Die Fonds Finanz ist einer der größten Finanz-Maklerpools. Geschäftsführer Norbert Porazik sprach im ausführlichen Interview mit Versicherungsmagazin über die Möglichkeiten von Maklerverwaltungsprogrammen bei der Digitalisierung, Prozessoptimierung und dem Datenmanagement.
Herr Porazik, was muss ein modernes Maklerprogramm aus Ihrer Sicht leisten?
Norbert Porazik: Der Name Maklerverwaltungsprogramm (MVP) ist für die Anforderungen, die heute im professionellen Maklerbüro abgebildet werden müssen, schon nicht mehr zielführend. Vielmehr muss ein modernes MVP wie ein Ökosystem funktionieren, indem alle Tools barrierefrei miteinander interagieren. Mit Professional works bilden wir genau dieses Ökosystem ab. Heute gibt es zwar zahlreiche Marktteilnehmer, die wichtige Tools wie Kunden- und Vorgangsverwaltung, Vergleichsrechner, Kampagnentools, Finanzanalysen und Kunden-Apps anbieten. Allerdings erfüllen sie bei den Maklerbüros oft nicht den erwarteten Produktionsgewinn und Mehrwert, da die Tools in der Regel nicht miteinander synchronisieren.
Welche Pain Points kann ein zeitgemäßes MVP lösen und was ist der tatsächliche Mehrwert?
Verschiedene Verwaltungsaufgaben wie die Pflege von Kunden- und Vertragsdaten sowie Dokumente können nahezu komplett automatisiert werden. Dadurch kann eine signifikante Reduzierung des Verwaltungsaufwands herbeigeführt werden. Es wird ein „digitales Büro“ geschaffen, das es allen Mitarbeitenden ermöglicht, auf einem Stand zu sein und alle anfallenden Aufgaben digital zu bearbeiten. Drittsysteme sowie die aufwendige Administration von Zugangsdaten gehören damit der Vergangenheit an. Zudem ist der Überblick über den Gesamtbestand zu jeder Zeit via Knopfdruck gewährleistet. Hilfreich ist das vor allem, wenn es um die Regelung der Maklernachfolge geht.
Mit welchen anderen Tools und Services müssen Maklerverwaltungsprogramme „matchen“?
Welche Verknüpfungen oder „Matches“ wichtig sind und zum Einsatz kommen können, lässt sich am besten am konkreten Fallbeispiel darstellen: Der Makler erstellt für seinen Kunden ein Angebot und möchte es über den Vergleichsrechner einreichen. Im nächsten Schritt soll über die Kundenverwaltung die Vorversicherung automatisch geprüft und über die Vorgangsverwaltung gekündigt werden. Außerdem wird die zu erwartende Courtage des Maklers im Abrechnungstool angelegt. Letztlich wird der Vorgang erneut über die Vorgangsverwaltung auf Wiedervorlage gelegt, um die Überwachung zu steuern.
An diesem Beispiel lässt sich erkennen, dass insgesamt vier verschiedene Tools aus teils unterschiedlichen Aufgabenbereichen zum Einsatz kommen und miteinander interagieren, um den Makler bestmöglich zu unterstützen. Daneben können auch weitere Tools für Kampagnen, Finanzanalysen oder Kunden-Apps zum Einsatz kommen. Das hängt jedoch immer vom konkreten Vorgang des Maklers ab.
Wie bringen Sie die unterschiedlichen Datenformate der Versicherer und der Makler unter einen Hut? Welche Rolle spielen Datenbereinigung, Datenmigration und Data Analytics?
Innerhalb unserer Firmengruppe gibt es ein siebenköpfiges Entwicklerteam, das sich seit Jahren auf das Thema Datenbeschaffung konzentriert und darauf spezialisiert hat. Da die Datenformate und Anlieferungsmethoden seitens der Versicherer allerdings stark variieren und die damit verbundenen technischen und rechtlichen Themen äußerst komplex und teils sehr individuell sind, lässt sich die Frage nicht pauschal beantworten.
Wie gehen Sie mit vorhandener IT-Legacy und Altdatenbestand von Maklern um, wenn sich diese für Sie als Pool entscheiden? Welche Rolle spielen offene Programmierschnittstellen?
Trotz des Zeitaufwands ist die Unterstützung der Makler bei der Migration ihres Altsystems für uns eine Selbstverständlichkeit. Meist können dabei die Daten so eingespielt werden, dass keine aufwendigen Schnittstellen programmiert werden müssen, sondern mit Standard-Schnittstellen gearbeitet werden kann.
Wie müssen Maklerverwaltungsprogramme beschaffen sein, um auch zukünftige gesetzliche und regulatorische Anforderungen erfüllen zu können?
Das A und O ist es, möglichst wenige technische Schulden zu haben. Technische Schulden führen dazu, dass die Systeme ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr wartbar sind. Sinnbildlich kann man sich das wie einen unaufgeräumten Keller vorstellen. Ab einem bestimmten Punkt geht man in den Keller und ist die meiste Zeit mit der Suche nach einem Gegenstand beschäftigt, statt den gesuchten Gegenstand dank eines guten Aufräumsystems schnell zu finden.
Können Sie das bitte näher erläutern?
Hat man zu viele technische Schulden, kann es sein, dass nur noch das Schreiben einer Zeile Code am Tag möglich ist. Daneben muss das MVP als Ökosystem entwickelt worden sein. Wichtig wird das insbesondere bei gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen, die im Regelfall verschiedene Bereiche betreffen und in den jeweiligen Tools eingebunden werden müssen. Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Der Kunde soll vor Antragsstellung die VVG-konformen Unterlagen zugeschickt bekommen und die Beratungsdokumentation soll vor Vertragsabschluss generiert werden. Alle diese Vorgänge ergeben sich aus dem Vergleichsrechner heraus. Zudem müssen diese Daten zu Beweiszwecken abgelegt werden, was wiederum in der Kundenakte passiert. Jeder dieser Vorgänge muss automatisch erfolgen, da der Makler bei einer manuellen Bearbeitung einer solchen Arbeitsabfolge große Produktivitätsverluste in Kauf nehmen müsste.
Welche Potenziale birgt die Blockchain-Technologie für Poolgesellschaften?
Wenn wir Blockchain hier als Schlagwort verstehen, handelt es sich dabei lediglich um eine Technologie für eine dezentrale Datenbank. In Bezug auf die Datenbankstruktur und das Design haben zentrale sowie dezentrale Datenbanken jeweils ihre Vor- und Nachteile. Wenn also die Kommunikation von Maschine zu Maschine gemeint ist, so muss sie nicht zwingend auf einer Blockchain basieren. Bei der Interaktion von Maschine zu Maschine können allerdings KI-Tools dabei stark behilflich sein, diese Prozesse schneller als per klassischer API (Application Programming Interface: Programmierschnittstelle, Anm. d. Red.) zu entwickeln.
Welche Rolle spielt die Skalierbarkeit und wie sieht ein smartes Datenmanagement der Zukunft aus?
Die Skalierbarkeit einer Plattform wie einem MVP ist ein immenser Vorteil. Dabei spielt es keine Rolle, wie viele Nutzer die Technologie anwenden. Die Kosten sind gleichbleibend bzw. steigen nur in geringem Maße, während die Einnahmen pro Nutzer steigen. Außerdem hilft das Skalieren, die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen, da vor allem Anwendungen, die häufig genutzt werden, bei der Entwicklung priorisiert werden können.
Nennen Sie bitte vier Leistungen zum MVP von Fonds Finanz.
Mit der integrierten Serienbrieffunktion von Professional works können Makler ihre Kunden zielgerichtet und mithilfe von Vorlagen gängiger Kampagnen einfach und effektiv ansprechen. Dabei unterstützen verschiedene Filterfunktionen dabei, den geeigneten Kundenkreis einzugrenzen. Makler sind in der Regel eng getaktet und müssen dennoch den Überblick über die verschiedenen Termine behalten. Hier unterstützt das Vertriebscockpit, damit alle termingebundenen To-dos fristgerecht auf dem digitalen Zettel hinterlegt sind und vom Kundengeburtstag bis zum abgelaufenen Vertrag nichts in Vergessenheit gerät. In einer sich immer weiter digitalisieren Welt ist auch die elektronische Unterschrift im Makleralltag ein Muss und Teil unseres MVPs. Damit kann das Geschäft volldigital abgewickelt werden und wird von vielen Versicherern akzeptiert. Jeder Makler sollte gut vorbereitet ins Kundengespräch gehen. Dafür bietet Professional works mit Bedarfs- und Finanzanalysen eine optimale Beratungsunterstützung. Mit der Bedarfsanalyse können die Versorgungslücken des Kunden aufgedeckt und gut veranschaulicht werden und Finanzanalyse unterstützt die Makler während des Gesprächs mit interaktiven Grafiken, Rechnern und Hintergrundinformationen.
Wie müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einen MVP-Wechsel vorbereitet werden?
Eine gute Vorbereitung der Mitarbeitenden ist bei Einführung eines MVP unerlässlich. Als besonders sinnvoll hat sich erwiesen, in etwa drei bis fünf Onboarding-Terminen das „digitale Büro“ im Hintergrund aufzubauen und die Mitarbeitenden anschließend via Online-Schulungen einzuweisen. Professionelle MVPs verfügen über intuitive Oberflächen. Dadurch entfallen in der Regel tiefgreifende Schulungen. Sollten doch noch offene Fragen bestehen, ergibt ein kostenloser Support des MVP-Anbieters Sinn. Gerade wenn ein Maklerbüro sich noch mit dem MVP vertraut macht, führt ein guter und professioneller Support zu einem Positiverlebnis beim Partner. Für eine langfristige Zusammenarbeit bilden solche Kundenerlebnisse eine wichtige Basis und motivieren, um sich mit der neuen Materie intensiver auseinanderzusetzen.
Welche Rolle spielen Komfort und Sicherheit bei MVPs?
Im Zweifel ist die Sicherheit immer dem Komfort vorzuziehen. Auch wenn eine Zwei-Faktor-Authentifizierung beim Einloggen erstmal lästig erscheint, dient sie doch zur Sicherheit der wichtigen und sensiblen Daten der Makler. Unser Ziel ist es, unsere umfangreichen Sicherungsmaßnahmen so zu gestalten, dass der Makler sich davon nicht gestört fühlt und sich auf den Kern seiner Aufgabe – nämlich der Beratung seiner Kunden – fokussieren kann.
Das Interview führte François Baumgartner, Kommunikationsberater und Journalist.
Autor(en): François Baumgartner