Autoversicherung: Vorkasse für klamme Kunden

Eine Reihe von Autoversicherern will bonitätsschwachen Kunden künftig automatisch einen Vorkassetarif anbieten. Derzeit erleben Autofahrer, die beim Antrag durch die Bonitätsprüfung fallen, oft einen regelrechten Spießrutenlauf. Zwar müssen die Versicherer jedem Kunden eine Kfz-Versicherung verkaufen. Die Abschlusspflicht gilt aber nur für die Autohaftpflicht im Rahmen eines Mindestschutzes.

Gerne werden diese Kunden aber dennoch nicht aufgenommen. Sie würden mit einer ganzen Reihe von Tricks abgewimmelt, so ein Branchenexperte. Nun sollen bonitätsschwache Kunden wieder Vollschutz erhalten, also sowohl eine Kfz-Haftpflicht- als auch eine Vollkasko-Police. "Das gilt aber nur, wenn sie ihre Prämie ein Jahr im Voraus zahlen", sagt Björn Weikert, Vorstand beim Onlinevergleichsportal Check24. Laut dem Experten würden derzeit Direct Line, Admiral Direkt, Europa und die Sparkassen Direkt solche Vorkassetarife testen. Auch bei anderen Vergleichsportalen sollen solche Tarife vor dem Start stehen.

Unklar ist, ob für die Vorkassetarife ein Aufschlag verlangt wird. Bei Admiral Direkt und Direct Line gilt derzeit noch keine Mehrzahlung. "Unser Kernrisiko ist die erste Zahlung", sagt David Stachon, Vorstandsvorsitzender der Direct Line aus dem brandenburgischen Teltow. Wird nicht gezahlt, trage der Autoversicherer in der Regel sechs bis acht Wochen das Schadenrisiko, bis das Fahrzeug von der Zulassungsbehörde stillgelegt werde. Demgegenüber hält die Admiral Direkt einen Zuschlag von 25 bis 35 Prozent auf den Vorkassetarif für gerechtfertigt. "Wir müssen 60 Prozent der Kunden später wieder mahnen", begründet Admiral Direkt Vertriebsleiter Thomas Vogel. Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hält teurere Vorkassetarife in der Kfz-Versicherung für legitim. "Bonitätsschwaches Kunden haben eindeutig ein höheres Schadenrisiko und nun wieder die Chance auf einen Vollschutz", sagte GDV-Sprecherin Katrin Rüter de Escobar.

Zahl der abgelehnten Fahrer gestiegen
Als Ursache für die höhere Schadenhäufigkeit bonitätsschwacher Fahrer gilt vor allem deren psychische Belastung. Autofahrer, die sich den ganzen Tag mit ihren Gläubigern stritten, seien unkonzentriert und würden daher schlechter Auto fahren. Zudem nutzten solche Personen in der Regel ältere und schlechter gewartete Fahrzeuge und betrögen ihre Versicherung häufiger.

Insgesamt soll sich die Zahl zunächst abgelehnten Autofahrer, deutlich erhöht haben. "Mittlerweile fallen rund 20 Prozent der Kunden bei der Bonitätsprüfung durch", sagt Vorstand Wolfgang Schütz vom Internetvergleichsportal Transparo. Diese Kunden können ohne die elektronische Versicherungsbestätigung (eVB) ihr Auto nicht zulassen. Auch die Zahl der Versicherer, die die Zahlungsfähigkeit prüfen, hat sich deutlich erhöht. Waren es Anfang 2008 lediglich rund 30 Versicherer, testen laut der Kreditauskunft Arvato Infoscore derzeit schon über 90 Anbieter ihre Kunden vorab. Die Zahl der Bonitätsauskünfte an Versicherungen ist seit 2004 von rund sechs Millionen auf derzeit schätzungsweise 20 Millionen gestiegen.

Über drei Millionen "harte" Treffer
Mit einer Ablehnung durch die Autoversicherung müssen derzeit vor allem die 3,4 Millionen Personen rechnen, die bereits einen Offenbarungseid leisten mussten. "Wir erhalten diese Daten tagesaktuell von den Amtsgerichten", erläuterte Björn Hinrichs von der Kreditauskunft Arvato Infocore. Insgesamt verfügt das Unternehmen derzeit über die Negativdaten von 7,8 Millionen Personen. Diese werden in drei Kategorien eingeteilt. Als noch "weiche" Treffer gelten die rund 2,1 Millionen Personen, die sich lediglich in einem Inkassoverfahren befinden. Als "mittlere" Treffer werden die 2,3 Millionen Personen bewertet, die bereits in einem gerichtlichen Mahnverfahren befinden. In die negativste Kategorie "hart" befinden sich derzeit die 3,4 Millionen Personen, bei denen die Überschuldung bereits gerichtlich festgestellt wurde.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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