Der Ruf nach einer Pflegevollversicherung wird von Seiten der Politik lauter. Der PKV-Verband findet das keine gute Idee. Seine Begründung: Sie ist nicht nur unsolidarisch und führt zu erheblichen Belastungen. Die Details der Argumentation.
Eine Pflegevollversicherung haben kürzlich der Paritätische Gesamtverband, die Gewerkschaft Verdi und der Biva-Pflegeschutzbund gefordert. Zur Finanzierung wollen sie die private und gesetzliche Pflegeversicherung zusammenlegen. Dabei missachten sie nach Einordung des PKV-Verbandes, dass das Kernproblem in der Pflege das Umlageverfahren der gesetzlichen Pflegeversicherung ist. Denn hier müssten immer weniger Jüngere für immer mehr ältere Pflegebedürftige zahlen.
Pflegevollversicherung würde jüngere Generationen vollkommen überlasten
Es wäre fatal, mit einer erzwungenen Einheitsversicherung dieses instabile Umlagesystem auf noch mehr Versicherte auszuweiten. Das würde die jüngeren Generationen völlig überlasten. Aber auch grundsätzlich wäre eine Pflegevollversicherung keine gute Lösung. Der Verband führt hierfür diverse Gründe an.
Der Begriff Pflegevollversicherung suggeriert nach Ansicht de PKV-Verbandes, dass diese sämtliche Kosten im Fall der Pflegebedürftigkeit abdeckt. Im Pflegeheim – dort wo das Problem der Finanzierungslücke am größten ist – ist jedoch lediglich die Übernahme der pflegebedingten Eigenanteile gemeint. Das sind im Bundesdurchschnitt derzeit rund 1.200 Euro. Die Kosten für Unterkunft und Pflege sowie die Investitionskosten müssten weiterhin selbst bezahlt werden – immerhin sind das auch noch einmal rund 1.300 Euro.
Mit Einführung einer „Pflegevollversicherung“ dürften viele Menschen den falschen Eindruck gewinnen, selbst gar nicht mehr vorsorgen zu müssen und stünden so im Pflegefall doch wieder vor einer Finanzierungslücke, so die Position des Verbandes.
Bestehende Pflegeversicherung erfüllt sozialpolitisch weiterhin ihren Zweck
Seit über 25 Jahren liegt die Sozialhilfequote in Pflegeheimen bei etwa einem Drittel. Vor Einführung der Gesetzlichen Pflegeversicherung waren es 80 Prozent. Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen zudem einen deutlichen Rückgang der Ausgabenentwicklung bei der „Hilfe zur Pflege“ in stationären Einrichtungen. Die bestehende Pflegeversicherung mit ihrer Teilübernahme der Kosten erfüllt somit sozialpolitisch nach wie vor ihren Zweck, betont der PKV-Verband. Seine Begründung: Die allermeisten Pflegebedürftigen könnten stationäre Pflege aus eigenen und aus den Mitteln der Pflegversicherung selbst finanzieren. Der Anteil, der auf staatliche Unterstützung durch Hilfe zur Pflege angewiesen ist, sei dauerhaft begrenzt.
Weiterhin ist der Verband davon überzeugt, dass eine Pflegevollversicherung auf Kosten aller Beitragszahler die Vermögen der Mittel- und Oberschicht schützt. Denn gerade Menschen mit höherem Einkommen beziehungsweise Vermögen könnten die Pflegekosten durchaus selbst tragen. Mit einer Vollversicherung könnten sie jedoch ihr privates Vermögen schonen. Die Pflegevollversicherung schützt damit also eher die Erben wohlhabender Menschen, anstatt Bedürftige gezielt zu unterstützen.
Lösungsvorschläge für generationengerechte Reform schon vorhanden
Die soziale Pflegeversicherung sei schon jetzt defizitär, so die Überzeugung des PKV-Verbandes. Grund dafür seien vor allem die Alterung der deutschen Bevölkerung und die massiven Leistungssteigerungen durch diverse Pflegereformen in den vergangenen Jahren. Erst zum 1. Juli 2023 musste der Beitragssatz auf 3,4 Prozent angehoben werden – Menschen ohne Kinder zahlen sogar vier Prozent. Eine Pflegevollversicherung bedeutee eine weitere Leistungsausweitung und damit erneut steigende Beiträge. Die Sozialabgabenquote insgesamt würde damit deutlich die 40-Prozent-Marke überspringen, die nach wie vor als wirtschaftspolitisches Stabilitätsziel gelte.
Lösungsvorschläge für eine generationengerechte Reform der Pflegeversicherung liegen auf dem Tisch, so die Überzeugung des Verbandes. Beispiele hierfür seien der Generationenvertrag der Privaten Krankenversicherung oder das Konzept des Expertenrats „Pflegefinanzen“.
Und wer zur Finanzierung von Pflegeleistungen über die gesetzliche Absicherung hinaus nicht auf private Einkünfte und Vermögen zurückgreifen möchte, kann jederzeit mit einer Pflegezusatzversicherung vorsorgen, ist der Verband überzeugt. Das sei oft günstiger, als viele glauben würden. Eine Pflegevollversicherung schade der Gesellschaft aber unter dem Strich mehr als sie nutze.
Quelle: PKV-Verband
Autor(en): versicherungsmagazin.de