Beamtenversorgung
1. Begriff
Die Beamtenversorgung ist ein eigenständiges Versorgungssystem für Beamte. Sie ist als „Vollversorgung“ ausgestaltet und umfasst im weitesten Sinne die Alterssicherung, Hinterbliebenenversorgung und Unfallfürsorge aller Bundesbeamten, Beamten der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Im Rahmen der Alterssicherung umschließt die Beamtenversorgung nach Sinn und Zweck sowohl die Grund- als auch die Zusatzversorgung, wie sie im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung gewährt wird. Nach Maßgabe von Besonderheiten im Soldatengesetz des Bundes und der Richtergesetze in Bund und Ländern gelten die grundlegenden Aussagen zur Beamtenversorgung auch für Berufssoldaten und Richter.
2. Leistungsarten
Die wesentlichen Leistungsarten der Beamtenversorgung sind: a) v.a. das Ruhegehalt sowie im Weiteren in der Reihenfolge der alphabetischen Bezeichnungen
b) die Beihilfe,
c) die Heilfürsorge,
d) die Hinterbliebenenversorgung,
e) das Sterbegeld,
f) das Übergangsgeld,
g) die Unfallfürsorge,
h) das Waisengeld,
i) das Witwen‑/Witwergeld,
j) die Witwen‑/Witwerabfindung.
3. Einordnung und Abgrenzung von anderen Versorgungssystemen
Die Beamtenversorgung gehört zum Kernbereich der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 V GG – und ist damit ein verfassungsrechtlich eigenständig ausgestaltetes System sozialer Sicherheit. Von den anderen Versorgungssystemen unterscheidet sich die eigenständige Beamtenversorgung nach den verfassungsrechtlichen und einfach-gesetzlichen Grundlagen, dem Wesen und den Funktionen, den Trägern, dem gesicherten Personenkreis, den Leistungsinhalten einschl. dem Umfang der jeweiligen Ansprüche, dem Sicherungsniveau sowie den Berechnungs- und Finanzierungsgrundlagen. Wegen der wesentlichen strukturellen Unterschiede zwischen den prägenden Alterssicherungssystemen in Deutschland – das sind die gesetzliche Rentenversicherung, die eigenständige Beamtenversorgung sowie die jeweiligen berufsständischen Versorgungssysteme – siehe die nachstehende tabellarische Übersicht:
Gesetzliche Rentenversicherung |
Beamtenversorgung |
Berufsständische Versorgungssysteme |
Finanzierung |
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Ansprüche |
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Kapitaldeckung | ||
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Tab.: Strukturelemente der Alterssicherungssysteme
4. Weitere Grundlagen
Ein eigenständiger Anspruch auf Beamtenversorgung als Alterssicherung wird dem Beamten nur gewährt, wenn er eine Dienstzeit von mindestens fünf Jahren abgeleistet hat oder er infolge von Krankheit, Verwundung oder sonstiger Beschädigung, die er sich ohne grobes Verschulden bei Ausübung oder Veranlassung des Dienstes zugezogen hat, dienstunfähig geworden ist. Wird die Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt – und liegt auch kein Fall der Dienstunfähigkeit infolge eines Dienstunfalls vor –, besteht kein Anspruch auf Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz. Für Beamte liegt damit in der beruflichen Anfangsphase ein Alterssicherungsrisiko vor, da bis zum Erreichen von fünf ruhegehaltfähigen Dienstjahren keine Absicherung über die eigenständige Beamtenversorgung existiert. Zu beachten ist jedoch, dass für Beamte auf Probe, die vor Erreichen einer Dienstzeit von mindestens fünf Jahren aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden, eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) nach § 8 II SGB VI erfolgt. Dabei werden die im Beamtenverhältnis zurückgelegten Dienstzeiten so behandelt, als wären sie sozialversicherungspflichtige Zeiten. Bei der Nachversicherung übernimmt der Dienstherr den vollen Sozialbeitrag, d.h. den Arbeitgeberanteil und den Arbeitnehmeranteil, jedoch nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze. Eine besondere Lage ist gegeben, wenn der Beamte infolge von Krankheit, Verwundung oder sonstiger Beschädigung, die er sich ohne grobes Verschulden bei Ausübung oder aus Veranlassung des Dienstes zugezogen hat, dienstunfähig wird und deshalb in den Ruhestand versetzt wird. In diesem Fall erhält der Beamte eine Beamtenversorgung nach den Regelungen der sog. Dienstunfallversorgung (siehe Unfallfürsorge).
5. Historie und Entwicklungen
Nach einer Verfassungsänderung vom 18.3.1971 (BGBl. I S. 206) wurde durch ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrats eine einheitliche Regelung der Versorgung für alle Beamte in allen Gebietskörperschaften geschaffen. Damit wurde seinerzeit eine Zersplitterung des Alterssicherungsrechts in den verschiedenen Gebietskörperschaften verhindert. Mit der „Föderalismusreform I“ wurde im Jahr 2006 die Regelung der Alterssicherung der Landes- und Kommunalbeamten auf die Länder – und für die Bundesbeamten auf den Bund – übertragen. Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, das am 31.8.2006 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 2034 ff.) veröffentlicht wurde und am 1.9.2006 in Kraft getreten ist, steht dem Bund nicht mehr das Recht zu, die Beamtenversorgung bundeseinheitlich für alle Beamte der Länder, Gemeinden sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen zu regeln. Mit der Einführung des Art. 74 I Nr. 27 GG haben seit September 2006 der Bund und die Länder die Gesetzgebungskompetenz für das Beamtenversorgungsrecht jeweils eigenständig (siehe Beamtenversorgungsgesetze). Nach Art. 125a GG gilt das als Bundesrecht erlassene Recht – also das BeamtVG (a.F.) – solange weiter, wie es nicht durch Neurecht, z.B. durch ein neues Beamtenversorgungsrecht für Landesbeamte, ersetzt wird. In der Praxis bedeutet dies, dass das ehemalige bundeseinheitliche BeamtVG i.d.F. von Ende August 2006 eingefroren wurde – also in seinem Inhalt weder vom Bund noch von den Ländern mit Wirkung für alle Beamte in Deutschland veränderlich ist.
6. Bedeutung
Die relative Bedeutung der verschiedenen Alterssicherungssysteme geht aus folgender schematischer Darstellung hervor, die eine Betrachtung des Gewichts der einzelnen Alterssicherungssysteme vornimmt:
Abb.: Anteil der Alterssicherungssysteme am Leistungsvolumen (brutto) insgesamt und der Anzahl der Leistungsbezieher (vgl. BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Alterssicherungsbericht 2012).
2013 hat die Anzahl der Ruhegehaltsempfänger des öffentlichen Dienstes gegenüber dem Jahr 2012 um ca. 27.000 auf 1,16 Mio. zugenommen. Zugleich sind erneut eine niedrigere Zahl an Pensionierungen aufgrund von Dienstunfähigkeit und ein hoher Stand des Erreichens der Antrags- und Regelaltersgrenzen zu verzeichnen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind im Jahr 2013 bei den Gebietskörperschaften rund 59.100 Pensionierungen (2012: 55.700, 2011: 42.000) angefallen. Im Einzelnen ist die Gesamtzahl der Ruhegehaltsempfänger von Bund, Ländern und Gemeinden zum Stichtag 1.1.2013 auf ca. 839.000 (2012: 813.000, 2011: ca. 772.000) Personen angewachsen. Dies bedeutet insgesamt eine stetige Zunahme der Zahl der Ruhegehaltsempfänger der Gebietskörperschaften. Dagegen blieb die Zahl der Ruhegehaltsempfänger der ehemaligen Deutschen Bundespost mit ca. 213.000 nahezu unverändert, während beim Bundeseisenbahnvermögen ein weiterer Rückgang auf ca. 101.000 Pensionäre zu verzeichnen war.
Zusammengerechnet ergibt sich zum Stichtag 1.1.2013 eine Anzahl von ca. 1.159.000 Ruhegehaltsempfängern des öffentlichen Dienstes (inkl. der privatisierten Bereiche und der rechtlich selbstständigen Einrichtungen). Die Gesamtzahl der Empfänger von Hinterbliebenenversorgung (Witwen/Witwer und Waisen) war dabei mit etwa 380.000 gegenüber dem Vorjahr erneut in geringem Umfang rückläufig.
Der höchste prozentuale Anstieg bei den Ruhegehaltsempfängern betraf die Länder, und zwar in 2013 mit 4,8 % (2012: 4,6 %, 2011: 4,1 %) auf etwa 626.000 (2012: 598.000, 2011: 566.000) Personen. Die Zahl der Ruhegehaltsempfänger der Länder hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt.
Bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden belief sich der Anstieg 2013 auf 2,3 % (2012: 2,6 %, 2011: 2,0 %) und damit auf nunmehr rund 81.700 (2012: 79.800, 2011: 77.500) Personen.
Für den Bund ist die Größenordnung des Anstiegs für 2013 bei den ehemaligen Beamten, Richtern und Soldaten erneut etwa 1,2 % (2012: 1,1 %, 2011: 1,1 %) auf ca. 136.700 Personen (2012: 135.100, 2011: 129.000 – die letzte Zahl ist noch ohne Einbeziehung der Deutschen Bundesbank und der rechtlich selbstständigen Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform).
Mehr als drei Viertel der Ruhestandseintritte im Jahr 2013 erfolgten nach dem Erreichen von Altersgrenzen. Diese bestehen einerseits aus den seit 2011 sich im Ansteigen befindlichen Regelaltersgrenzen und besonderen Altersgrenzen sowie andererseits aus der allgemeinen Antragsaltersgrenze und der Antragsaltersgrenze bei Schwerbehinderung. Anteilige einzeln aufgeschlüsselte Prozentsätze dieser Ruhestandseintrittsgründe können gemäß den Angaben des Statistischen Bundesamts auf Basis der vorläufigen Zahlen noch nicht bekanntgegeben werden.
Der verhältnismäßige Anteil der neuen Pensionäre, die aufgrund von Dienstunfähigkeit – zumeist unter Hinnahme eines Versorgungsabschlags – vorzeitig aus dem aktiven Dienst ausscheiden, betrug 2013 etwa 17 % (2012: 19 %, 2011: 19 %); damit ist dieser Wert seit mehreren Jahren nahezu gleichbleibend und gemäß der Pressemittteilung des Statistischen Bundesamts sogar der geringste seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 1993.
Vorruhestandsregelungen (z.B. aufgrund von Personalanpassungen im Bereich der Streitkräfte oder der privatisierten Bereiche) und sonstige Gründe machten schließlich 2013 einen Anteil von 4 % an den Pensionierungen aus (2012: 6 %; 2011: 1 %).
Autor(en): Peter Heesen, Klaus Dauderstädt