" ganz oben auf der Tagesordnung. Das ist inzwischen ein integraler Bestandteil unserer großen Kongresse.

Zugleich beobachten wir, dass auch in anderen Bereichen der Finanzindustrie die Nachfrage nach Aktuaren mit ihrem spezifischen Fachwissen steigt. So arbeiten Aktuare auch immer häufiger für Investmentbanken und Asset-Management-Unternehmen. Wir erwarten, dass sich dieser Trend wie im angelsächsischen Raum auch hierzulande künftig noch beschleunigen wird. Denn gerade das fundierte mathematische Know-how prädestiniert Aktuare, in einer immer komplexeren und modellgetriebenen Welt eine zentrale Rolle in der Steuerung von Unternehmen zu spielen.

Lesetipp:
Aktuare verzweifelt gesucht
Angesichts des demografischen Wandels werden viele Berufe zu Mangelberufen. Einer davon ist offenbar der Beruf des Aktuars (vulgo: Versicherungsmathematiker), zu dem sich immer weniger Studenten verlocken lassen. Grund genug für die Branche, aktiv für den Beruf zu werben.
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Bild: © Alphaspirit/iStock trend

Autor(en): Alexa Michopoulos

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