Die Evolution von Massenklagen führt dazu, dass Mandanten von schnelleren und kostengünstigeren Verfahren profitieren können. Gleichzeitig müssen sich traditionelle Kanzleien an die neuen Gegebenheiten anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Es vollzieht sich also eine Transformation des Rechtsmarkts, bei der sich Anwaltskanzleien zunehmend spezialisieren – mit Unterstützung von IT-Anbietern, die die notwendige Technologie zur Verfügung stellen. Das hat der Münchner Rechtsanwalt Dr. Johannes Fiala beobachtet.
Fiala sieht eine „bemerkenswerte Entwicklung“ in der Welt des Rechts: Massenklagen können zunehmend „industriell“ bearbeitet werden – mithilfe von anwenderorientierter Technologie. Diese ermögliche eine effizientere und standardisierte Abwicklung auch kleinerer Streitwerte.
KI ermöglicht effiziente Bearbeitung von Big Data
Ein Instrument, dessen Juristen sich immer häufiger bedienen, ist die Künstliche Intelligenz (KI). Denn sie ermöglicht nicht zuletzt die effiziente Bearbeitung sowie Strukturierung großer Datenmengen und erleichtert die Recherche Dementsprechend schätzen Experten denn auch das Potenzial von KI, den Rechtsmarkt zu revolutionieren, als riesig ein. Das gilt nicht allein für ChatGPT und andere „Large Language-Sprachmodelle“, die vielfältige Möglichkeiten zur Automatisierung von Routinevorgängen bieten. So tragen sie zur Bewältigung eines größeren Arbeitspensums in kürzerer Zeit bei. Darüber hinaus lernen Juristen, auch immer mehr die Chancen von juristischen KI-Anwendungen zu würdigen, wenn es um die Verarbeitung erheblicher Datenmengen, aber auch die Analyse komplexer Rechtsfragen geht.
Da verwundert es nicht, dass der Markt für sogenannte Legal Tech immer weiter wächst. Experten prognostizieren, dass der globale Legal Tech-Markt aufgrund von generativer KI (GenAI) bis 2027 die Marke von 50 Milliarden US-Dollar erreichen soll. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 wurde der Markt für Legal Tech noch auf einen Wert von 15,9 Milliarden US-Dollar taxiert. Das fulminante Wachstum dieses globalen Marktes begründen Fachleute mit der Entwicklung von GenAI.
Unternehmen meist mächtiger als der einzelne Betroffene
Dieser technologische Fortschritt ermöglicht auch Massenklagen oder Sammelklagen, ein juristisches Instrument, das Verbrauchern, die sich keine juristischen Auseinandersetzungen mit großen Unternehmen oder gar mächtigen Konzernen leisten können, zu ihrem Recht verhelfen kann.
Menschen, die mit Unternehmen streiten, sind oft überfordert, stellt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fest. Denn Unternehmen sind in der Regel besser organisiert, mächtiger als der einzelne Betroffene. Da kommt die Sammelklage gerade recht: Denn hinter Streitigkeiten mit Unternehmen steckt häufig mehr als ein Einzelfall, so der vzbv. Etwa, wenn Banken die Sparzinsen ihrer Kunden falsch berechnen, Energieanbieter massenhaft unzulässige Preiserhöhungen verschicken oder Autohersteller Fahrzeuge verkaufen, die mehr Schadstoffe ausstoßen als sie dürfen.
Einzelne kommen zu ihrem Recht, ohne selbst ein Prozessrisiko eingehen zu müssen
Diesen Fällen ist eins gemeinsam: Es sind viele Verbraucher betroffen. Sie werden zusammen von einem Verband oder von Rechtsdienstleistern, sprich Anwälten bzw. Kanzleien, vertreten, die bei sogenannten Massenschäden eine Abhilfeklage oder eine Musterfeststellungsklage für ihre vielen einzelnen Mandanten führen. Am Ende einer solchen juristischen Auseinandersetzung stehen im besten Fall direkte Zahlungen an die Verbraucher, ohne dass diese selbst noch einmal vor Gericht ziehen müssen, erläutert der Verbraucherverband. So können auch Einzelne zu ihrem Recht kommen, ohne selbst ein Prozessrisiko eingehen zu müssen.
Die Technik-unterstützte Bearbeitung von Massenklagen, sei ein Phänomen, das sich in den vergangenen Jahren entwickelt habe und nun eine starke Beschleunigung erfahre, ist Jurist Fiala überzeugt. Anwälte, die sich auf Massenklagen spezialisierten, nutzten fortschrittliche Software und Algorithmen, um eine Vielzahl von Fällen schnell und effizient zu bearbeiten. So könnten diese Kanzleien auch vielen wenig finanzkräftigen Mandanten, die sich auf einen juristischen Schlagabtausch mit überlegenen Unternehmen nicht einlassen können beziehungsweise sollten, dennoch zu ihrem Recht verhelfen.
Weitere Informationen zu dem Thema finden Sie hier.
Und hier klärt die Verbraucherzentrale auf, wie sie von einer Sammelklage profitieren können.
Quelle: Goslar Institut
Autor(en): versicherungsmagazin.de