Deutsche verlassen sich bei der Pflege auf den Staat

Weniger als die Hälfte der Deutschen sorgen für eine Pflegebedürftigkeit vor. Nur 43 Prozent, so fand die Allianz in ihrem "Allianz Pflegenotstandsbericht 2020" heraus, bauen sich für den Fall einer Pflegebedürftigkeit eine finanzielle Reserve auf. Dafür hat die Allianz im August 2007 bundesweit 4.800 Personen zu ihrer Pflegevorsorge befragen lassen und diese Ergebnisse mit demografischen Daten des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung verknüpft.

Der wachsende Anteil alter Menschen an der Bevölkerung wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem drastischen Anstieg der Ausgaben in der Pflegeversicherung führen. Im Jahre 2020 sollen knapp sechs Millionen Menschen über 80 Jahre in Deutschland leben, für das Jahr 2050 werden zehn Millionen prognostiziert, teilt die Allianz mit. Die Zahl der Pflegebedürftigen werde sich bis dahin verdoppelt haben.

Es fehlt am Bewusstsein
"Das Bewusstsein für die Brisanz des Themas Pflege ist vielfach noch unterentwickelt", warnt Wilfried Johannßen, Vorstand der Allianz Private Krankenversicherung. "Es muss verhindert werden, dass eines Tages Pflegebedürftigkeit beinahe selbstverständlich mit dem Angewiesensein auf Sozialhilfe gleichgesetzt wird. Schließlich wurde die soziale Pflegeversicherung zur Anerkennung des Pflegefallrisikos als allgemeines Lebensrisiko eingeführt und soll damit pflegebedürftige Menschen vor der Sozialhilfe bewahren".

Das höchste Risiko werde laut Pflegenotstandsbericht im Jahr 2020 vor allem die Menschen treffen, die bereits heute 60 Jahre und älter sind. Bei ihnen steige die Wahrscheinlichkeit, zum Pflegefall zu werden, mit jedem Lebensjahr drastisch an. Besorgniserregend ist, dass nur jeder Dritte in dieser Gruppe sagt, er habe für den Pflegefall vorgesorgt. Während die Bundesbürger in West- und Süddeutschland vergleichsweise gut vorsorgten, vernachlässigten dies insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern viele Menschen.

Verschlechterung für Menschen in Ostdeutschland
Dabei tragen die älteren Menschen in Ostdeutschland mit der Verschlechterung ihrer Lebenssituation zusätzlich bereits die Folgen von Geburtenrückgang und Abwanderung. Eine Verschärfung der Pflegesituation in Deutschland sei zudem durch einen Mangel an Pflegekräften zu erwarten. "In Ostdeutschland verschlechtert sich die Lebenssituation älterer Menschen schon heute. Dort findet der prognostizierte demografische Wandel bereits statt" warnt Marie-Luise Müller, Präsidentin des Deutschen Pflegerates. "Um dem Mangel an qualifiziertem Personal entgegenzusteuern, muss sich die Anzahl der Ausbildungsplätze am zukünftigen Bedarf orientieren und nicht an den aktuellen Krankenhausbudgets".

Der Pflegekräftemangel erhöht letztlich auch die Finanzierungslast der Pflege. "Solange jedoch keine grundlegende Reform durchgeführt wird, ist die gesetzliche Pflegeversicherung nicht zukunftsfest", stellt Johannßen fest. "Obwohl die gesetzliche Pflegeversicherung nie als Vollkasko-Schutz konzipiert war, wird sie von den meisten Bundesbürgern als alleinige Absicherung im Pflegefall gesehen." Dabei betrug der Pflegeaufwand des Jahres 2006 einschließlich der Selbstbeteiligung in der stationären Pflege über 26 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2020 werden die Gesamtausgaben um etwa 40 Prozent auf 37 Milliarden Euro wachsen, so die Allianz-Schätzungen.

Details zur Erhebung gibt es unter .

Autor(en): Angelika Breinich-Schilly

Alle Branche News