Zentralverwaltungswirtschaft
Zentralplanwirtschaft, Planwirtschaft.
1. Begriff: Von W. Eucken geprägter Begriff für eine Wirtschaftsordnung, in der alle Wirtschaftsprozesse (Produktion, Allokation und Konsumtion) eines Landes von einer zentralen staatlichen Instanz einheitlich nach vorgegebenen Zielvorstellungen geplant, koordiniert und überwacht werden.
2. Merkmale und Varianten: In der Zentralverwaltungswirtschaft wird der Marktmechanismus als Steuerungsinstrument einer Marktwirtschaft weitgehend durch einen hierarchisch gegliederten, bürokratischen Lenkungsapparat ersetzt, der seine Entscheidungen mittels verbindlicher Direktiven durchsetzt. Die systemadäquate Verbindung der Zentralverwaltungswirtschaft mit Staatseigentum an den Produktionsmitteln ergibt den Typ der staatssozialistischen Zentralverwaltungswirtschaft (Planwirtschaft); möglich ist auch eine Kombination mit Privateigentum (z.B. deutsche Kriegswirtschaft während der beiden Weltkriege) oder mit Gruppen- bzw. Gesellschaftseigentum, die in Modellen der Rätedemokratie angestrebt wird. Ein Kennzeichen der Zentralverwaltungswirtschaft ist zudem, dass der jährliche Plan nur ein Glied in der Kette mehrjähriger Wirtschaftspläne ist. In der totalitären Variante der Zentralverwaltungswirtschaft legt die zentrale Planbehörde die Ziele der Produktion, die Verwendung der verstaatlichten Produktionsmittel und die Verteilung der Produktionsergebnisse autonom fest. Diese (strenge) Form kann durch Berücksichtigung wettbewerblicher Elemente aufgelockert werden. Nach dem Zentralisierungsgrad der Planung im Produktions- und Konsumtionsbereich kann zwischen total-, hoch- oder dezentralisierten Konzepten der Zentralverwaltungswirtschaft unterschieden werden.
3. Würdigungen: Ohne auf die Fragen der Ableitung eines Zielsystems und kollektiver Rangordnungen einzugehen, reduziert sich das Problem darauf, ob der Zentralplan die optimale Allokation der Produktionsfaktoren und die Maximierung der Produktion sowie eine optimale Verteilung auf die Wirtschaftssubjekte gewährleistet. Die Theoretiker der Zentralverwaltungswirtschaft behaupten, dass entweder die Salden planwirtschaftlicher Güterbilanzen oder die Verwendung von Verrechnungspreisen (auf Basis der Grenzkosten-Preis-Regel; vgl. Polypol) die optimale Allokation sicherstellen. Darüber hinaus weise die Zentralverwaltungswirtschaft einen höheren Grad an Rationalität (O. Lange) als die Marktwirtschaft auf, da neben der individuellen auch die gesamtwirtschaftliche Rationalität berücksichtigt werde. Allerdings ist diese Diskussion unvollständig, da Allokationsmechanismen auch hinsichtlich ihrer Konvergenzeigenschaften (ob und wie schnell sie zu einem Gleichgewicht führen) und Informationserfordernisse zu beurteilen sind. Es scheint, als wären die existierenden Formen der Zentralverwaltungswirtschaft (Sowjetunion, Ostblockstaaten) gerade wegen der darin steckenden Anreizprobleme untergegangen.
Autor(en): Professor (em.) Dr. Dr. h.c. Roland Eisen