Berufsunfähigkeits-Versicherung: Viele Defizite in der Bevölkerung

740px 535px

Der allerbeste Schutz gegen Arbeitskraftverlust, die private Berufsunfähigkeits-Versicherung (BU), wird nur von einer Minderheit der Bevölkerung abgeschlossen. Zwei Hauptgründe sind der Hemmschuh für eine bessere Absicherung: Die hohen Prämien und falsche Vorstellungen über die Leistungen der Berufsunfähigkeits-Versicherung. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Continentale Lebensversicherung AG. 

Eigentlich ist das erst einmal eine positive Botschaft für Versicherungsvermittler: 61 Prozent haben nach eigenen Angaben keine BU-Police abgeschlossen. Damit wird aktuell ein Ergebnis einer Studie aus dem Jahre 2011 bestätigt. Es hat sich in Sachen privaten Berufsschutz also in acht Jahren nicht viel getan. Wahrscheinlich ist die potenzielle Zahl der Kunden sogar noch viel größer. So verweisen die Autoren der Studie "Berufsunfähigkeit - das unterschätzte Risiko" darauf, dass viele Menschen nur glauben, sie hätten eine private BU. Oftmals würde die Vorsorgeform verwechselt. Beispielsweise würde auch privater Unfallschutz als vollwertiger Arbeitskraftschutz angesehen. Leider hat es die im Juni 2019 veröffentlichte Umfrage versäumt festzustellen, in welcher Höhe die Kunden abgesichert sind. Auch hier dürfte es größere Defizite geben.

Wesen des Risikoschutzes nicht erkannt

Frappierend ist jedoch das viele Menschen in Deutschland anscheinend gar nicht wissen, was eine Risikoversicherung genau ist. So glauben tatsächlich 68 Prozent, sie könnten mit einer Immobilie ihre Arbeitskraft absichern. Meist ist es umgekehrt. Wer berufsunfähig wird, kann die Raten des Hauses nicht mehr zahlen und gerät oft in die Zwangsversteigerung. 66 Prozent glauben, dass sie mit Sparen den existenziellen Berufsschutz aufbauen können. Tatsächlich müssten sie dann aber viel Glück haben und erst im hohen Alter die Arbeitskraft verlieren. Wer etwa nach einer Sparperiode von zehn Jahren berufsunfähig wird, dürfte nur ganz kurze Zeit vom Ersparten leben können, während die BU-Police bis zum Ende des aktiven Arbeitslebens die monatlich vereinbarte Rente zahlt.

Mehrere 100.000 Euro notwendig

Wer etwa mit 35 seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, der erhält bis zum Rentenbeginn bei einer monatlichen Absicherung von 2.000 Euro fast 770.000 Euro. Sparen ist also absolut keine Alternative. Zudem sind beim Thema Berufsunfähigkeits-Versicherung weitere Irrtürmer und viel Misstrauen weit verbreitet. So glauben 42 Prozent, die privaten und gesetzlichen Leistungen würden verrechnet; weitere 24 Prozent sind sich nicht sicher. 44 Prozent fürchten zudem, dass der Versicherer bei selbstverschuldeten Unfällen nicht zahle. Und 63 Prozent misstrauen Versicherern grundsätzlich und glauben, dass diese im Ernstfall meistens "eh nicht" zahlen würden. Regelmäßiger öffentlicher Streit, etwa über die 50-Prozent Grenze, dürfte solche Vorurteile beflügeln. Auch die lange Leistungsprüfung wirkt hier negativ.

Preise nur für körperlich Tätige zu hoch

Während Versicherer und Vermittler Irrtürmer über die Leistungen bei BU-Policen durch mehr Aufklärung entgegenwirken könnten, ist das beim Preis für den Schutz sehr schwierig. 71 Prozent der Kunden halten die BU-Police für zu teuer. Tatsächlich gilt dies aber wohl nur für Berufe, die durch körperliche Tätigkeit ein erhöhtes Risiko haben. Hier hat die immer stärkere Berufsgruppendifferenzierung der letzten Jahre eine unhaltbare Situation geschaffen. Auch hier schwächelt die Umfrage: Sie zeigt nicht auf, wie viele Handwerker berechtigt und wie viele Büroangestellte den Schutz unberechtigt für zu teuer halten.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

Alle Branche News