Welche Vertriebswege die Kosten treiben

740px 535px

In der Lebensversicherung gibt es immer noch viele Anbieter, aber sie werden weniger. Für 76 und damit erneut einen Lebensversicherer weniger finden sich im aktuellen Map-Report 926 detaillierte Zahlen. Davon sind zudem zehn Versicherer im Runoff beziehungsweise speziell für Runoff geschaffene Unternehmen, das heißt, sie zeichnen kein Neugeschäft mehr.

Unter dem neuen Schlagwort "Value for Money" (https://www.versicherungsmagazin.de/rubriken/branche/kein-provisionsrichtwert-aber-druck-auf-kosten-3273679.html) will die Versicherungsaufsicht erreichen, dass die Versicherer bei kapitalbildenden Lebensversicherungen ihre sicher entstehenden Kosten drücken, damit die unsicheren, prognostizierten Erträge ausreichen, wenigstens eine Inflationserwartung von zwei Prozent zu schlagen. Umso interessanter ist es, sich die Betriebskostenquoten anzusehen (https://www.versicherungsmagazin.de/rubriken/branche/so-teuer-ist-der-lebensversicherungs-vertrieb-3273782.html). Der Map-Report erweitert diesen Fokus auf wichtige, zusätzliche Kennzahlen.

Kostenquoten stagnieren

Die im Map-Report verglichenen Versicherer haben 2021 insgesamt 98,3 Milliarden Euro Beitragseinnahmen verbucht. Das entspricht einem minimalen Rückgang von 0,3 Prozent zu 2020. Die beiden Kostenquoten für Abschluss- und für Verwaltungskosten sind wieder leicht gestiegen und erreichen 2021 ein Mittel von 4,5 Prozent der Beitragssumme an Abschlusskosten (Vorjahr: 4,4) und 2,08 Prozent der laufenden Beiträge an Verwaltungskosten (Vorjahr: 2,04).

Bankvertrieb und Runoff sind teurer geworden

Ein Haupttreiber der Abschlusskosten ist weiterhin der vorherrschende Vertriebsweg, für den zusätzliche Daten herangezogen wurden. Ganz leichte Kostensenkungen hat es danach bei den Abschlusskosten derjenigen Versicherer gegeben, deren vorherrschender Vertriebsweg Ausschließlichkeit, Makler oder Direktvertrieb ist. Bei allen dreien ist der gerundete, mittlere (nicht nach Beitragseinnahmen gewichtete) Abschlusskostensatz von 4,1 auf 4,0 Prozent der Beitragssumme zurückgegangen.

Ebenfalls leicht von 5,4 auf 5,3 Prozent zurückgegangen ist er bei den Multikanalversicherern, die mit mehreren verschiedenen Vertriebswegen arbeiten, von denen keiner dominiert. Offensichtlich bedeutet Multikanal auch eine erhöhte Komplexität und möglicherweise ein stärkerer Verhandlungsdruck der Vertriebswege.

Gestiegen sind dagegen die Abschlusskosten bei den Versicherern mit dem wichtigsten Vertriebsweg Bank oder Sparkasse, und zwar im Mittel von 6,0 auf 6,7 Prozent. Ebenfalls angestiegen ist er bei Runoff-Versicherern, und zwar von 7,3 auf 7,9 Prozent. Das überrascht angesichts der Selbstvermarktung als eine Chance auf Kostensenkungen für den abzuwickelnden Bestand.

Beenken1

Auch die Verwaltungskostenquoten haben sich bei den Runoff-Versicherern deutlich von 3,3 auf 3,8 Prozent erhöht. Damit sind sie auch in dieser Hinsicht die kostenintensivsten Versicherer. Es folgen die Bankversicherer mit 3,1 Prozent, ein leichter Rückgang von 3,2 Prozent.

Bei den Multikanalversicherern ist die Verwaltungskostenquote leicht von 2,5 auf 2,6 Prozent gestiegen. Bei den Versicherern mit vorherrschendem Ausschließlichkeits-, Makler oder Direktvertrieb gab es jeweils eine leichte Kostensenkung auf um 0,1 Prozentpunkte. Am wenigsten verwaltungskostenintensiv ist der Direktvertrieb mit durchschnittlich 2,0 Prozent der verdienten Bruttobeiträge.

Storno steigt - ebenfalls im Bankvertrieb

Die BaFin geht in ihrem Entwurf eines "Merkblatts zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten" besonders auf das Thema Stornierungen ein. Auch dazu liefert der Map-Report traditionell tiefere Einblicke, bei welchen Versicherern welche Bestandstornoquoten (Rückkäufe und Umwandlungen in beitragsfreie Versicherungen in Prozent des mittleren Jahresbestands des Geschäftsjahres) und welche Anteile an beitragsfrei gestellten Verträgen im Verhältnis zum Gesamtbestand vorliegen.

Auch hier nehmen die Versicherer mit vorherrschendem Bank- und Sparkassenvertrieb eine Spitzenposition ein, die Kennzahlen haben sich zum Vorjahr verschlechtert. Die mittlere Bestandsstornoquote ist von 4,0 auf 4,2 Prozent und der mittlere, beitragsfreie Bestand von 36,9 auf 37,4 Prozent angewachsen. Die anderen Vertriebswege haben sich in Sachen Storno unauffällig bis leicht verbessert geschlagen. Relativ hoch ist das Bestandsstorno bei Maklerversicherern, wenn auch leicht von 3,0 auf 2,9 Prozent reduziert. Bei Direktversicherern dagegen liegt dieselbe Kennzahl bei unverändert sehr guten 1,3 Prozent, die anderen Vertriebswege liegen alle dazwischen.

Auch beim Anteil beitragsfreier Verträge stechen die Direktversicherer mit rund 15 Prozent hervor. Bei Ausschließlichkeits- und bei Makler-orientierten Versicherern sind es um die 20 Prozent, bei Multikanal-Versicherern knapp 30 Prozent Anteil. Runoff-Versicherer haben zwar mit 1,9 Prozent eine unauffällige und nur leicht um 0,1 Prozent gestiegene Bestandsstornoquote. Dass sie naturgemäß kein oder wenig Neugeschäft (aus Summenanpassungen im Bestand) verbuchen, merkt man an der dennoch steigenden Quote beitragsfreier Bestände, die von 31,5 auf 32,6 Prozent angewachsen ist.

Storno treibt die Kosten

Die Korrelationsanalysen zeigen, dass die Größe des Versicherers nach Beitragseinnahmen kaum einen Einfluss auf die Abschlusskosten hat, aber auf die Effizienz in der Verwaltung einen immerhin leichten. Die Abschluss- wie die Verwaltungskosten steigen zumindest leicht mit zunehmendem Bestandsstorno und Anteil beitragsfreier Versicherungen, sodass die Stornothematik auch von dieser Seite her nachteilig ist.

Bei den Vertriebswegen ist der Vertriebsweg Bank ein Kostentreiber, der Direktvertrieb hingegen ein klarer Kostensenker. Bei Ausschließlichkeit und Maklern ist das Bild etwas weniger eindeutig, niedrigeren Abschluss- stehen erhöhte Verwaltungskosten gegenüber.

Beenken2

Verlagerung von Kosten im Nettovertrieb

Ein Vergleich mit Zahlen aus der Untersuchung "Nettotarifangebot deutscher Versicherungsunternehmen"  zeigt einen weiteren Zusammenhang, der allerdings nicht wirklich überrascht. Je stärker Versicherer auf Nettotarife für den Lebensversicherungsvertrieb über Honorarmakler und Versicherungsberater setzt, desto günstiger ist die Abschlusskostenquote.

Das sollte auch bei den von der BaFin in ihren Kostenanalysen aufgezeigten, scheinbar sehr günstigen Versicherern beim Vertriebsweg Makler im unteren 25%-Quantil berücksichtigt werden. Hier wird ein nicht unerheblicher Teil der Vertriebskosten in die Sphäre zwischen Vermittler und Kunde verlagert. Bei den Verwaltungskosten ist dieser Effekt nicht so deutlich zu beobachten.

Beenken3

Der Map-Report 926, Bilanzrating deutscher Lebensversicherer 2021, umfasst 200 Seiten und kann kostenpflichtig beim Ratinghaus Franke und Bornberg bestellt werden.

Autor(en): Matthias Beenken

Alle Branche News