Pflegeversicherung erwartet 2024 rote Zahlen

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Die Pflegeversicherung erwartet für dieses Jahr wieder rote Zahlen und warnt vor noch wachsenden Finanzrisiken. Im ersten Quartal 2024 habe ein Defizit von 650 Millionen Euro bestanden, sagte Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandschef des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen, der auch die Pflegekassen vertritt, im brandenburgischen Kremmen. Im Gesamtjahr wird mit einem Minus von 1,5 Milliarden Euro gerechnet, für 2025 dann von 3,4 Milliarden Euro. Dies entspräche einer Beitragsanhebung von 0,2 Punkten.

Kurz nach einer Stabilisierungsaktion der Politik drohen damit schon wieder neue Probleme. Im vergangenen Jahr hatte die Pflegeversicherung einen Überschuss von 1,79 Milliarden Euro verbucht – Grund waren höhere Einnahmen durch eine Reform der Ampel-Koalition mit einer Beitragsanhebung zum 1. Juli 2023. Für Menschen ohne Kinder stieg der Beitrag auf 4 Prozent und für Beitragszahler mit einem Kind auf 3,4 Prozent. Familien mit mindestens zwei Kindern zahlen – bezogen auf den Arbeitnehmeranteil – nun weniger als zuvor. Die Reform, die auch Entlastungen für Pflegebedürftige festlegt, sollte die Finanzen eigentlich vorerst bis 2025 absichern.

GKV spricht von hohem Finanzdruck

GKV-Vorstand Kiefer sagte, der Finanzdruck sei schon im aktuellen Jahresverlauf erheblich, sodass die Pflegekassen mit bestimmten Instrumenten ihre Liquidität sichern müssten. Zu Beginn des kommenden Jahres dürfte der Bestand bei den Rücklagen dann unter der gesetzlichen Vorgabe liegen. Um die Zahlungsfähigkeit zu sichern, seien daher ab Januar 2025 zusätzliche Mittel nötig. Ursachen seien mehr Leistungsbezieher und anstehende weitere Entlastungen für Pflegebedürftige. 

Kiefer erläuterte, dass mehrere Trends zusammenkommen, die die Finanzlage erschweren. So stiegen der Versorgungsbedarf und die Zahl der Betroffenen. Ende 2023 gab es demnach erstmals mehr als fünf Millionen Leistungsbezieher, nämlich 5,24 Millionen. Dabei nahm die Zahl seit 2017 im Schnitt um 320.000 pro Jahr zu, 2023 gab es aber einen stärkeren Anstieg um 360.000. Zugleich könne der Ausbau des Versorgungsangebots mit der Zunahme der Pflegebedürftigen nicht mithalten. Diese Entwicklung gehe stark zulasten pflegender Angehöriger zu Hause.

Das System sei am Wackeln, sagte Kiefer. Dringend nötig seien ein Konsens, um die Pflege zukunftsfest zu machen, und eine grundlegende Finanzreform. Nur an der Beitragsschraube zu drehen, sei keine nachhaltige Lösung. Inzwischen eingeführte Zuschläge für Heimbewohnerinnen und Heimbewohner zur Entlastung von selbst zu zahlenden Anteilen kosteten die Pflegekassen 2023 rund 4,5 Milliarden Euro. Sie seien aber nicht zielgenau, da alle Einkommensgruppen davon gleich profitierten.

Stiftung Patientenschutz fordert Zuschüsse durch den Bund

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte, jetzt zeige sich, dass die jüngste Pflegereform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht mehr sei als ein Farbanstrich. "Eine zukunftsfähige Lösung sieht anders aus", sagte Vorstand Eugen Brysch. Daher sei ein steuerfinanzierter Bundeszuschuss überfällig. 

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte kürzlich deutlich gemacht, dass eine Pflegereform angegangen werden soll, bei der es auch um die Finanzierung und die Beitragshöhe gehen solle. GKV-Vorstand Kiefer mahnte: "Wenn nichts passiert, wird die Luft immer dünner." Er äußerte sich skeptisch, dass eine große Reform noch vor der Bundestagswahl 2025 umgesetzt werden kann. In der neuen Legislaturperiode müsste sie dann aber "ganz oben auf der Agenda stehen".

Einen Zuschuss für die Pflegeversicherung aus dem Bundeshaushalt befürworten 79 Prozent, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergab. Eher ablehnend dazu äußerten sich 12 Prozent. Erhöhungen der Pflegebeiträge stoßen demnach mehrheitlich auf Ablehnung. Ein von der Vorgängerregierung eingeführter Bundeszuschuss von jährlich einer Milliarde Euro war im Zuge der Haushaltssanierung 2024 gestrichen worden.

Deutsche Presse-Agentur (dpa). https://www.dpa.com/de

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Autor(en): Sascha Meyer, dpa

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